Emotionale Familiengeschichte auf hohem Niveau?
Helen ist eine Frau, die in recht jungen Jahren einen riesigen Verlust erlebt hat: als junge Mutter von drei Kindern und - damals noch unwissentlich - schwanger mit dem vierten, steht sie alleine da, nachdem ...
Helen ist eine Frau, die in recht jungen Jahren einen riesigen Verlust erlebt hat: als junge Mutter von drei Kindern und - damals noch unwissentlich - schwanger mit dem vierten, steht sie alleine da, nachdem ihr Mann Cal in den frühen 1980er Jahren auf einer Ölbohrinsel tödlich verunglückt.
Wir lernen Helen als ältere, umsichtige Frau, Mutter von erwachsenen Kindern und Großmutter kennen: ihre traurige Geschichte wird uns in Form von Rückblenden vermittelt. Der Einblick in Helens Lebens, das stark von der Sorge um die nun erwachsenen Kinder geprägt ist, zeigt ein Leben, das von Trauer und Einsamkeit, doch auch von positiven Momenten: enge familiäre Einbindung, Kinder, die sich nach einer schwierigen Jugend berappeln. Und nach fast 30 Jahren findet auch eine neue Liebe Einzug in ihr Leben.
Zudem lernen wir Helens Sohn John und seine Lebenssituation kennen - er wird bald Vater eines von ihm ungewollten Kindes. Gespannt darf der Leser die Reaktion von Mutter Helen und die Bewältigung der Situation im Familienverband verfolgen.
Etwas wortreich und umständlich ist der Erzählstil von Lisa Moore, doch trotzdem einfühlsam und packend. Da sich zwar nicht die gesamte Erzählperspektive, aber doch die Rolle der Figuren und ihre Position innerhalb der Geschichte häufig ändern, wirkt der Roman gelegentlich etwas konfus. Ein Ansatz, der Aufmerksamkeit erregen wird: dieser Familienroman hat mit dem Kitsch einer Rosamunde Pilcher, der teilweisen Oberflächlichkeit einer Anna Gavalda nichts gemein - diese Autorin versteht ihr Handwerk! Auf der anderen Seite hapert es am "gewissen Etwas": aus meiner Sicht fehlt die Kraft und Intensität der großen Meeresromane der letzten Jahren wie "Rubinrotes Herz, eisblaue See" von Morgan Callan Rogers oder auch "Brandungswelle", einem Roman der Französin Claudie Galley.
Fazit: ein netter Familienroman, dem von Zeit zu Zeit ein wenig die Puste ausgeht. Es ist eine emotionale Familiengeschichte mit Höhen und Tiefen, insgesamt jedoch auf eher mittelmäßigem Niveau.