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Veröffentlicht am 17.11.2024

Geheimnisse und Rätsel auf Burg Tollkühn

Burg Tollkühn: Löse das Rätsel des magischen Buchs
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Siggi, Heldenschüler auf Burg Tollkühn, hat gerade ein Duell gegen Gunnar gewonnen, obwohl es sonst Gunnar ist, der jeden Kampf für sich entscheidet und Siggi eher mit seinen vielen Ängsten zu tun hat, ...

Siggi, Heldenschüler auf Burg Tollkühn, hat gerade ein Duell gegen Gunnar gewonnen, obwohl es sonst Gunnar ist, der jeden Kampf für sich entscheidet und Siggi eher mit seinen vielen Ängsten zu tun hat, als eine Krähe einen versiegelten Brief für ihn bringt. Gemeinsam mit Brünhild und Filas erfährt Siggi von seinem Freund Jago, dass Burg Tollkühn Gefahr und der Untergang droht, den dunklen Mächte planen. Und zwar mit Hilfe des Grimoriums, eines schwarzmagischen Zauberbuches, das in den Mauern der Schule verborgen sein soll.

Ist der neue Lehrer Arden vielleicht einer derjenigen finsteren Bösewichte, die das Grimorium für ihre Zwecke gebrauchen wollen?

Siggi, der sich keinesfalls als zukünftiger Held sieht, ist gemeinsam mit seinen Freunden Brünhild und Filas gefordert: Sie müssen das Grimorium finden und damit den Schurken zuvorkommen und ihre Schule und deren Bewohner retten.

Dieser Weg ist gepflastert mit 24 Rätseln, und nur die Lösung jedes einzelnen bringt sie ihrem Ziel Stück für Stück näher.


Mit „Burg Tollkühn. Löse das Rätsel des magischen Buches“ hat Andreas Völlinger ein neues Abenteuer seiner Heldinnen- und Heldenschüler geschrieben, das sich ohne Weiteres mit dem Geschehen in den ersten beiden Bände messen kann, sich in die Reihe "Geheim!" prima einfügt und durch die Rätsel einen besonderen Kick erhält. Dabei macht es Freude, Siggi und seinen Freunden wiederzubegegnen oder aber sie neu kennenzulernen, denn die Geschichte funktioniert auch ohne Kenntnis der bisherigen Ereignisse.

Hervorzuheben ist neben den gelungenen Zapf-Illustrationen, die die Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser jeden Alters unterstützen, eine temporeiche Handlung, die alles bietet, was ein Abenteuer ausmacht:

Gewitzte Heldinnen und Helden, denen es vielleicht manchmal an Mut mangelt, sich diesem Manko jedoch stellen und es mit entsprechender Unterstützung dank ihrer anderen Fähigkeiten und Fertigkeiten gemeinsam überwinden. Daneben gibt es Geheimnisse, die auf Lösung warten und gefährliche Gauner, die es zu besiegen gilt.

Ein Höhepunkt sind natürlich die erdachten Rätsel, die in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden manches Kopfzerbrechen abverlangen, aber altersgerecht lösbar sind. Ein Ergebnis folgt auf dem Fuße am Anfang des neuen Kapitels oder bei sehr Kniffligen mittels Tipps am Ende des Buches.

„Geheim! Burg Tollkühn" ist ein gelungener Mix aus Lese- und Rätselspaß, bei dem das Hochhalten der Freundschaft ein wunderbarer Aspekt der Geschichte ist.

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Veröffentlicht am 05.11.2024

Das große Rennen

Arvil, der kleine Falke – Das große Rennen
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Arvil ist zur Hälfte ein Falke und trägt mehrfarbige Federn, die ihm seine Mutter Isolda, ein Papagei, vererbt hat. Auch sonst ist die Familie bunt gemischt. Zu ihr gehören noch der Vater, Wanderfalke ...

Arvil ist zur Hälfte ein Falke und trägt mehrfarbige Federn, die ihm seine Mutter Isolda, ein Papagei, vererbt hat. Auch sonst ist die Familie bunt gemischt. Zu ihr gehören noch der Vater, Wanderfalke Aron, und die Spitzmaus Serge.

Einen Papageien-Falken wie Arvil gibt es nur einmal. Er ist ein unbekümmerter Jungvogel, der innerhalb weniger Wochen seine ersten Flugübungen problemlos und voller Energie absolviert und das Fliegen mit tollkühner Begeisterung genießt. Lediglich das fehlende Interesse seines Vaters stimmt ihn oft sehr traurig und macht ihn dann wütend.

Als Serge und Arvil eines Tages ein Waldflugrennen beobachten, ist der kleine Falke sicher: Er will an so einem Rennen teilnehmen und sein Können beweisen. Leider ist Aron so gar nicht davon zu überzeugen, sein Einverständnis zu geben. Deshalb muss Arvil heimlich trainieren, und sein Glück ist, dass ihm neben Bruder Serge und Eichhörnchen Malou mit Adler Adwanagor auch ein legendärer Helfer zur Seite steht.

Wird es Arvil gelingen, beim Waldrennen erfolgreich zu starten und sich gegen die fiesen Tricks des mehrmaligen Champion – Rabe Salaniel – durchzusetzen?


Thomas Forat hat die Geschichte eines Papageien-Falken ersonnen, der sich mit der Teilnahme an einem wichtigen Ereignis einen Traum erfüllen möchte. So darf „Arvil, der kleine Falke“ in „Das große Rennen“ voller Neugierde und unerschrocken sein erstes Abenteuer erleben, zwei weitere werden noch folgen.

Der Start ist dem Autor gut gelungen. „Das große Rennen“ wird in 22 Kapiteln in einem zeitgemäß lockeren und kindgerechten Sprachfluss erzählt. Ab und an schießt der Autor allerdings über das Ziel hinaus, wenn seine Tiere allzu burschikos reagieren und vor allem menschliche Redewendungen benutzen. Aufgefallen sind mir ebenfalls einige Wiederholungen im Wortgefüge – mehrmals zeigen sich Figuren beispielsweise „benebelt“. Das dürfte Kinder als hauptsächlicher Zielgruppe jedoch nicht stören.

Davon einmal abgesehen, wird die Handlung verständlich geschildert, und Langeweile gibt es während der Lektüre nicht. Mit Beginn des Waldflugrennens, das wegen Salaniel und seiner düsteren Truppe durchaus Gefahren bereithält, nimmt der Verlauf des Geschehens immer mehr an Tempo zu, so dass der jungen Leserschar aufregende Szenen mit hohem Spannungsfaktor bevorstehen. Ergänzend ist es dem Autor geglückt, besonders mit dem putzigen pupsenden Serge für etliche witzige Stimmungs- und Schmunzelmomente zu sorgen.

Damit avanciert die Spitzmaus sicher zu einem Liebling der Geschichte. Aber auch die anderen Figuren hat Thomas Forat abwechslungsreich und mit sofort erkennbaren Charaktermerkmalen gestaltet. Neben Arvil, seiner Familie und seinen Freunden agieren der eingebildete Salaniel und seine gemeinen Helfer. Es ist damit von Anfang an klar, wie Sympathie und Antipathie verteilt werden.

Was „Das große Rennen“ auszeichnet, ist zum einen die erkennbare Botschaft, die der Autor vermittelt. Nämlich niemals seine Träume aufzugeben und an sich zu glauben. Die Freundschaft hochzuhalten, und auch mal über seinen Schatten zu springen und um Hilfe zu bitten.

Daneben punktet „Arvil, der kleine Falke“ mit den vom Autor selbst geschaffenen und zu den Ereignissen hervorragend passenden Illustrationen, die in ihrer Fertigung farbstark sind und die Geschichte ausdrucks- und eindrucksvoll in ihrer Vielfalt unterstützen.

„Das große Rennen“ ist eine schwunghafte Abenteuergeschichte, die nicht nur den jugendlichen Lesern Freude bereitet.

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Veröffentlicht am 21.10.2024

Zerbrechliche Träume

Die Porzellanmanufaktur – Zerbrechliche Träume
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1966 teilt die Mauer Deutschland mittlerweile seit fünf Jahren in zwei Staaten, und Autowerkstattbesitzer Gustav nutzt seine weitgehende Reisefreiheit und schmuggelt lebende Güter über die Grenze von der ...

1966 teilt die Mauer Deutschland mittlerweile seit fünf Jahren in zwei Staaten, und Autowerkstattbesitzer Gustav nutzt seine weitgehende Reisefreiheit und schmuggelt lebende Güter über die Grenze von der DDR in die Bundesrepublik. Ein gefährliches Unterfangen.

Bei den Thalmeyers arbeiten in der Manufaktur gut vierzig Personen, wenngleich auch die Nachfrage nach Porzellan nachgelassen hat. Dem Wirtschaftswunder ist ein wenig die Luft ausgegangen. Doch Marie, verantwortlich für die Verwaltung der Manufaktur und Sophie, zuständig für den Außendienst, haben schon einige Schlachten geschlagen und private Verluste erlitten. Aber die Geschäfte führen sie klug, und sie wollen das Familienunternehmen in fünfter Generation erhalten. Müssen sie sich den veränderten Wünschen der Konsumenten anpassen, oder sollen sie wieder etwas wagen? Denn das ist bisher immer ihre Stärke gewesen. Es anders zu machen als die anderen und dadurch zwei Kriege und unzählige Krisen zu überstehen.

Das Verhältnis von Marie zu ihrer Tochter Jana ist angespannt, innige Augenblicke sind eher selten. Jana wird flügge und verlässt die heimatlichen Gefilden Richtung München, um Jura zu studieren. Der „Backfisch“ ist froh, endlich der kleinbürgerlichen Enge der Provinz zu entgehen und wild entschlossen, all das nachzuholen, was sie bislang versäumt zu haben glaubt.

Dank Onkel Joachim, der als Künstleragent viel unterwegs ist, bekommt sie in seiner Wohnung ein eigenes Zimmer mit Balkon. Die tolle Großstadt lockt mit neuen Möglichkeiten und Gefahren. Das ahnt Jana allerdings noch nicht. Jetzt erst einmal gibt sie sich Mühe, bei allem dabei zu sein.

Joachim Thalmeyer, fungiert nach wie vor als stiller Teilhaber und überlässt es seinen Schwestern, sich um die Porzellanmanufaktur zu kümmern. Seine Welt sind die Musik und das Fernsehen, und seine Künstler machen alle ausnahmslos Karriere.

Dauerfeind Karl Metsch ist gestorben und hat den Staffelstab der Feindschaft an seinen Sohn Abel weitergegeben, der bereits vor dem Tod des Vaters die Geschäfte an sich gerissen hat, tatkräftig unterstützt von seiner nimmermüden Mutter Alexandra.

Nun versucht Abel Metsch als Verleger der regionalen Zeitung „Oberfränkische Stimme“ seine Macht auszuspielen und neue Intrigen zu ersinnen. Der erklärte Widersacher der Thalmeyers schafft es bis zum Bürgermeister. Wird es ihm letzten Endes gelingen, seine Erzfeinde zu bezwingen und die verfluchten Thalmeyers aus Selb zu jagen, ihre Porzellanmanufaktur in den Konkurs zu treiben oder gar selbst zu übernehmen?


Wie schon in den Vorgängerbänden der Reihe „Die Porzellanmanufaktur“ legt Stefan Maiwald auch im dritten Band „Zerbrechliche Träume“ nicht nur den Fokus auf die Vorgänge in und um die Porzellanmanufaktur, sondern bindet das Zeitgeschehen und die herrschenden Gegebenheiten in der Bundesrepublik der Sechziger Jahre ein.

Deshalb bin ich wieder begeistert von seiner hervorragenden Recherchearbeit. Insbesondere gefällt mir, wie er mit scheinbar leichter Hand geschichtliche und gesellschaftliche Momentaufnahmen in einer Fülle aufbereitet, die das Wissen erweitert, ohne die Wirkung eines Sachbuches zu versprühen. Nur wenn der Autor – wie aus meiner Sicht beim Thema Golf – zu sehr in die Tiefe geht, nimmt die Leseaufmerksamkeit etwas ab.

In „Zerbrechliche Träume“ bleibt Stefan Maiwald von Anfang an seinem gewählten Erzählstil treu und schildert den Verlauf der Ereignisse stringent, dynamisch und in kurzen Kapiteln klar strukturiert. Er verzichtet dieses Mal – mit wenigen Ausnahmen – bei den Perspektivwechseln auf diejenigen in die Vergangenheit und beschränkt sich diesbezüglich in der Handlung auf gelegentliche Hinweise.

Der Autor schafft in seiner mittlerweile gewohnten Handschrift ein authentisches und buntes Bild der damaligen Zeit und Umstände und paart sie mit stimmungs- und humorvoller Lockerheit.

Seine bekannte Figurenriege, deren Charakterisierung er verfeinert und teilweise mit weiteren Konturen versehen hat, ergänzt er mit den Auftritten neuer fiktiver und daneben einiger realer Persönlichkeiten. Beispielsweise wird Koch Paul Bocuse in die Handlung eingebunden, und Mime Klaus Kinski darf in unverkennbarer Weise einen bezeichnenden Auftritt haben.

Leider heißt es nunmehr Abschied nehmen von der Familie Thalmayer, von ihren Wegbegleitern, Freunden und Feinden. Ich habe ich gefreut, dass ich sie über einen großen Zeitraum ihrer Lebens begleiten durfte. Vielleicht gibt es ja irgendwann noch einmal ein „Wiedersehen“.

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Veröffentlicht am 23.09.2024

Verwerfungen

Verwerfungen
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Wieder einmal bin ich in eine Reihe „eingestiegen“, denn „Verwerfungen“ ist bereits der achte Fall, den der bayrisch-türkische Autor Su Turhan für seinen Kommissar Pascha alias Zeki Demirbilek ersonnen ...

Wieder einmal bin ich in eine Reihe „eingestiegen“, denn „Verwerfungen“ ist bereits der achte Fall, den der bayrisch-türkische Autor Su Turhan für seinen Kommissar Pascha alias Zeki Demirbilek ersonnen hat.

Für die Figurenriege ist es ein Neubeginn. Das Schicksal von Zeki nach einer fast tödlich endenden Attacke hat auch das Schicksal seiner Mitarbeiter besiegelt. Das Sonderdezernat für Schwerverbrechen mit Migrationshintergrund, intern kurz „Migra“ genannt, existiert nicht mehr, und die ehemaligen Kollegen sind mit neuen Chefs und Versetzungen in andere Abteilungen beschäftigt. Oberkommissarin Isabel Vierkant beispielsweise kämpft um ihre Rolle und ihren Platz in der neu zusammengesetzten Mordkommission, Serkan Kutlar lehnt den neuen Chef Helmut Herkamer ab und geht in eine Soko nach Leipzig.

Zeki Demirbilek selbst befindet sich auf Erholungsurlaub in Istanbul, hadert gleichwohl mit der Vergangenheit und hängt lethargisch zwischen den Seilen, vor allem weil ihn auch die Nähe zu Exfrau belastet. Schließlich hofft er immer noch darauf, dass er das Herz seiner großen Liebe zurückzugewinnen kann, obwohl Selma ihm deutlich zu verstehen gegeben hat, dass sie keine gemeinsame Zukunft sieht.

Da kreuzt bei Zeki sein langjähriger Freund Robert Haueis, der Inhaber eines kleines Antiquitätengeschäfts in München, auf. Robert ist seiner kürzlich gestohlenen wertvollen Medusenstatue auf der Spur, die bei einer Istanbuler Auktion illegal zum Verkauf angeboten wird. Bei der Medusa handelt es sich um eine Replik einer Statue, die 1204 von Kreuzfahrern aus der Kleinen Hagia Sophia gestohlen, nach Venedig gebracht wurde und im Laufe der Jahrhunderte verschwand.

Die Suche nach der Statue ist nicht allein für den erfahrenen Kommissar eine Herausforderungen. Denn es dauert nicht lange, bis seine ehemaligen Mitarbeiter in München und die türkischen Kriminalisten um Selim Kamaz ebenfalls in den Fall involviert werden. Nicht nur in der Türkei wird eine Leiche entdeckt, auch in München stoßen die Ermittler auf einen grausigen Fund. Die Ermittlungen laufen bald länderübergreifend bis hin nach Kopenhagen, wo Selma einen neuen Job antreten will ...


Um es gleich vorweg zu nehmen, auch ohne Vorkenntnisse ist es möglich, dem Geschehen in „Verwerfungen“ zu folgen, weil Su Turhan nicht an eingestreuten Informationen spart und es damit Neueinsteigern erleichtert, sich in diesem achten Band der Reihe zurechtzufinden und das Beziehungsgeflecht zu verstehen. Lediglich hinsichtlich der Familie von Zeki Demirbilek bleibe ich an Ende mit einigen Wissenslücken zurück.

Su Turhans Erzählstil ist in der Regel anschaulich und angenehm, und nur gelegentlich etwas umständlich. Kurze Kapitel und viele Ortswechsel mit authentischen Beschreibungen wirken unterstützend auf den Unterhaltswert einer eingängigen Handlung, die zunächst mit Bedacht beginnt, sich dann entwickelt und mit einigen kniffligen Überraschungen für einen ansteigenden Spannungsbogen sorgt.

Der Autor macht es einem leicht, seinen Zeki zu mögen. Der Ermittler alter Schule ist ein sympathischer Zeitgenosse, manchmal etwas eigen in der Lösung seiner Probleme, aber geradlinig und empathisch, mit einem klugen Kopf auf den Schultern, den er ständig arbeiten lässt. Er „beißt“ sich fest, vor allem als der Fall größere Dimensionen annimmt als anfänglich erwartet.

Auch die weiteren Figuren erfahren eine ausgewogene Charakterisierung und sind mit unterschiedlichen Facetten ausgestattet, in denen kulturelle Unterschiede humorvoll angesprochen werden. Zudem wird deutlich, dass der Autor Wert darauf legt, unkonventionelle Persönlichkeiten in die Geschichte einzubinden.


„Verwerfungen“ von Su Turhan überzeugt mit reflektierbaren Ereignissen und Akteuren voller Lebendigkeit und gestattet einen vergnüglichen Blick auf Eigenarten einer Multikulti-Gesellschaft.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Krone und Kelch

Tankred: Krone und Kelch
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Mitte August 882. Der Tag beginnt mit strahlendem Sonnenschein, und dass Wetter passt zur Stimmung von Tankred, dem einst in die Klosterhaft verbannten Grafensohn. Schließlich sieht er einer vielversprechenden ...

Mitte August 882. Der Tag beginnt mit strahlendem Sonnenschein, und dass Wetter passt zur Stimmung von Tankred, dem einst in die Klosterhaft verbannten Grafensohn. Schließlich sieht er einer vielversprechenden Zukunft entgegen, erneut ist er seinem Ziel, sein Erbe zurückzuerhalten, wieder ein Stück nähergekommen. Das Unrecht, das die vergangenen fünfzehn Jahre seines Lebens vergiftete, wird an diesem Tag rückgängig gemacht, die Gerechtigkeit wiederhergestellt, die Schande ausgelöscht, Wut und Groll besänftigt.

Bischof Franco, mit dessen Urteilsspruch Tankreds Misere vor vielen Jahren begann, überreicht ihm das Pergament, mit dem die Annullierung der Ehe von Tankreds Eltern für null und nichtig und deren beiden Söhne als rechtmäßige Nachfolger erklärt werden.

Tankred ist inzwischen ein bekannter Mann, seine Leistungen werden gewürdigt. Innerhalb von wenigen Monaten ist er von einem Mönch auf der Flucht zu einem Ratgeber des Kaisers geworden, dessen Anführer ihm Gehör schenken und seine Pläne so sehr schätzen, dass sie sie als ihre eigenen ausgeben.

Zwar ist die Dänenplage vorerst vorbei – mit Kisten voller Gold und Silber sind die Invasoren nach jahrelang ertragenen Drangsalierungen der Menschen abgezogen, nachdem sie mehrere Wochen in ihrer Inselfestung Asselt belagert worden waren. Hingegen sitzen Uta und Gerold immer noch auf dem Familienanwesen und werden das Feld nicht freiwillig räumen.

Tankred braucht mithin Unterstützer, die ihm Bewaffnete zur Verfügung stellen. Andererseits hatte es sich bereits in der Vergangenheit abgezeichnet, dass er noch nicht den versprochenen und erforderlichen Beistand in dem Maße erhält, wie er ihn gegen seinen Halbbruder Gerold benötigt.

Vielmehr soll er zunächst einmal im Geheimen eine Gesandtschaft nach Rom führen, die für den Kaiser bei Papst Johannes um die Erfüllung eines delikaten Anliegens nachsucht.

Tankred tritt also eine gefährliche Reise an. Seine Begleiter sind seine Freunde Lupus und Gauzbert sowie Nantbert, ein Mönch aus Fulda, der in theologischen Fragen bewandert ist wie kein Zweiter, und Hunold, ein Priester aus Utrecht, der angeblich sämtliche Erlasse, Dekretalen und Verträge der letzten hundert Jahre sowie den zugehörigen Schriftverkehr im Schlaf runterbeten kann.

So vergeht wieder einige Wochen und Monate, bevor sich Tankred und Gerold endlich gegenüberstehen …


Mit „Krone und Kelch“ finden die Handlung, die in „Weihrauch und Schwert“ ihren Anfang genommen hat und in „Hammer und Kreuz“ weitergeführt wurde, ihren vorläufigen Abschluss.

Allerdings gönnt es Michael Römling seinem Helden Tankred zunächst (noch) nicht, im Privaten erfolgreich zu sein und endgültig zur Ruhe zu kommen. Stattdessen fügt er dem erbitterten Kampf seines Protagonisten mehrere neue Kapitel hinzu und lässt ihn zum wiederholten Male für den Kaiser die Kastanien aus dem Feuer holen oder mit Tankreds Worten ist er wieder derjenige, „der den Karren für den Kaiser aus dem Dreck“ zieht und mit Selbstverständlichkeit sein Leben aufs Spiel setzt.

Es wundert nicht. Schließlich zeichnen unseren Helden Intelligenz, Geistesschärfe und Leidenschaft aus. Seine Bildung befähigt ihn, den Dingen auf den Grund zu gehen. Er ist loyal, integer und unbestechlich und wechselt nicht mal eben die Fronten, um schneller vorwärtszukommen. Außerdem hat er bewiesen, dass er sich nicht einschüchtern lässt. Gleichwohl ist er nicht fehlerfrei, kehrt so manches Mal den „Graf Neunmalklug“ heraus. Letztlich durchläuft er eine Entwicklung, die für ihn spricht, bei der das Verlangen nach Rache von dem Wunsch nach Gerechtigkeit beiseite gedrängt werden.

Dem Autor hat es sicherlich Vergnügen bereitet, Tankred ein paar Überraschungspäckchen zu schnüren. Und ordentlich „Remmidemmi“ und Verschwörungen zu ersinnen.

Und zwar unter anderem in Rom, in der Machtzentrale der Christenheit. Bereits der Weg dorthin ist beschwerlich. Denn schnell wird offensichtlich, dass die Reise der Gesandtschaft gar nicht so geheim ist wie angenommen. Auf das Leben von Tankred würden seine Begleiter wahrscheinlich keine Münze mehr setzen angesichts der Anschläge, mit denen er konfrontiert wird, und der zahlreichen Bemühungen, ihn zu töten.

Auch im dritten Band greift der Autor auf seine umfangreiche historische Recherche zurück und präsentiert einen bunten Reigen aus tatsächlichen Vorfällen, die sich in den fiktiven Rahmen perfekt einfügen.

Michael Römling hat seinen Sprachrhythmus intensiv verfeinert und prägnant ausgearbeitet, setzt hinsichtlich Tragik und Komik eine gelungene Mischung ein und würzt das Geschehen mit Esprit und Witz, wozu auch ein paar „Sportwiele“ beitragen.

„Krone und Kelch“ setzt einen Schlussstrich unter die „Reise“ von Tankred auf der Suche nach Gerechtigkeit. Während ich die gesamte Reihe mit Begeisterung gelesen habe, ist der dritte Band mein persönlicher Höhepunkt.

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