Ein schöner Coming of Age-Roman mit klugen Überlegung über das Leben
Inhalt: Nach 30 Jahren kehrt Niels das erste Mal in sein Heimatdorf zurück. Der Grund: kein freudiger. Niels Vater, mit dem er Jahre nur sporadisch Kontakt hatte, ist gestorben. In einer Gefühlslage, die ...
Inhalt: Nach 30 Jahren kehrt Niels das erste Mal in sein Heimatdorf zurück. Der Grund: kein freudiger. Niels Vater, mit dem er Jahre nur sporadisch Kontakt hatte, ist gestorben. In einer Gefühlslage, die irgendwo zwischen einer diffusen Trauer und einem Räsonieren über verpasste Gelegenheiten flimmert, muss Niels sich um die Beerdigung und die Auflösung des Hausstandes kümmern – und reist dabei ganz unvermittelt in das Jahr 1990, als für ihn noch alles möglich schien.
Persönliche Meinung: „Der letzte Sommertag“ ist ein Coming of Age-Roman von Marc Hofmann. Erzählt wird die Handlung aus der personalen Perspektive von Niels, wechselweise auf zwei Zeitebenen. Die (chronologisch) erste Zeitebene spielt im Frühjahr/Sommer 1990. In diesem Handlungsstrang begleiten wir Niels mit seinen beiden besten Freunden Ralf und Volker, die 1990 ihren ganz persönlichen Sommer erleben. Die (erste) Liebe spielt dabei eine genau so große Rolle wie (beste) Freundschaften und das (nicht zwangsläufig unbeschwerte) Familienleben. Diese Themen finden sich auch im „Heute“-Handlungsstrang – nur unter anderen Vorzeichen: Niels, Volker und Ralf treffen sich dreißig Jahre nach dem Sommer 1990 in ihrem Heimatdorf Feldhausen wieder. Es ist nun nicht mehr die erste Liebe – sondern zweite oder dritte –, über die gesprochen wird; man ist selbst in die Rolle der Eltern geschlüpft; das Freundschaftsband ist aber weitgehend so fest wie damals. Das Erinnern an das, was war, sowie das Überlegen und Diskutieren über das, was ist oder sein wird, steht hier im Fokus. Eine große Stärke – sowohl im 1990- als auch im Heute-Strang – ist die intensive Vermittlung starker Gefühle. Hoffnung gesellt sich zu Bedenken, Frohsinn steht Melancholie gegenüber und ein „Alles ist möglich“ paart sich mit einem „Hätte ich doch“ (besonders intensiv wird letzteres in Bezug auf Niels‘ Gedanken über die ausgebliebene Aussprache mit seinem Vater vermittelt). Darüber hinaus durchzieht „Der letzte Sommertag“ eine latente Spannung: Man merkt permanent, dass in „Heute“ etwas verschwiegen wird, was 1990 geschah; ein Geheimnis umwirkt die drei Freunde. Dieses Geheimnis bleibt lange Zeit offen, wird dann aber zuletzt mit einer überraschenden Wendung offenbart. Der Schreibstil von Marc Hofmann ist anschaulich und sensibel, sodass sich „Der letzte Sommertag“ flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Der letzte Sommertag“ ein schöner, gefühlvoller Coming of Age-Roman mit vielen klugen Reflexionen über das Leben.