Rasante toxische Eskalation
Okay, der Roman ist ein Ritt.
Ein Teufelsritt.
Auf dem Klappentext steht: „Niemand schreibt so aufregend, eigensinnig und intensiv über Lust und Gewalt wie Lina Wolff.“
Wolffs Roman ist das Psychogramm ...
Okay, der Roman ist ein Ritt.
Ein Teufelsritt.
Auf dem Klappentext steht: „Niemand schreibt so aufregend, eigensinnig und intensiv über Lust und Gewalt wie Lina Wolff.“
Wolffs Roman ist das Psychogramm einer Frau, die sich im Teufelsgriff einer toxischen Beziehung befindet und sie geht dabei wenig subtil vor sondern wahrhaftig brachial.
Ihre namenlose Protaginistin ist von Skandinavien nach Florenz gezogen, in die Stadt der Liebe und der Kunst und lernt dort gleich nach der Ankunft einen Mann kennen. Da sie ohne Arbeit ist und von ein paar Ersparnissen lebt, zieht sie direkt bei ihm in die Wohnung.
Wolff fackelt nicht lange, die ersten Red Flags lassen nicht lange auf sich warten.
“Still wie eine Maus, und er habe sich schon immer eine mäuschenstille Frau gewünscht, eine Minnie Maus, die nicht stört.”
Der Fokus des Romans liegt nicht auf gesellschaftskritischen Beschreibungen der Mechanismen von struktureller weiblicher Unterdrückung oder patriarchalen Beziehungsmodellen. Was ich in Wolffs Roman lese, ist Obssession und Wahnsinn, der immer weiter eskaliert.
“Er ist ihr Meister, und sie hasst sich dafür, dass sie in der Unterlegenheit Lust empfindet.”
Das Faszinierende ist, dass sich Wolffs Figur durchaus ihrer Situation bewusst ist und den Handlungsbedarf erkennt. Als sich ihr die Möglichkeit zur Flucht ergibt, ergreift sie sie. Doch Wolffs Geschichte wird von der Übersteigerung voran getrieben. Things are getting worse and worse oder vom Regen in die Traufe.
Ich fürchte, mir macht das alles einen morbiden und düsteren Spaß. Ich möchte aber ganz deutlich machen, dass das auch mein rein voyeuristisches Vergnügen an torture porn ist. Wolff quält ihre Figur zum Teil absurd sinnlos und macht den Roman damit polarisierend und streitbar.
“Sie ist eine Abweichung, eine Abart. In ihr steckt keine echte Liebe, nur eine animalische, kuhartige Dummheit.
Sie ist sich selbst zuwider.”
Mir hat der Roman unangenehm gut gefallen. In der Art, die mich selbst fast schmutzig fühlen lässt. Aber nur fast.
Falls du Freude an toxischer Esklation haben kannst, ohne dich dabei schlecht zu fühlen, ist „Der Teufelsgriff“ eine Empfehlung für dich!