Ein schönes, ein trauriges Buch
Melitta Brezniks „Mutter. Chronik eines Abschieds“ ist wenig überraschend ein sehr persönliches Buch, gerade für mich, spiegelt es doch viele Gefühle und Gedanken wieder, die mich in den letzten Monaten ...
Melitta Brezniks „Mutter. Chronik eines Abschieds“ ist wenig überraschend ein sehr persönliches Buch, gerade für mich, spiegelt es doch viele Gefühle und Gedanken wieder, die mich in den letzten Monaten mit meiner 2018 an ALS verstorbenen Mama auch begleitet haben. Die Autorin schildert auf sehr berührende, eindringliche Weise den langsamen Abschied, gewährt intime Einblicke in den sich stetig verändernden Alltag mit neuen Ritualen und den immer kleiner werdenden Radius, der unaufhaltsam auf ein Ziel zuläuft. Das widersprüchliche Gefühl, die restliche gemeinsame Zeit so gut wie möglich auskosten zu wollen und gleichzeitig die Luft abgeschnürt zu bekommen, von dieser Schwere; dieser Zwiespalt, den Angehörige von schwer Erkrankten verspüren, den geliebten Menschen einerseits nicht hergeben und andererseits nicht länger leiden sehen zu wollen; das dringliche Bewahren des letzten bisschen Würde im Angesicht der absoluten Machtlosigkeit. Mit großer Zärtlichkeit werden Gefühle beschrieben, die mir nur allzu vertraut sind und die Lektüre für mich dementsprechend schwer und schmerzhaft machten an mancher Stelle. Aber es ist dennoch tröstlich, zu spüren, dass man nicht alleine ist mit der Trauer, sich verstanden und gesehen fühlt. Überhaupt finde ich es sehr interessant zu sehen, wie sehr der Abschied von der Mutter, DER zentralen Figur im Leben eines Menschen, sich zu gleichen scheint; wie vertraut mir vieles war, dass die Autorin schildert, wie deutlich es mir vor Augen stand. Ein schönes, ein trauriges Buch. „Auf dein Leben, Mama.“