The Old Dominion State
Peggy, eine überzeugte Lesbe besucht ein Frauencollege im Virginia der Sechziger. Dort unterrichtet auch Lee, schwuler Literaturprofessor und Sohn einer wohlhabenden und alteingesessenen Familie. So weit ...
Peggy, eine überzeugte Lesbe besucht ein Frauencollege im Virginia der Sechziger. Dort unterrichtet auch Lee, schwuler Literaturprofessor und Sohn einer wohlhabenden und alteingesessenen Familie. So weit so gut, doch plötzlich beginnen die beiden eine stürmische Liebesbeziehung, aus der rasch eine Ehe und zwei Kinder, Byrdie und Mickie, hervorkommen. Doch die Ehe scheint ein einziger Interessenkonflikt und dementsprechend lange hält die Ehe auch. Peggy bricht aus, packt ihre Tochter Mickie ein, und flieht in den Südosten Virginias, um sich dort ein neues Leben als schwarze Mutter mit einer schwarzen Tochter aufzubauen.
Das Reizvolle an dem Buch war für mich von Anfang an, die Aussicht, dass das angestammte Bild von Vorstadtleben mit Mutter, Vater, Kind, das wir alle beim Gedanken an das Amerika der Sechziger und Siebziger vor Augen habe, rasch auf radikale Art und Weiße auf den Kopf gestellt werden würde. Und dementsprechend dauerte es nicht lange, bis die Autorin ihre Leserschaft mit unkonventionellen Gedankengängen und Taten ihrer Protagonistin schockiert. Das Faszinierende dabei ist dann aber auch, dass Nell Zink darauf verzichtet, sich intensiver damit zu beschäftigen, den Finger in die Wunde der damaligen konventionellen Missstände zu legen, sondern einfach mit rasantem Tempo im Leben Peggys weiter voranschreitet. Ungewöhnlich und stilistisch einzigartig. Im Generellen schafft es Nell Zink ihre Protagonist:innen so zu gestaltet, dass diese zwar als lebensechte und nahbare Sympathieträger erscheinen, auch wenn ich beim Lesen immer wieder das Gefühl hatte, dass diese bewusst ein wenig auf Distanz gehalten werden, um so Gefäße für die Rebellion und das Dasein einer ganzen Generation an Menschen zu schaffen, die aus der Norm ihrer jeweiligen Mehrheitsgesellschaft fallen und deren Leben deshalb in jeglicher Weiße aus der Norm fällt. Und dies ist meiner Meinung nach gut gelungen. Und so findet man auf der einen Seite dutzende Denkanstöße darauf, was in den Köpfen der damaligen Amerikaner:innen, aber auch in denen vieler noch heute lebenden, eigentlich falsch läuft. Darüber hinaus findet man sich auch immer wieder Stellen, an denen man sich selbst in den Protagonist:innen wieder erkennt. Das Ende hat mich allerdings ein wenig enttäuscht, denn dieses erschien mir viel zu rasch abgehandelt und ich fand mich stellenweise ein wenig ratlos und alleingelassen. Kurzum: das Ende war für meinen Geschmack zu kurz, gehetzt und ein wenig realitätsfremd - also auf dem Level, bei dem bei mir eine unsichtbare Grenze des Wohlbefindens überschritten wurde.
Dennoch ist das Buch definitiv ein must read und ich bin beinahe rundum begeistert.