Kleine Lissie
Die junge Marlene flieht vor ihrem Mann. Im vereisten Winter des Jahres 1974 macht sie sich mit dem Auto auf durch eine unwirtliche Gegend in Südtirol. In dem beginnenden Schneesturm kommt sie mit ihrem ...
Die junge Marlene flieht vor ihrem Mann. Im vereisten Winter des Jahres 1974 macht sie sich mit dem Auto auf durch eine unwirtliche Gegend in Südtirol. In dem beginnenden Schneesturm kommt sie mit ihrem Wagen von der Straße ab. Als Marlene wieder erwacht, findet sie sich auf dem Erbhof eines Bauern wieder, auf dem nur der Bauer Simon Keller lebt. Zunächst ist Marlene sehr erleichtert, dass ihr nicht mehr passiert ist und dass sie für ein paar Tage bei Simon unterkommen kann. Doch je länger sie sich in der Abgeschiedenheit aufhält, desto unheimlicher wird ihr der Gastgeber. Inzwischen hat auch ihr Mann den Auftrag gegeben, nach Marlene zu suchen.
Hat Marlene nun Glück im Unglück gehabt? Zumindest sieht es erstmal so aus. Alles kann nur besser sein als die Ehe mit einem Mann, der ein Verbrecher ist. Auf diesem einsamen Hof wird sie nicht so schnell gefunden werden. Doch je länger sie mit Simon Keller unter einem Dach ist, desto mehr bekommt sie es mit der Angst zu tun. Oder ist es normal, dass der Bauer mit den Schweinen redet, ihnen Namen gibt und besonders der Sau Lissie zugetan zu sein scheint. Lissie, eine ausgesprochen große Sau, die immer Hunger hat nach ihrem durch Simon liebevoll zubereiteten Nahrungsbrei. Offensichtlich versteht sich Simon mit seinen Schweinen besser als mit den Menschen.
Was recht harmlos mit einer durchaus verständlichen Flucht beginnt, wächst sich zu einem richtigen Schauerroman aus. Marlene muss in großer Gefahr bestehen und man empfindet mit ihr, wenn sie vor Unbehagen und Angst nicht mehr ein noch aus weiß. Gleichzeitig verfolgt man die Suche, die ihr Mann in Auftrag gegeben hat. Und man fragt sich, wie Marlene der Bedrohung entkommen soll. Von allen Seiten scheint Gefahr zu drohen. An einem Punkt wünscht man fast, der Sucher würde der Retter sein, auch wenn er ein Mann des Vertrauens ist, der für seine Kunden abschließende Regelungen herstellt. Sehr gut gelingt es dem Autor, die Spannung langsam aufzubauen. Immer wenn die Rettung nah scheint, tut sich eine neue Gefahr auf, und wenn man meint, nun ist es aus, bietet sich doch ein Ausweg an. Allerdings wird man von diesem Spannungsroman erst gegen Ende hin wirklich gepackt.
Wie gewohnt liest Mathias Koeberlin gekonnt, seine „Süße Lissie, kleine Lissie“ ist schon allein des Hörens wert.