»Wer immer es ist, den ihr sucht: ich bin es nicht.«
»Wer immer es ist, den ihr sucht: ich bin es nicht.«
Matthias Richters vier „Nachtstücke“ des sog. „Stückeschreibers“, einem fiktiven Alter Ego Bertolt Brechts, sind in den Monaten vor dessen Tod am 14. ...
»Wer immer es ist, den ihr sucht: ich bin es nicht.«
Matthias Richters vier „Nachtstücke“ des sog. „Stückeschreibers“, einem fiktiven Alter Ego Bertolt Brechts, sind in den Monaten vor dessen Tod am 14. August 1956 angesetzt.
Als Lesende treffen wir zuerst auf den „Stückeschreiber“ in der Charité, der sich seinem nahenden Tod bewusst wird. Die folgenden drei „Nachtstücke“ spielen sich überwiegend in Brechts letzter Wohnstätte, der Chausseestraße 125, mit jeweils einem weiteren Hauptgesprächspartner ab.
Dabei wird er u.a. vom Leiter des Aufbau Verlags, Herrn Janka, mit seinen Ansichten des Stalinismus konfrontiert und muss sich mit den Gräueltaten der erst jungen DDR-Diktatur auseinandersetzen.
Auch auf Thomas Mann, welchen er hasserfüllt als Aushängeschild des Bürgertums und des Kapitalismus ansieht, kommen sie zu sprechen. War sein abtrünniger Hass gegen diesen eventuell Neid und eine Art persönliches Eingeständnis, dass seine ganzen Vorwürfe nicht stimmten? Schließlich hatte er nicht mal seine Werke gelesen, aber maßte sich an, darüber zu urteilen.
Dabei schreckt der Autor auch vor unangenehmen Fragen und Brechts Ansichten bezüglich des Kommunismus oder auch Frauen, die teils Widersprüche in sich darstellen, nicht zurück.
Als Lesender stolpert man zuhauf über eingewebte Zitate aus Brechts Werken und bemerkt Matthias Richters Freude am Fabulieren. Das Buch entzaubert das reale Vorbild, hebt ihn von seinem Dichter-Thron und zeigt ihn wie er war: ein Mensch mit unzähligen merkwürdigen, eitlen und teils widerlichen Eigenheiten.
Dabei sind die Vexierspiele dieser fiktiven Gespräche einfach nur grandios!
Schließlich hätten diese genauso stattgefunden haben können, da Brechts Ansichten nicht erfunden, sondern belegt sind.
Wer sich für Brecht interessiert, für den ist das Buch eine große Bereicherung, für alle anderen ist es lohnenswert, sich dem wohl bedeutendsten Dramatiker des letzten Jahrhunderts auf eine ganz persönliche, durchaus fiktive Weise zu nähern.