Yoga liegt nun schon seit vielen Jahren im Trend, ein Ende des Hypes ist bisher nicht in Sicht. Die Autorin des Buches, Lorna Neuber, macht seit 25 Jahren Yoga. Sie begann mit verschiedenen Yogastilen, weil sie sich nach einem abwechslungsreichen Fitnesssport sehnte, von dem Körper und Geist gleichermaßen profitieren können. Das Buch ist ein Plädoyer für Yoga im Allgemeinen, der Fokus liegt hier aber auf „Restorative Yoga“ (englisch gelesen). Dabei handelt es sich um Yoga, das maximal entspannend sein soll. Hier stehen tiefes Atmen und absolutes Loslassen auf dem Programm. Das klingt nicht nach viel, hat aber weitreichende Folgen für die Gesundheit. Die Autorin berichtet z.B., dass, obwohl sie von Anfang an von ihren Yogaübungen profitierte, ihre bürojobbedingten Rückenschmerzen sich erst dauerhaft besserten, als sie zu sanfteren Yogaübungen wechselte, bei denen Entspannung anstelle von Forderung des Körpers Ziel waren. Hier fehlt im Buch zum Glück nicht der Hinweis, dass anspruchsvolleres Yoga sogar zu Verschlechterung der Symptome oder gar Verletzungen führen kann.
Ein Buch über das aktive Entspannen wirkt zunächst einmal befremdlich. Sollte man dazu nicht von selbst in der Lage sein? Wer aber selbst schon länger anhaltende Stressphasen erlebt hat, weiß vielleicht, dass das gar nicht so selbstverständlich ist. Offenbar kann man das Entspannen wirklich verlernen. Die gute Nachricht ist aber: Schon eine verbesserte Atmung, wie sie u.a. in diesem Buch erläutert wird, und ein bisschen bewusstes Nichtstun können wieder mehr Ruhe in den stresserfüllten Alltag bringen. Für mich war es vor allem interessant, weil ich selbst gelegentlich unter Rückenschmerzen leide.
Zunächst wird erklärt, warum aktive Entspannung lebenswichtig ist, darauf folgen Einblicke in die Geschichte des Yoga und speziell des „Restorative Yoga“. Kurze Zusammenfassungen bereiten jeweils darauf vor, was in den nächsten Abschnitten drinsteht, sodass man nach Belieben auch überspringen kann. Anschließend werden ausführlich die benötigten Hilfsmittel erklärt. In diesem Fall braucht man Decken und Kissen, einen Stuhl und eine (Yoga)Matte, was man normalerweise ohnehin zuhause hat, aber auch „ausgefallenere“ Gegenstände. Es gibt aber nützliche Tipps, wie man diese ersetzen kann. Bei Yogablöcken und Augenkissen ist es relativ leicht, im Fall der Gurte und Sandsäcke schon ein wenig schwieriger, was einige schon als Hindernis empfinden könnten. Ich habe beides beim Ausprobieren der Übungen einfach weggelassen.
Der Hauptteil des Buches (ca. 90 Seiten) besteht aus Übungen, die durch Bewegung in alle Richtungen wohltuend für die Wirbelsäule sind. Die Übungen selbst sind ausführlich und verständlich erklärt und mit Fotos illustriert. Viele braucht man hier nicht, weil es sich bei den meisten Posen um Ruhehaltungen handelt und keine Bewegung beteiligt ist. Warnhinweise zeigen jeweils an, in welchen Fällen man auf die Übungen verzichten sollte. Es wird genau beschrieben, worauf man achten muss und wie die Übungen bei Bedarf variiert werden können. Die meisten Asanas sind bekannte Klassiker wie der Abwärts schauende Hund oder die Haltung des Kindes; bei Bedarf werden diese abgewandelt, damit sie in das Konzept des „Restorative Yoga“ passen. Abschließend gibt es noch speziell zusammengestellte Abfolgen der Übungen für besondere Bedürfnisse, z.B. „Entspannung de luxe: Die große Übungsserie“, die über eine Stunde lang ist, oder gezielte Übungen gegen Stress oder Schlaflosigkeit, Rücken oder Kopfschmerzen oder Zyklusprobleme.
Ich finde es schädlich Yoga als die geheime, exotische Lösung für alles aus dem Alten Indien zu betrachten, die Erkenntnisse liefert, auf die keine andere Sportart je gekommen ist, wie es oft suggeriert wird. Zum Glück ist dieses Buch aber auch nahezu frei von solchen Mystifizierungen. Ich glaube nicht, dass „Restorative Yoga“ die große Yoga-Lösung ist, die auf dem Markt unbedingt noch gefehlt hat, aber unter den verfügbaren Büchern zählt es zu den besseren und ist besonders als Einstieg sehr gut geeignet. Mir gefällt, dass es den Fokus auf Gesundheit und Entspannung und nicht maximales Verknoten legt. Ich habe mich als Leserin ernst genommen und gut betreut gefühlt. Es ist ganz erstaunlich, dass man v.a. körperlich durch ganz wenig Aufwand zu großer Entspannung und einem höheren Wohlbefinden kommen kann. Regelmäßig praktiziert haben mir die Übungen bei meiner steifen Wirbelsäule geholfen. Ich bin nur sicher, dass man das auch allgemein durch Gymnastik oder andere schonende Sportarten schafft - es gibt immerhin so viele! Aber das ist ja das Schöne daran: Jeder kann in der Masse das finden, das für sie/ihn ideal ist. Bei Yoga hat man den Vorteil, dass auch die Atmung nie außer Acht gelassen wird. Ein Blick ins Buch lohnt sich daher für alle, die Stress bekämpfen oder vorbeugen und körperlich (und eventuell auch geistig) flexibler werden möchten. Letzteres gelingt mir nie so richtig, mir reichen aber die körperlichen Vorteile, die ich aus den Übungen ziehe. Ich empfehle es allerdings nur bedingt weiter, wenn man sich mit den grundlegenden Übungen schon relativ gut auskennt. In diesem Fall bietet das Buch vielleicht nicht genug neuen Input.