Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfangen. Hugo von Hofmannsthal
Eva und Angela sind nicht nur Schwägerinnen, sondern auch durch den schmerzhaften Verlust ihrer Ehemänner miteinander verbunden. Das Brüderpaar kam bei einem Tauchunfall ums Leben und seit dem ist nichts ...
Eva und Angela sind nicht nur Schwägerinnen, sondern auch durch den schmerzhaften Verlust ihrer Ehemänner miteinander verbunden. Das Brüderpaar kam bei einem Tauchunfall ums Leben und seit dem ist nichts mehr, wie es war. Eva hat die Lust verloren, mit ihren Händen wunderschöne bunte Blumengebinde zu erschaffen und Angela kann kaum den Spagat zwischen Mehrfachbeschäftigung und Kindererziehung leisten. Evas Idee, das Andenken an die beiden Männer mit einem Ultramarathon in Neuseeland zu bewahren, stößt bei Angela zunächst auf Kopfschütteln und Unverständnis. Doch sie müssen die extreme Strecke von 250 km nicht alleine bewältigen, denn das Schicksal stellt ihnen zwei nette Männer an die Seite, die nicht nur für die Dauer des Marathons die Frauen begleiten wollen....
"Alles, was noch vor uns liegt" ist ein sehr einfühlsamer Roman, der sich mit den Themen Trauerbewältigung, Loslassen, innerer Heilung und Selbstfindung befasst und mit leisen Tönen die Geschichte von Eva und Angela erzählt.
Gefangen in ihrer Trauer können beide nicht aus ihrer Haut, schotten sich immer mehr ab und verlieren sich dabei komplett selbst aus den Augen. Für Eva geht es sogar soweit, dass sie keinerlei Inspiration mehr verspürt, ihr die Welt grau und einsam vorkommt uns sie sich immer mehr in ihrer Trauer verschanzt. Dabei merkt sie gar nicht, dass ihr nicht nur eine, sondern gleich mehrere helfende Hände gereicht werden, um ihr die Rückkehr ins Leben wieder zu ermöglichen.
Angela erscheint mit manchmal recht verbittert und ihre Unzufriedenheit sorgt dafür, dass sei selbst einen Keil zwischen sich und ihre Kinder treibt, obwohl sie gerade jetzt zusammenhalten müssten.
Mit der Anmeldung zu Ultramarathon scheinen auch ein wenig die Lebensgeister zurückzukehren und man merkt, dass beide das Training dazu nutzen, im wahrsten Sinne des Wortes wieder Fuß zu fassen. Anfangs hat man noch das Gefühl, dass sie eher von ihrer Trauer davonlaufen, anstatt sich ihrer Gefühle zu stellen, aber je mehr Trainingskilometer gelaufen sind, desto mehr öffnen sich die beiden Frauen und lassen Einblicke in ihr Seelenleben zu.
Die Laufstrecke in Neuseeland bietet zwar landschaftliche Reize, aber es passiert leider nicht all zuviel, um hier eine großartige Spannung oder Neugier zu erzeugen. Der Prozess des Loslassen und des Zulassens von Gefühlen ist zwar recht anschaulich beschrieben, emotional rührt die Autorin aber leider nicht am Mitgefühl des Lesers, sodass sich dieser Part ein wenig zähflüssig liest. Für mich hätte ruhig noch stärker zum Ausdruck kommen können, dass die Rrauer quasi mit jedem Schritt in Grund und Bogen gelaufen bzw. abgegeben wird und sich so eine gewisse Art der Befreiung in den beiden Frauen ausbreiten kann.
Bis es zum Happy-End kommt, vergehen noch ein paar Augenblicke, die das Gefühlsleben der Protagonisten in Wallung versetzen, den Leser aber außen vor lassen. Die Vermittlung der christlichen Botschaft geschieht wohl dosiert und ist passend zum Thema in die Handlung eingearbeitet.
Leider kann das Buch nicht an die herausragende Qualität von "Das Flüstern von Tinte auf Papier" anknüpfen und ich bleibe ein wenig enttäuscht zurück. Somit kann ich nur gute 3,5 Sternchen vergeben.