Als Marks Schwester bei einem Unfall stirbt, fällt er aus allen Wolken, denn sie hat bestimmt, dass er im Falle ihres frühzeitigen Ablebens für ihre kleine Tochter Holly sorgen soll. Mark, bislang noch unverheiratet, steht zunächst vor einer ihm schier unlösbaren Aufgabe. Doch da er es nicht übers Herz bringt, seine kleine Nichte an Pflegeeltern weiterzureichen, überredet er einen seiner beiden Brüder, Sam, dazu, ihm bei der Erziehung von Holly beizustehen. Das Arrangement klappt auch ganz gut. Maggie hängt sehr an ihren Onkeln Mark, den Kaffeeröster, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat und Sam, der einen Weinberg besitzt. Doch sie weigert sich seit dem tödlichen Unfall ihrer Mutter zu sprechen.
Erst als Mark eines Tages mit Holly den Spielwarenladen „Magic Mirrors“ betritt und dort von der Besitzerin des Ladens eine „magische“ Muschel geschenkt bekommt, spricht Holly ihre ersten Worte nach einem halben Jahr. Mark ist überglücklich und zeigt zudem Interesse an Maggie. Doch obwohl auch Maggie Mark überaus attraktiv und interessant findet, traut sie sich nicht, ihren Gefühlen für ihn nachzugeben. Denn vor nicht allzu langer Zeit verlor sie ihre große Liebe durch eine schwere Krankheit und hat Angst davor, wieder einen Menschen in ihr Leben zu lassen. Zudem hat Mark auch noch eine hübsche Verlobte…
Ich lese Weihnachtsgeschichten sehr gerne und natürlich dürfen sie in der kälteren Jahreszeit dann auch ein wenig romantisch verklärter sein; will sagen, in diesem speziellen Fall darf Klischee, Schicksalsfindung und Rührseligkeit ruhig ein wenig stärker dosiert daherkommen, ohne dass ich dies als negativen Aspekt ansehe. Zudem liebe ich schon seit vielen Jahren die historischen Liebesromane der Autorin und mag dabei die Art wie sie schreibt sehr, denn sie vermag es, die Leser; in diesem Falle mich, mich mit ihren Liebesgeschichten stets zu berühren.
Als ich erfuhr, dass „Das Winterwunder von Friday Harbor“ ein Contemporary ist, war ich zunächst etwas skeptisch, die Skepsis verstärkte sich noch, als ich den doch recht dünnen Roman schließlich vor mir liegen hatte.
Aber trotz meiner Vorbehalte entpuppte sich „Das Winterwunder von Friday Harbor“ dann im Großen und Ganzen als gelungener Genrewechsel der Autorin.
Es gibt allerdings auch zwei „aber“, die mich von einer Höchstbewertung absehen lassen haben. Gerade die besondere Stärke von Lisa Kleypas, berührende Geschichten zu schreiben funktioniert nur, wenn sie ihren Hauptfiguren genügend Raum zur Entfaltung bietet. Trotz aller Zutaten und einer sehr süßen Holly, die man schnell in sein Leserherz schließt, blieb mir das Heldenpaar dieses Romans ein wenig zu blass. Die Story hatte so viel Potential; ihr hätten hundert Seiten mehr nur gut getan. Doch auf nur 186 Seiten tiefschürfende Charaktere mit Ecken und Kanten zu erschaffen, ist der Autorin in meinen Augen leider nur bedingt gelungen.
Ein wenig erinnert mich dieser Roman von der Machart her an sogenannte „Category Romances“, wie man sie etwa in Tiffanys, Baccaras etc. vorfindet und genauso „dünn“ ist hier leider auch streckenweise die Charakterisierung des Heldenpaars, das unterschiedlicher nicht sein könnte. (Mark sehr nüchtern und abgeklärt; Maggie dagegen verträumt und romantisch)
Auch in Sachen Liebeszenen hätte ich mir doch ein wenig mehr Leidenschaft gewünscht, denn die einzige Liebeszene in diesem Roman kommt, wenn man Lisa Kleypas Historicals kennt, schon ein wenig züchtig und knapp formuliert daher.
Die erste Hälfte des Romans konnte mich dazu leider nicht so sehr ans Buch fesseln, wie ich es mir gewünscht hätte, doch die zweite Hälfte reißt dieses Manko dann wieder vollkommen heraus, weil Lisa Kleypas ab diesem Zeitpunkt endlich eine große Dosis an familiärer, heimeliger Atmosphäre in ihre Geschichte einziehen lässt, wie man es auch bei ihren Historicals gewohnt ist und es sogar zu einigen amüsanten Romanpassagen im Hause Nolan kommt; etwa wenn Maggie den Brüdern Sam, Mark und Alex beim Kochen zur Hand gehen muss. Außerdem lässt die Autorin dann auch endlich mehr wichtige Dialoge zwischen dem Heldenpaar zu, die ihre wachsende Liebe zueinander untermauern und dafür Sorgen dass man mehr Bezug zu Mark und Maggie bekommt.
Und diese tolle zweite Hälfte des Romans war es dann auch, die mich dazu bewogen hat, statt einer 3.5 Bewertung eine glatte 4 Punkte Bewertung zu geben.
Am Ende des Romans findet man dann eine Leseprobe zum zweiten Teil der Friday Harbor Reihe vor, die sich sehr vielversprechend las und mich in gespannter Erwartung zurückgelassen hat.
Kurz gefasst: Im Großen und Ganzen ein gelungener Genrewechsel der Autorin, obwohl mir die besondere Magie, die den Historicals der Autorin anhaftet, hier noch ein wenig gefehlt hat. Als nette Weihnachtslektüre für Zwischendurch jedoch empfehlenswert.