Einfühlsame Geschichte über den Wert von Freundschaft, Liebe und Familie
In „Salzige Sommerküsse“ („Nantucket Blue“) von Leila Howland geht es um Cricket Thompson, die sich auf einen Sommerurlaub mit ihrer besten Freundin Jules auf Nantucket freut und hofft, dabei ihrem Schwarm ...
In „Salzige Sommerküsse“ („Nantucket Blue“) von Leila Howland geht es um Cricket Thompson, die sich auf einen Sommerurlaub mit ihrer besten Freundin Jules auf Nantucket freut und hofft, dabei ihrem Schwarm Jay näher zu kommen. Als Jules ihr mitteilt, dass sie doch nicht mitkommen könne, sucht sie sich kurzentschlossen selbst einen Job und Unterkunft auf der Insel. Aber nicht nur dadurch verläuft dieser Sommer ganz anders, als geplant.
Was dem Leser direkt zu Beginn ins Auge springt, ist ein Vorschlag für eine Playlist, die man während des Lesens hören kann. Ich selbst lese lieber im Stillen und habe die Liste daher nicht ausprobiert. Ich kann mir aber vorstellen, dass es eine tolle Erfahrung ist, sich durch die von der Autorin gewählte Musik noch mehr in die Geschichte einzufühlen. Ich weiß allerdings ebenfalls nicht, ob die Lieder auch unmittelbar zu den Kapiteln passen, denn dann wäre die unterschiedliche Lesegeschwindigkeit ein Faktor, der diese Erfahrung wieder zunichtemachen könnte. Nichtsdestoweniger finde ich die Idee sehr gelungen.
Noch vor der Playlist allerdings, nimmt der Leser natürlich das Cover wahr – nicht nur optisch, denn es ist auch von leicht angerauter Haptik. Mir gefällt es immer gut, wenn sich ein Buch auf diese Weise von anderen Büchern unterscheidet.
Was mir hingegen gar nicht zusagt, ist das Bild auf dem Cover. Generell missfällt mir der Trend, Fotos auf dem Cover zu verwenden. Während das natürlich noch Geschmackssache ist, frage ich mich allerdings, nach welchen Kriterien diese Bilder ausgewählt werden. Ich könnte durchaus verstehen, wenn die Protagonistin dort abgebildet wird. Cricket hat allerdings blonde, gelockte Haare und nicht glatte, braune. Ein absolut beliebiges Mädchen auf dem Cover abzubilden, finde ich nicht besonders ansprechend. Da hätte der Verlag das Foto direkt weglassen können – der vermeintliche Hintergrund ist nämlich sehr schön gestaltet. Aber: „Don’t judge a book by its cover!“- ich habe diesen Punkt bei meiner Bewertung außer Acht gelassen.
Der Schreibstil von Howland zeigt keine Auffälligkeiten. Es liest sich flüssig, auch wenn zwischendurch ein- oder zweimal so glaube ich, Namen vertauscht wurden.
Das absolute Glanzstück für mich, sind bei diesem Buch allerdings die Themen und die Entwicklung, die Cricket erlebt, auch viele Aspekte, die der Leser (zumindest ich – Mitte 20) selbst aus seiner Jugend kennt. Einige Rezensenten empfinden manche Handlungsstränge als „zu dramatisch“. Genau das ist es auch. Aber rückblickend weiß ich genau, dass ich in dem Alter genau dieses Drama auch gelebt habe. Was uns heute als lächerliches Problem erscheint, war mit 13-17 Jahren nun mal der Weltuntergang für uns. Dieses Gefühl bzw. diese Erinnerung bringt die Autorin bezogen auf Liebe, Familie und Freundschaft sehr gut zurück.
Was mir schon bei einem anderen Ravensburger Titel („Tochter der Flut“) negativ auffiel, ist der Klappentext. Bei einer „verbotene[n] Liebe und ein[em] lang gehütete[n] Geheimnis“ habe ich wirklich sehr viel mehr erwartet. Die verbotene Liebe nehme ich Howland noch ab, gerade in Anbetracht der von mir oben erläuterten Dramatisierung im Teenager-Alter. Das lang gehütete Geheimnis hätte man allerdings komplett aus der Story streichen können, ohne dass die Geschichte schlechter geworden wäre. Ich bin mir noch nicht mal hundertprozentig sicher, was nun dieses Geheimnis gewesen sein soll. Auf jeden Fall nichts so Nervenaufreibendes, wie der Klappentext suggeriert. Da dies allerdings nicht allzu viel Einfluss auf das Leseerlebnis hat, strafe ich es nicht in zu hohem Maße ab.
Inhaltlich hat mir außerdem die Entwicklung der Freundschaft zwischen Cricket und Jules nicht gefallen. Crickets Erinnerungen zeigen dem Leser zwar die Intensität ihrer Beziehung auf, in der Gegenwart kommt dies allerdings kaum rüber. Gerade am Ende hat es den unangenehmen Nachgeschmack von „Ich brauche keine Freunde, wenn ich einen festen Freund habe“ – eine Message, die ich nicht gut finde. Besonders wertvoll ist hingegen, die andere Moral, die übermittelt wird: Sei du selbst, es ist nur wichtig, dass du mit dir zufrieden bist.
Ich muss zugeben, dass ich keine hohen Erwartungen an das Buch hatte. Es hat mich mit seiner Emotionalität und Tiefe aber sehr berührt und vor allem empfinde ich es als authentische Beschreibung der Probleme, die das Erwachsenwerden mit sich bringt. Daher 4 von 5 Sternen.
In der Originalsprache gibt es wohl schon einen zweiten Teil („Nantucket Red“), den ich auf jeden Fall auch gerne lesen würde.