Sehr musikwissenschaftlich
Verlagsinfo:
Mozart in neuem Licht: Diese außergewöhnliche Darstellung bietet nicht einfach eine weitere Biographie eines der größten Komponisten der Musikgeschichte, sondern zeigt Mozart als Kind seiner ...
Verlagsinfo:
Mozart in neuem Licht: Diese außergewöhnliche Darstellung bietet nicht einfach eine weitere Biographie eines der größten Komponisten der Musikgeschichte, sondern zeigt Mozart als Kind seiner Zeit. Die Erkundung seines geistigen Umfelds wird zu einer aufregenden Spurensuche in der Welt der Aufklärung und erhellt, wie Mozart zeitgenössische Debatten in seiner Musik aufnimmt, reflektiert und sich zunutze macht, um die Wahrnehmung seiner Musik und sich selbst zu inszenieren.
Geprägt von den vielfältigen Erfahrungen seiner Reisen als "Wunderkind" findet Mozart im Wien der 1780er Jahre – in einer Atmosphäre radikaler Reformen, entgrenzter Toleranz und lebhaften Meinungsaustausches in Publizistik und Salons – den idealen Schauplatz für seine Selbstverwirklichung. Er verwischt Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Leben, bürgerlichem und höfischem Publikum und macht sich mit seiner Musik zum zentralen Protagonisten des sich neu erfindenden Wien. In seinen Werken führt er Diskussionen über die Rolle der Musik unter den Künsten, ihre moralischen Qualitäten oder ihre Fähigkeit, Wirklichkeit darzustellen, künstlerisch weiter und treibt sie auf die Spitze. Anhand zahlreicher Beispiele aus Mozarts Instrumental- und Opernwerk vermittelt der international renommierte Musikwissenschaftler Laurenz Lütteken in dieser ebenso leidenschaftlich wie reflektiert geschriebenen „intellektuellen Biographie“ ein ungewöhnliches Bild Mozarts.
Diese Beschreibung des Verlages weckt Interesse und klingt durchaus spannend. Mir war schon klar, dass es sich bei dieser Betrachtung Mozarts um eine Biographie abseits von Kitsch und Tratsch handeln muss.
Was ich dann allerdings in Händen gehalten habe, ist eine musikwissenschaftliche Abhandlung rund um Mozart und seine Zeit. Das Buch ist gespickt mit detailliertem Insiderwissen aus der Musikhistorie.
In sieben Kapiteln mit jeweils 4 Unterkapiteln beschreibt der Autor die Lebensumstände zur Zeit Mozarts Wirken.
So ist zum Bespiel die Einkommenssituation von Mozart penibel beleuchtet. Wir erfahren, dass das übliche Musikersalär in dieser Zeit 400 Gulden im Jahr betragen hat, Wolfgang Amadeus Mozart hingegen mehr als 8.000 Gulden erhalten hat. Ein Teil davon entfällt auf Honorare für Auftragsarbeiten, Unterricht, Konzerte, Tantiemen und Zuwendungen von Mäzenen und Gönnern.
Auch der oftmalige Wohnungswechsel wird hinreichend erklärt. So mieten Künstler dieser Zeit ihre Behausungen nicht selbst, sondern bekommen sie von Auftraggebern oder Gönnern zur Verfügung gestellt.
Viele Originalzitate aus Briefen und zeitgenössischer Literatur geben ein buntes Bild vom Umfeld und von der Persönlichkeit Mozarts. Dass Mozart eine bisweilen exzentrische bis unflätige Ausdrucksweise an den Tag gelegt hat, ist ja bekannt. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund und kritisiert auch Angehörige des Kaiserhauses. So spricht er über Maximilian Franz (Sohn Maria Theresias und Erzbischof)
„.. als er noch nicht Pfaff war, war er viel witziger und geistiger und hat weniger aber vernünftiger gesprochen“ (S. 92).
Neben hunderten Fußnoten und Anmerkungen finden wir eine Vielzahl von Faksimiles von Originalnoten, die außerhalb der begrenzten Welt der Musikwissenschaft nur ehrfürchtig bestaunt werden können.
Auf Seite 183 findet sich folgende Feststellung:
„Mozart komponierte für Verständige, nicht für Fachleute, aber für diejenigen, die seine Ansprüche erkennen vermochten, in Salzburg, Paris, Mailand, München und Mannheim ebenso wie in Wien.“
Mit dieser Biographie ist es mir ähnlich gegangen, nur dass die Zielgruppe meines Erachtens eher die Fachleute ist, die den hohen Anspruch des Autors erkennen, als die Verständigen.
Meine Meinung:
Der Schreibstil ist wissenschaftlich trocken. Wollte der Leser allen Anmerkungen und Fußnoten folgen, so wäre der Lesefluss ordentlich gehemmt. Die akribische Recherche, die vielen Details sowie die langen Schachtelsätze gemahnen an eine Dissertation bzw. wissenschaftliche Publikation.
Ich habe zuvor Steffen Matus’ Buch über „Die Aufklärung“ gelesen, deswegen habe ich mich in einem Großteil der historischen Details ganz gut zurechtgefunden.
Autor Laurenz Lütteken ist Ordinarius für Musikgeschichte an der Uni Zürich und u.a. Mitglied der „Akademie für Mozartforschung“ in Salzburg. Er ist eine Koryphäe in seinem Fach, seine Bücher sind jedoch eher in Fachkreisen angesehen.
Fazit:
Wer eine Biographie über Mozart sucht, sollte eher zu einem anderen Buch greifen. Hier wird hohes (musikhistorisches) Fachwissen vorausgesetzt, daher nur drei Sterne