Schwer verdaulich
"Wir haben den Weg verloren, und es ist niemand da, den wir danach fragen könnten." (S 95)
Die kleine Jas wünscht sich den Tod ihres Bruders herbei, um ihr geliebtes Kaninchen vor dem Schlachten zu retten. ...
"Wir haben den Weg verloren, und es ist niemand da, den wir danach fragen könnten." (S 95)
Die kleine Jas wünscht sich den Tod ihres Bruders herbei, um ihr geliebtes Kaninchen vor dem Schlachten zu retten. Als dieser kurze Zeit später im zugefrorenen See einbricht und ertrinkt, verliert die hinterbliebene Familie den Halt im Leben. Die Mutter verweigert stoisch das Essen, der Vater flüchtet sich in die Arbeit, und die drei zum Teil noch jungen Kinder werden von jetzt auf gleich sich selbst überlassen.
"Was man Sät" ist einer jener Romane, bei denen es mir unheimlich schwer fällt, eine treffende Rezension zu schreiben. Dieses Buch ist zweifelsfrei erdrückend und eines, in welchem die Fragilität des Menschen auf krasseste Art zur Geltung kommt. Rijneveld erzählt von Eltern, deren Haltlosigkeit im Leben der hinterbliebenen Kindern tiefliegende Furchen hinterlässt und welche komplett orientierungslos durch eine plötzlich unbekannte Welt irren. Die Eltern sind gelähmt vor Schmerz, die drei Kinder voll von unverstanden Gefühlen, welche die Geschwister zu ungewöhnlichen, teils kranken Handlungen antreiben. Rijneveld hat einen expliziten Sprachstil, der sich oftmals ins unerträgliche steigert und den Leser durch seine Detailversessenheit absolut nicht schont. Ungewöhnlich metaphorisch und extrem ausdrucksstark ist "Was man Sät" eine fesselnde Geschichte über Elend, Schuld und Trauer, die einen starken Sog ausübt, meiner Meinung nach aber wirklich zu häufig ins Abstoßende abdriftet. Stellenweise enorm unangenehm zu lesen und definitiv keine leichte Lektüre, die unbedingt Spaß macht. Irgendwie lässt mich der Roman ziemlich ratlos zurück, obwohl ich ihn kaum aus der Hand legen konnte und letztendlich echt ziemlich gut fand.