Hat mich leider enttäuscht
Ferdinand Hestermann ist leidenschaftlicher Völkerkundler. Alles, was mit Sprachen zu tun hat, fasziniert ihn zutiefst, und so verfügt er über gewaltige Kenntnisse vieler, auch längst ausgestorbener Sprachen. ...
Ferdinand Hestermann ist leidenschaftlicher Völkerkundler. Alles, was mit Sprachen zu tun hat, fasziniert ihn zutiefst, und so verfügt er über gewaltige Kenntnisse vieler, auch längst ausgestorbener Sprachen. Als er eines Tages ein kleines Büchlein findet, in dem jemand handschriftlich Vokabeln des Volkes der Yamana notiert hat, ist er sofort begeistert. Denn wer auch immer das Büchlein verfasst haben mag, lässt mit seinen Notizen eine fremde Welt vor dem inneren Auge Hestermanns auferstehen. Um das Buch, das bald zu seinem wertvollsten Besitz wird, vor den Plünderungen der Bibliotheken während des Nationalsozialismus zu schützen, setzt er sogar sein Leben aufs Spiel.
Woher das Buch ursprünglich kam, weiß Hestermann nicht; der zweite Handlungsstrang widmet sich dem ersten Teil der Geschichte des kleinen Wörterbuchs und spielt in Patagonien, wo der junge Thomas Bridges als Ziehsohn eines britischen Missionars lange Jahre im Stamm der Yamana verbringt.
Ich hatte hohe Erwartungen an das Buch, denn die Idee dahinter hat mich gleich angesprochen. Ein Wörterbuch, das zwei grundlegend verschiedene Menschen miteinander verbindet, das so ergreifend ist, dass beide dafür alles riskieren; das einen weiten Weg zurücklegt und dabei den Schatz eines ganzen Volkes bewahrt.
Leider hat meine anfängliche Begeisterung recht schnell nachgelassen, denn über weite Strecken ist der Roman leider sehr langatmig. Obwohl er sprachlich sehr schön und bildhaft geschrieben ist, habe ich keine Nähe zu den Protagonisten aufbauen können, sie blieben mir das ganze Buch über fremd. Auch wurde das Potential an historischer Themenvielfalt, dass das Buch bietet - Kolonialisierung und Christianisierung der Yamana und deren Aussterben durch eingeschleppte Krankheiten, wachsende Macht und Kontrolle der Nazis währende der 1930er Jahre -, leider nicht ansatzweise ausgeschöpft. Hier bleibt der Autor für meinen Geschmack viel zu nah an der Oberfläche, ich hätte mir deutlich mehr Details und Tiefe gewünscht.
Insgesamt konnte das Buch meine Erwartungen leider nicht erfüllen - der Ansatz ist gut, an der Umsetzung ist er jedoch gescheitert.