Emotionaler Familienroman, der zum Nachdenken anregt
Gibt es sie wirklich, die große, ewige Liebe, die allen Widerständen trotzt? Woran erkennt man, um welchen Menschen es sich zu kämpfen lohnt und welchen man lieber ziehen lassen sollte?
Prinzipiell bin ...
Gibt es sie wirklich, die große, ewige Liebe, die allen Widerständen trotzt? Woran erkennt man, um welchen Menschen es sich zu kämpfen lohnt und welchen man lieber ziehen lassen sollte?
Prinzipiell bin ich ein großer Fan von Liebesromanen aller Art. Auch die Protagonisten in Marissa Stapleys Werk "Ein Leben lang lieben" (- die Mittsechzigerin und Ex-Hippie Helen und ihre drei erwachsenen Töchter, die sich Jahr für Jahr im Sommerhaus der Familie treffen -), sind auf der Suche nach genau diesem Glücksgefühl, selbst wenn ihnen das zunächst nicht bewusst ist.
"<< Die Sache mit der Liebe ist die: Sie kann bleiben, aber man muss vorsichtig mit ihr umgehen. Man muss sie behandeln wie das Allerwertvollste, was man hat, man darf sie nie, ebenso wenig wie denjenigen, den man liebt, als selbstverständlich ansehen. Niemals.>>"
Der knapp 400 Seiten umfassende Roman ist in drei große Abschnitte unterteilt, denen jeweils ein stimmungsvolles Zitat vorangestellt ist. Zu Beginn eines jeden Kapitels wird ein Tier vorgestellt, dessen Eigenheiten gerade zum Kontext der Handlung passen. Dieser kreative Einstieg lockerte die Handlung stets auf und war mal etwas ganz Neues – eine tolle Idee! Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, was einerseits einen Einblick in das Denken und Fühlen der verschiedenen Figuren ermöglicht, auf die Leser gerade zu Beginn einer Lektüre jedoch etwas irritierend wirken bzw. den Lesefluss hemmen kann, wenn zu viele unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderfolgen. Jede von Helens Töchtern stammt von einem anderen Mann und natürlich hat dieser rastlose Lebensstil der Mutter auch Ilsa, Liane und Fiona in ihrem Wesen geprägt, so unterschiedlich sie ansonsten auch sind. Wie soll man denn an die wahre Liebe glauben, wenn man im eigenen Zuhause wieder und wieder vorgelebt bekommen hat, dass romantische Beziehungen nicht von Dauer sind, dass Gefühle endlich sind? Kein Wunder, dass Helens Töchter ihre Schwierigkeiten mit diesem Thema haben: Liane sehnt sich nach Stabilität und kann sie in ihrer aktuellen Beziehung nicht finden; Fiona verbirgt ihre Unzufriedenheit mit ihrem scheinbar perfekten Leben hinter einer Tablettensucht, um die Fassade und den schönen Schein zu wahren – und ist entsetzt, als von einem Geheimnis ihres Mannes erfährt; Ilsa stürzt sich (- trotz Ehe -) von einem Flirt in den nächsten und macht auch nicht vor Fionas Ehemann Halt… Probleme über Probleme, es besteht also jede Menge Konfliktpotential.
Eine besondere Art von Liebe jedoch ist unerschütterlich, nämlich jene zwischen einer Mutter und ihren Kindern; diese innige Bindung hebt die Autorin in ihrem Werk letztlich wunderbar hervor. Auch die individuellen Probleme der einzelnen Charaktere werden sehr realistisch beschrieben und wirkten auf mich einfach echt, wie aus dem Leben gegriffen…welches nun mal kein Wunschkonzert ist. Man muss selbst aktiv werden und die Dinge ändern, mit denen man im Grunde seines Herzens unzufrieden ist. Manchmal ist eben ein Neustart nötig. Dass diese Erkenntnis von den Damen nach und nach umgesetzt wird, habe ich sehr begrüßt; man spürt förmlich, wie sie reifen und sich weiterentwickeln.
"Ilsa wusste, dass sie nach Hause gehen und von der Klippe springen musste, auf der sie die ganze Zeit verharrt hatte, selbst wenn sie sich nicht sicher sein konnte, dass sich ihr Fallschirm öffnen und sie fliegen würde."
Die Mischung aus einem eher gemächlich-ruhigen Schreibstil, einem melancholischen Unterton und doch mehr tragischen, negativen Handlungselementen, als ich hinter diesem sommerlich anmutenden Cover erwartet hätte, verleiht dem Roman zwar Tiefe, aber auch eine gewisse Schwere. Trotz dem versöhnlichen Ende blieb ich ein wenig ernüchtert zurück. Ich hatte mir eine beschwingte, im Hauptton fröhliche Geschichte erhofft (ganz im Stil von Sarah Morgans Werk "Die Zeit der Weihnachtsschwestern", in dem zwar auch dramatische Themen wie z.B. Verlust und Trauer Teil der Handlung sind, die Positivität jedoch überwiegt), eine Strandkorblektüre, nach dessen Beendigung ich beherzt das Buch zuklappen würde mit den Worten 'Hach, war das schön!'. Für meinen Geschmack war es etwas zu bedrückend, gar nicht mal im Hinblick auf die Anzahl der Schicksalsschläge, sondern im Gesamtgefühl, welches die Story bei mir hinterließ; ich war gerade einfach nicht auf solch einen (teilweise deprimierenden) Roman eingestellt.
Fazit: Vergangenheitsbewältigung, Beziehungsdramen, Selbsterkenntnis, Umbruchstimmung und zwischendrin die Suche nach der Liebe. Für diese Geschichte sollte man sich viel Zeit nehmen, damit sie ihre tatsächliche Wirkung voll entfalten kann. Ich empfehle sie allen Fans von tiefgründigen Familienromanen.