Ein Geständnis, dass das eigene Leben komplett über den Haufen wirft
Als Kristin Ganzwohl aus dem Mund ihres Partners Claus den Satz „Wir müssen reden.“ hört, befürchtet sie Schlimmes: eine Geliebte, Kinder mit einer anderen Frau, Trennung. Aber mit dem, was sie dann zu ...
Als Kristin Ganzwohl aus dem Mund ihres Partners Claus den Satz „Wir müssen reden.“ hört, befürchtet sie Schlimmes: eine Geliebte, Kinder mit einer anderen Frau, Trennung. Aber mit dem, was sie dann zu hören bekommt, hätte sie nicht in ihrem schlimmsten Albtraum gerechnet: Ihr Partner ist ein verurteilter Mörder, er hat seine damalige Lebensgefährtin ermordet, war deswegen jahrelang im Gefängnis.
Wie geht man damit um? Wie verarbeitet man so eine Offenbarung? Wie verändert sich der Blick auf den Menschen, den man liebt? Kann man mit ihm weiter eine Beziehung führen? Wie sagt man es den Freunden?
All diese Fragen stellt sich Kristin Ganzwohl ganz automatisch und in ihrem Buch beschreibt sie, wie sie versucht hat, Antworten auf ihre Fragen zu finden.
Plötzlich sieht sie ihren Partner in einem völlig anderen Licht. Kleine Macken, über die sie sich vor Kurzem noch gewundert oder amüsiert hat, bekommen auf einmal einen Grund. Zwischen Kristin und ihrem Partner ändert sich viel. Sie weiß nicht, ob sie Angst vor Claus haben muss. Die bislang so harmonische Beziehung droht zu kippen. Es herrscht ständig eine angespannte Stimmung zwischen den beiden. Und Claus verschließt sich. Er redet nur sporadisch über das Geschehen vor elf Jahren, gibt widerwillig Antwort. Dabei ist es Kristin so wichtig, die Hintergründe zu erfahren. Um ihren Partner zu verstehen, um seine Beichte zu verarbeiten.
Das Buch beleuchtet nicht nur die aktuelle Beziehung zwischen Claus und Kristin, sondern blickt auch immer wieder zurück auf Kristins vorherige Beziehungen und natürlich auf die Beziehung zwischen Claus und seinem Opfer. Die Autorin beleuchtet, wie es zu dem Mord kam, wie Claus' Verhandlung ablief und wie er die Jahre im Gefängnis überstand.
Auch die Reaktionen von Kristins Freunden auf das Geständnis, die durchaus recht unterschiedlich ausfallen, werden beschrieben.
„Geliebter Mörder“ ist ein sehr persönliches Buch, ist aber dennoch nicht zu emotional geschrieben. Klar, Gefühle bleiben bei so einer Offenbarung nicht aus. Aber die Autorin drückt nicht auf die Tränendrüse, will kein Mitgefühl von den Lesern. Sie beschreibt ziemlich sachlich, wie so ein Geständnis das Leben komplett über den Haufen werfen kann. Und wie man es dabei dennoch schaffen kann, nicht die Nerven zu verlieren.
Nicht ganz klar ist mir, wie ich die Vorbemerkung der Autorin einordnen soll, in der sie schreibt, dass dieses Buch zwar zum Teil auf wahren Begebenheiten beruhe und typisierte Personen behandele, die es so oder so ähnlich gegeben haben könne. Diese Urbilder seien jedoch durch künstlerische Gestaltung des Stoffs und dessen Ein- und Unterordnung in den Gesamtorganismus dieses Kunstwerks gegenüber den im Text beschriebenen Abbildern so stark verselbständigt, dass das Individuelle, Persönlich-Intime zugunsten des Allgemeinen, Zeichenhaften der Figuren objektiviert sei. Für alle Leser erkennbar erschöpfe sich der Text nicht in einer reportagehaften Schilderung von realen Personen und Ereignissen, sondern besitze eine zweite Ebene hinter der realistischen Ebene. Es finde ein Spiel der Autorin mit der Verschränkung von Wahrheit und Fiktion statt. Sie lasse bewusst Grenzen verschwimmen.
Aufgrund dieser Vorbemerkung wollte ich das Buch eigentlich unter der Rubrik „Romane und Erzählungen“ vorstellen. Da der Verlag selbst es allerdings unter der Rubrik „Sachbuch“ führt, habe ich meine Rezension nun ebenfalls in diesem Bereich erstellt.
Mein Fazit:
Ein Geständnis, dass das eigene Leben komplett über den Haufen wirft - „Geliebter Mörder“ erzählt eine wahre Geschichte.