Arbeiterfamilie
“Die Arbeiter” von Martin Becker handelt von einer Arbeiterfamilie aus einfachen Verhältnissen in den 80er Jahren, die für ein Reihenhaus in einer Kleinstadt und einen Urlaub an der Nordsee leben.
Mit ...
“Die Arbeiter” von Martin Becker handelt von einer Arbeiterfamilie aus einfachen Verhältnissen in den 80er Jahren, die für ein Reihenhaus in einer Kleinstadt und einen Urlaub an der Nordsee leben.
Mit einem gebrauchten Auto, viel Zigaretten und wenig Geld machen sich die Eltern mit ihrem Nachzügler auf den Weg zu einer Ferienwohnung an die Nordsee. Man kann sich schließlich etwas leisten, auch wenn es nur das Darlehen der Sparkasse ist.
Das Leben der Familie mit vier Kindern, eins davon im Rollstuhl, besteht nur aus Arbeit. Der Vater schuftet für ein bisschen Glück, die Mutter eine Näherin, arbeitet nachmittags am Fließband und kümmert sich um die Kinder. Lisbeth im Rollstuhl und der Nachzügler sind ihre Herzenskinder. Um die beiden wird sich am meisten gekümmert.
Der Roman wird in der Ich-Form des Nachzüglers oder auch “der Kurze”’ genannt, erzählt. Die Eltern sind bereits gestorben, für ihr Leben mit Alkohol, Nikotin, ungesunder Ernährung und Maloche zahlten sie frühzeitig ihren Preis. Der vierzigjährige Nachzügler hat nun selbst Familie und möchte bei seinem Sohn alles anders machen und doch fällt er in die Muster seiner Erziehung.
Die Arbeiterfamilie träumte vom Lottogewinn, bis dahin wurden jedoch die vorhandenen Chancen mit viel Fleiß und Ratenzahlungen genutzt. Ein Sparkassendarlehen zu erhalten und sich etwas leisten zu können, war ausreichend.
Die Familie pflegte keine sozialen Kontakte, hinter vorgehaltener Hand wurde im Ort getuschelt und sie wurden belächelt.
Vergangenheit und Gegenwart werden im Wechsel erzählt; alles hängt unweigerlich zusammen und doch möchte man alles anders machen. Der Autor zieht den Leser in das unaufgeregte Leben und zeigt auf, dass sich eine Trennung zur Vergangenheit nicht so einfach realisieren lässt.
Der Kurze trifft sich nach Jahren mit seiner Schwester Uta in Oostende um sich wieder anzunähern. Uta hat die Familie verlassen, sich kaum gemeldet und erzählt Geschichten von dem Vater als Bestimmer und einer Mutter, die niemals an etwas Schuld war.
Viele Fragen bleiben bei den Treffen der Geschwister offen und erst der große Zusammenhang klärt auf.
Martin Becker erzählt über eine Generation in der für Gefühle oder Gespräche wenig Platz war. Nichts wird glorifiziert- der Alltag wird schonungslos und in seiner Einfachheit beschrieben. Er lässt die Charaktere der Protagonisten real erscheinen, ihre Verhaltensweisen werden sehr detailliert beschrieben und auch das Empfinden der Kinder wird authentisch dargelegt. Emotionen und Werte werden vermittelt, die man in der Gegenwart überdenken sollte.
Der Vater spricht nur ein einziges Mal von “heute haben wir das Glück im Rücken.” Sonst heißt es nur “Das Pech klebt uns wie Scheiße an den Fingern.” (S. 18)
Der Autor schreibt in einem humorvollen, flüssigen Schreibstil über die früheren Arbeiterfamilien, die einfachen Verhältnisse und deren Entbehrungen.
Trotz aller Erschwernisse, Schicksalschläge und Plackerei ist das Leben schön. Und zwischen Zigarettenqualm und Alkohol, wächst die nächste Generation heran.
Eine gelungene Erzählung über die Arbeiter, einem verblassenden Relikt der Vergangenheit.