Eine Hommage an eine tolle Frau
Wer den Namen Margarete Schütte-Lihotzky hört, denkt unwillkürlich an die „Frankfurter Küche“. Diese Erfindung wird die großartige Architektin bis an ihr Lebensende beinahe „stigamtisieren“. Sie selbst ...
Wer den Namen Margarete Schütte-Lihotzky hört, denkt unwillkürlich an die „Frankfurter Küche“. Diese Erfindung wird die großartige Architektin bis an ihr Lebensende beinahe „stigamtisieren“. Sie selbst sagt häufig empört „Ich bin keine Küche".
Margarete Schütte-Lihotzky ausschließlich auf die „Frankfurter Küche“ zu reduzieren, hieße Perlen vor die Säuer werfen.
Wer war sie nun wirklich?
Die 1897 in eine Wiener bürgerliche Familie hinein geborene Margarete war ihr ganzes Leben lang irgendwo die erste Frau. Sei es als Studentin oder als frei schaffende Architektin. Gegen viele Widerstände geht sie ihren Weg. Sozialkritisch und immer darauf bedacht, berufstätige Frauen zu entlasten, was ihr durch durchdachte Planung ihrer Wohnungen und Häuser gut gelingt. Nicht alle ihre Entwürfe werden tatsächlich gebaut.
In der Zwischenkriegszeit geht sie mit einer Gruppe engagierter Architekten nach Russland. Entgegen den Erwartungen erhält sie auch dort weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Letztlich wird nur der Arbeitsvertrag ihres Mannes verlängert, dennoch arbeitet sie ohne Bezahlung an diversen Projekten. 1940 kehrt sie, nach einem Aufenthalt in Istanbul, nach Wien zurück. Ihr Mann bleibt in der Türkei.
Den Nazis kann und will sie sich nicht anschließen. Sie tritt 1939 in die Kommunistische Partei ein und engagiert sich im Widerstand. Sie wird verhaftet und entkommt mit knapper Not der Hinrichtung.
Nach dem Krieg erhält sie in Österreich keine öffentlichen Aufträge - die Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei verhindert das während des Kalten Krieges. Das ist so typisch für diese Zeit. Währen die ehemaligen Nazis ihre nach wie vor bestehenden Netzwerke nützen können, verlässt Margarete Schütte-Lihotzky Österreich. Sie baut Kindergärten, Schulen und Sozialbauten in Kuba, der DDR und in China.
Erst in den späten 1950er Jahren gelingt es ihr, einige öffentliche Gebäude in Österreich zu planen.
Auch im hohen Alter hat sie politisch engagiert. Spät, aber doch, hat sie zahlreiche Ehrungen erhalten.
Wenige Tage vor ihrem 103. Geburtstag stirbt die Pionierin in Wien.
Meine Meinung:
Mona Horncastle hat für diese Biografie penible Recherchen angestellt und rief in den Archiven gewühlt. Herausgekommen ist ein Bild einer großartigen Frau, die sich nur nicht und niemanden verbiegen hat lassen, auch wenn es sie beinahe das Leben gekostet hätte.
Was mich noch mit Margarete Schütte-Lihotzky verbindet? Ich habe nur einen Häuserblock von ihrer elterlichen Wohnung (Hamburger Straße 14) entfernt, einen Teil meiner Kindheit verbracht und, meine Dienststelle steht genau auf jenem Grundstück in der Schiffamtsgasse, in dem das Gestapo-Gefängnis für Frauen stand, in dem Margarete Schütte-Lihotzky inhaftiert war. Ach ja, bei einem Architekten habe ich auch einige Zeit gearbeitet.
Ich habe bereits vor einiger Zeit ihr Buch „Warum ich Architektin wurde“ gelesen.
Fazit:
Eine Hommag an eine große Frau, die nicht auf die Erfindung der „Frankfurter Küche“ reduziert werden sollte. Für diese Biografie gebe ich ein unbedingte Leseempfehlung und natürlich 5 Sterne.