Alte weiße Männer
Peter kann nicht aus seiner Haut, als alter weißer Mann steckt er fest in den seit Jahrhunderten anerzogenen Geschlechterstereotypen. Seine toxische Männlichkeit macht ihn zum Pflegefall und seine weiblichgelesene ...
Peter kann nicht aus seiner Haut, als alter weißer Mann steckt er fest in den seit Jahrhunderten anerzogenen Geschlechterstereotypen. Seine toxische Männlichkeit macht ihn zum Pflegefall und seine weiblichgelesene Partnerin Maria kümmert sich um ihn. Unterstützung bekommt sie dabei von Ingo/Penelope, ihrer Freundin und verschiedenen Therapeuten, doch bald wird klar, Peter ist wohl ein hoffnungsloser Fall.
Kaum ein Thema hat in der jüngsten Vergangenheit die Gemüter so erhitzt, wie die Genderdebatte. Während es für die Einen der logische Schritt in die richtige Richtung ist, verweigern sich Andere komplett. Auch an Autoren geht die Thematik nicht vorbei und so habe ich bereits Bücher gelesen, in denen zu Beginn ersteinmal darauf hingewiesen wurde, dass das Geschriebene genderkonform ist. In einer SciFi Geschichte wurde so zum Beispiel eine Begfrüßungsformel angewendet, in der man bei der Vorstellung seinem Gegenüber nicht nur den Namen sagt, sondern eben auch direkt die Pronomen mitteilt, mit denen man sich identifiziert. Guten Tag, mein Name ist Doreen, meine Pronomen sind sie/ihr. Vielleicht ist das die Zukunft, vielleicht aber auch etwas völlig anderes.
Autor Mark Jischinski nähert sich dieser Thematik nun auf satirische Weise und damit man ihn hier keinesfalls falsch versteht, ist auf dem Buchrücken direkt eine entsprechende Triggerwarnung zu lesen. Wer also mit Satire nicht so umgehen kann, sollte das Buch besser wieder ins Regal stellen, alle Anderen, Herzlich Willkommen in einer nicht näher bezeichneten Zukunft. Amüsant treibt der Autor es hier auf die Spitze und manchmal sogar ein Stück darüber hinaus, wenn er beschreibt welche irrwitzigen Auswüchse Gleichstellung und Geschlechterneutralität bekommen können. Einer Frau die Tür aufhalten wird so zum Ausdruck männlicher Dominanz und Unterdrückung, Vegetarismus allein aus Gesundheitsgründen gilt als zutiefst egoistisch, schließlich geht es darum die Welt zu retten und nicht nur sich selbst.
Das Lesen war ein sprachliches Vergnügen und man folgt Hauptfigur Peter gern bei seinem Weg von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen. Herrlich, wie er sich immer wieder Schlupflöcher überlegt, oder wie er in Erinnerungen an Zeiten schwelgt, in denen seine Frau noch Gefallen an seiner eindeutigen Männlichkeit gefunden hat (hier wollte ich eigentlich eine weitere Warnung einfügen, aber ich fürchte meine Rezi wäre mit meinem beabsichtigten Wortlaut nicht veröffentlicht worden, sagen wir es mit den Worten des Autors bei einer Lesung - seine Eltern sind anwesend, also muss diese Passage jetzt ausfallen).
Natürlich haben die im Buch beschrieben Thematiken einen ernstzunehmenden Hintergrund, das steht außer Frage. Der ein, oder andere Leser könnte jetzt fragen - Darf der das? Und ja, er darf das, oder sollte es, in einer demokratischen Gesellschaft, die die Meinungsfreiheit hochhält, dürfen. Das Buch ist eine Satire und bedient sich hier eindeutig dem Stilmittel der Übertreibung. Es ist als gesellschaftsrelevante Kritik zu verstehen, aber eben in erster Linie einfach nur als ein humorvolles Leseerlebnis. Manchmal ist ein Buch eben einfach nur ein Buch und dieses noch dazu ein ziemlich unterhaltsames.