Viva la revolucion!
Heute möchte ich Euch eines der anspruchsvollsten Bücher vorstellen, das ich kenne. Dabei sind es sowohl der Inhalt als auch der Schreibstil, der das Gehirn beim Lesen so richtig auf Trab bringt. Die Rede ...
Heute möchte ich Euch eines der anspruchsvollsten Bücher vorstellen, das ich kenne. Dabei sind es sowohl der Inhalt als auch der Schreibstil, der das Gehirn beim Lesen so richtig auf Trab bringt. Die Rede ist von "Harte Jahre" von Mario Vargas Llosa, der bereits mehrfach bewiesen hat, dass er einer der besten lateinamerikanischen Schriftsteller überhaupt ist. Dem deutschen Leser dürfte das Thema des Buches nicht wirklich geläufig sein, handelt es doch von den politischen Irrungen und Wirrungen zwischen 1945 und 1965 in Guatemala. Da muss man schon sehr Lateinamerika-verliebt sein, um sich da auszukennen.
Dadurch ist mir persönlich der Einstieg in das Buch nicht leicht gefallen. Da die Geschichte im Grunde eine Wahre ist und nur durch wenig Fiktives in einen spannenden Roman gebracht wird, sind die Namen nicht willkürlich, sondern die Protagonisten gab es zu einem Großteil tatsächlich. Und Arbenz, Arevalo und Armas (allesamt Präsidenten in Guatemala) klingen nicht so unterschiedlich, sodass man schnell den Überblick verliert. Dazu kommen die brutalen Zeitsprünge, manchmal kapitelweise, aber - eine unfassbare Passage, die ich dreimal lesen musste - mitunter sogar mehrfach auf einer Seite, nur durch kleine Absätze getrennt. Es dauert also bis man die einzelnen Handlungsstränge versteht und zeitlich einordnen kann. Das Buch spielt die meiste Zeit in Guatemala und beleuchtet die Sicht der unterschiedlichsten Personen im Bezug zur Politik und den zahllosen Putschversuchen und Intrigen. In sehr schlechtem - berechtigt? - Licht steht die USA, die ihre Finger einfach nicht aus den fragilen Machtgefügen in Mittelamerika lassen kann. Vieles ist wirklich so passiert und bei manchem hat Vargas Llosa eben noch sein feines Gespür für Gesellschaft und Dramatik einfließen lassen.
Ab der Mitte des Buches wird es dann wirklich großartig. In der Regel weiß man sofort, wovon ein Kapitel handelt und die gesamte Handlung wird klarer und dadurch im Detail extrem spannend. Vargas Llosa schafft es einem das Gefühl zu geben, dass mindestens ein Teilnehmer jeder Szene in der Realität durch den Autor interviewt wurde. Die Recherche zu dem Buch muss gigantisch gewesen sein. Die Protagonisten sind durchweg großartig skizziert und hervorragend miteinander in Beziehung gesetzt.
Am Anfang las ich langsam, weil es sich etwas zog, am Ende las ich langsam, weil ich nicht wollte, das das Buch endet. Es ist wirklich ein ganz besonderes Buch bei dem immer ein Hauch von 'Viva la revolucion!' durchs Wohnzimmer streicht.
Ein Buch, das durch seinen hohen Anspruch an den Leser sicher nicht für jeden etwas ist. Wer sich aber für Politik, Literatur und Zeitgeschehen interessiert, muss dieses Buch lesen!!!