Geht unter die Haut
Florence Dane, genannt Flora, ging einst durch die Hölle, als sie von einem Mann entführt und 472 Tage lang gefangen gehalten wurde. Dieser Mann hat sie vergewaltigt, in eine Kiste gesperrt und hungern ...
Florence Dane, genannt Flora, ging einst durch die Hölle, als sie von einem Mann entführt und 472 Tage lang gefangen gehalten wurde. Dieser Mann hat sie vergewaltigt, in eine Kiste gesperrt und hungern lassen, doch sie konnte dieser Hölle entkommen und ist eine Überlebende. Nach vielen Therapien scheint es, als würde Flora es geschafft haben und wieder am Leben teilnehmen. Aber dann wird D.D. Warren zu einem Tatort gerufen, der mehr als mysteriös erscheint: ein Barkeeper wurde getötet, von einer jungen Frau, die sich nackt und gefesselt in seiner Garage befand und diese junge Frau ist niemand anderes als Flora. D.D. Warren hat eine Ahnung, was hier geschehen ist, doch die Abgründe die sich hier öffnen, sind tiefer als gedacht.
Meine Meinung:
Mit "die Überlebende" erschien der mittlerweile achte Band der Reihe um Detective D.D. Warren und ihren Ermittlungen aus der Feder der Autorin Lisa Gardner. auch dieser neue Fall war wieder einmal unglaublich spannend und vor allem beklemmend. Der Einstieg ist bereits schon sehr mitreißend und auch sonst überzeugt die Autorin wieder mit einem sehr flüssigen und klaren Schreibstil.
Dieses Mal hat Lisa Gardner ein Thema gewählt, das vielleicht nicht neu in der Thrillerwelt ist, aber durch ihre Darstellungen spielt sie sehr geschickt mit den Ängsten der Leser, hier wahrscheinlich auch eher mit den Ängsten einer Frau. Es geht hier um Entführung und Misshandlungen junger Frauen und letzten Endes auch um das Überleben. An so manch einer Stelle läuft es dem Leser eiskalt den Rücken herunter, denn z. B. die Situation in eine Kiste eingesperrt zu sein, ist mit eine der schlimmsten Vorstellungen, zumindest für mich.
In diesem Band wechseln die Perspektiven zwischen D.D. Warren als Ermittlerin und dem Opfer Flora Dane. Dabei gibt es aus Floras Sicht auch noch Rückblenden in die Zeit ihrer damaligen Entführung, in denen der Leser erlebt, wie sie es geschafft hat, zu überleben. Die Spannung ist hier zwar durchaus gegeben, alleine wegen des Themas, allerdings ist das Grundtempo hier niedrig gehalten, da man sehr viele, teils sehr beängstigende Details erhält. Das macht zum einen die Vorstellung vom Geschehen sehr lebendig, aber zum anderen wirkt es vielleicht etwas langatmiger. Mich konnte dies allerdings durchaus überzeugen und ich war wie gebannt von der jungen Frau und ihrem unglaublichen Überlebenswillen. Die Ermittlungsarbeiten waren hier ebenfalls sehr detailreich dargestellt, allerdings hat mich Floras Sicht hier deutlich mehr einnehmen können. Was wahrscheinlich auch daran liegt, dass man einfach alles nach- und mitempfinden kann, was die junge Frau erlebt hat und wieder erlebt.
Die gesamte Atmosphäre ist sehr beklemmend und düster gehalten, was auch mit an der Erzählform hier liegen kann. So erleben wir die Ermittlungen D.D. Warrens und Kollegen durch den Blick eines personellen Erzählers, in der dritten Person, die Erlebnisse Floras hingegen in der Ich-Form. So leidet man regelrecht mit der jungen Frau mit und kann ihre Gefühle in jeder Hinsicht mitverfolgen und nachvollziehen.
Flora ist ein sehr beeindruckender Charakter, der mich hier völlig eingenommen hat. Allein wie sie mit den neuen Erlebnissen umgeht, wie sie selbst abwiegt, was wichtig zum Überleben ist und was nicht, wann es ihr gut geht und wann nicht, hat mich hier sehr fasziniert. Die gesamte psychische Entwicklung des Opfers ist hier in der Darstellung gelungen und absolut vorstellbar.
Neben diesem Part verblasst D.D. Warren beinahe, denn sie ist durchaus ein sehr harter Charakter, wobei diese Eigenschaft wohl auch absolut notwendig ist für ihren Beruf. Dadurch wirkt sie auf mich allerdings eher wieder kalt und unnahbar, aber auch irgendwo authentisch.
Ausser diesen beiden Charakteren finden wir noch einige weitere Personen, von denen der Opferspezialist des FBI Dr. Samuel Keynes noch ein sehr interessanter Charakter ist.
Mein Fazit:
Ein Thriller, der mehr durch seine düstere und beklemmende Atmosphäre lebt und vor allem durch die Darstellung des Opfers Flora. Es ist beeindruckend dargestellt, zu was ein Mensch fähig ist, wie groß der Überlebenswille sein kann, aber auch welche Folgen Entführungen und Qualen haben. Ob das alles realistisch ist, vor allem die psychischen Folgen, kann ich nicht beurteilen, allerdings ist es faszinierend erzählt und kann fesseln. Wieder ein sehr spannender Thriller der Autorin, den ich gerne empfehle.