Toller, sommerlicher Roman
“Funkensommer” besticht als erstes durch seine wunderschöne Gestaltung. Das Coverfoto ist sehr stimmungsvoll und ist perfekt auf Titel, Inhalt und Zielgruppe des Buches abgestimmt. Besonders ins Auge fällt ...
“Funkensommer” besticht als erstes durch seine wunderschöne Gestaltung. Das Coverfoto ist sehr stimmungsvoll und ist perfekt auf Titel, Inhalt und Zielgruppe des Buches abgestimmt. Besonders ins Auge fällt der knallig gelbe Buchschnitt, der die farbenfroh-sommerliche Aufmachung noch unterstreicht. Nimmt man den Schutzumschlag ab, so kommt der petrolblaue Leineneinband zum Vorschein, dessen Verzierung im Inneren des Buches an jedem Kapitelanfang wieder aufgenommen wird. Hier hat man sich im Verlag wirklich Gedanken über die Präsentation des Buches gemacht, was mir sehr gut gefällt. Oft sind Titel und Innenleben so lieb- und einfallslos gestaltet; da ist es umso schöner, wenn ein Roman sich so von der Masse abhebt.
Der Roman wird aus Hannahs Perspektive in der Ich-Form und im Präsens erzählt. Das und eine sehr leichte, aber dennoch poetische, an die Zielgruppe angepasste Sprache geben dem Leser das Gefühl, sich mitten in der Geschichte zu befinden. Wie Hannah selbst eröffnet sich auch mir erst nach und nach das gesamte Ausmaß und die unglaubliche Tiefe der Handlung. Was wie ein locker-leichter Liebesroman für Teenies beginnt, wandelt sich im Verlauf der Handlung zu einer Geschichte über die verschiedensten Themen. So wird zum Beispiel das Leben auf einem Bauernhof geschildert, wie es wirklich ist. Hier wird keine ländliche Idylle gemalt, sondern davon erzählt, wie die Bauern im täglichen Konkurrenzkampf miteinander ihre Ernte einbringen müssen, wie abhängig sie vom Wetter und der Mithilfe ihrer Kinder sind. Und mir als Stadtkind wurde auch sehr schnell bewusst, wie Hannah sich fühlen muss. Für eine 16-Jährige muss sie schon viel Verantwortung übernehmen, denn ihr älterer Bruder Raphael kann seit einem Unfall vor einigen Monaten nicht mehr auf dem elterlichen Hof mithelfen.
Trost findet Hannah, neben der Freundschaft zu Jelly, vor allem in der aufkeimenden Liebe zu Finn. Als Sohn eines Vaters, der erwartet, dass der Sprössling einmal den elterlichen Betrieb übernimmt, kann er nachempfinden, wie sie sich fühlt. In zahlreichen Treffen an dem kleinen Waldsee nähern die beiden sich an, doch irgendwie scheint es eine Menge unerwarteter Hindernisse zu geben, die den beiden das Leben schwer machen. Da wäre zunächst Lena mit ihren blonden Engelslocken, die sich ebenfalls in Finn verliebt hat und zu allem Überfluss arbeitet Raphael, der seit seinem Unfall zu Jähzorn neigt, auch noch im Betrieb von Finns Vater und zieht die Beziehung der beiden gar nicht gern. So wird die Zuneigung der beiden immer wieder aufs Neue auf die Probe gestellt – eine Belastung, an der die Liebe zu zerbrechen droht.
Die Zeichnung der Charaktere ist Michaela Holzinger gut gelungen. Hannah war mir sofort sympathisch, ihre Trotzreaktionen gegenüber ihren Eltern und ihre Unsicherheit im Umgang mit ihrer ersten großen Liebe Finn waren für mich sehr glaubhaft dargestellt. Auch Raphael ist eine Figur, die ich gut nachvollziehen kann. Seit seinem Unfall ist er für die eigenen Eltern jemand, der Sorge und Mitleid zugleich auslöst. Er fühlt sich pausenlos kritisch beäugt; der Traum vom eigenen Bauernhof ist für ihn wie eine Seifenblase zerplatzt. Hilflos muss er zusehen, wie seine kleine Schwester Hannah nun seinem Platz einnehmen muss, obwohl sie die Arbeit auf dem Hof hasst und lieber Tierärztin als Bäuerin werden möchte.
Und dann ist da noch die Jelly, die eigentlich Jellena heißt und aus Bosnien stammt. Sie und ihre Mutter sind es, die mit ihrer Geschichte eine ungeahnte Tiefe in die Handlung bringen. Bereits im Prolog wird angedeutet, dass die beiden ein Geheimnis umgibt, das eng mit der Legende von der Moorhexe verknüpft ist. Für den Leser – wie für Hannah auch – ergibt diese eine Szene zwischen den beiden Mädchen erst am Ende des Romans einen Sinn. Es ist eine traurige Szene, mit einem ernsten Thema, die verdeutlicht, wie wichtig Familie und Freundschaft sind. Ins Detail geht die Autorin hier nicht, vermutlich auch mit dem Blick auf ihre Zielgruppe, aber dennoch bleibt man als Leser nachdenklich und heiter zugleich zurück, denn trotz aller Probleme ist “Funkensommer” eben auch die Geschichte einer zarten ersten Liebe. Ich werde die Autorin und die Neuerscheinungen des Verlags jetzt auf jeden Fall im Auge behalten.
Fazit: Ein sommerlich-leichter Jugendroman mit einem ernsten Unterton, der ein wenig an die Romane von Isabel Abedi erinnert