Ausflug ins England der 60er Jahre
Nick Hornby hat einen historischen Roman geschrieben: In „Miss Blackpool“ greift der Popliterat die Geschichte der 60er Jahre in England auf – ein Jahrzehnt voller Umbrüche, Reformen und Konflikten – und ...
Nick Hornby hat einen historischen Roman geschrieben: In „Miss Blackpool“ greift der Popliterat die Geschichte der 60er Jahre in England auf – ein Jahrzehnt voller Umbrüche, Reformen und Konflikten – und schafft gleichzeitig eine Hommage an die goldenen Fernsehjahre in dieser Zeit. Titelheldin des Romans ist Barbara aus Blackpool. Barbara ist ein „funny Girl“ (so lautet der Originaltitel des Romans). Sie möchte eine berühmte Komikerin werden und sie weiß, dass sie Talent hat. So lehnt sie den Titel zur Schönheitskönigin in ihrem nordenglischen Heimatkaff ab und verschwindet nach London. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten: Vom Fleck weg wird sie für eine Comedy-Serie engagiert, die bald Kultstatus erreicht und Barbara wird zu einem Fernseh-Star. Allerdings dreht sich der Roman nicht allein um Barbara und ihre Karriere. Im Zentrum der Geschichte steht vielmehr die fiktive Sitcom „Barbara (and Jim)“. Eine für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Serie, die immer wieder moderne Themen und auch politische Diskussionen aufgreift. Die Macher der Serie versuchen immer wieder, sich gegen alte Konventionen und Moralvorstellungen durchzusetzen. Daneben gewährt Hornby seinen Lesern einen Blick in das Privatleben des Serienteams (angefangen von den Schauspielern über den Produzenten bis hin zu den Drehbuchautoren) und fängt somit ganz gut den Zeitgeist der 60er Jahre ein. Ein Jahrzehnt, das auch eine Zeit des Aufbruchs in England war: Homosexualität wird legalisiert, das „Nacktmusical“ Hair wird uraufgeführt und der „Theatres Act“ hat vorher noch verfügt, dass es erlaubt sei, bei Bühnenaufführungen Brüste zu zeigen. Hornby erzählt sehr alltagsnah; die Dialoge sind zum Teil recht rasant, schlagfertig und spitzfindig. Garniert ist alles mit einem sehr feinen Humor. Zum Teil liest sich der Roman tatsächlich wie eine Sitcom. Schade fand ich, dass ein Großteil der Figuren doch recht blass bleibt – zu sehr hat sich Hornby darauf konzentriert ein ganzes Milieu zu beschreiben. Im Großen und Ganzen aber ein guter, auch unterhaltsamer Roman über die 60er Jahre in England aus Sicht der Fernsehbranche. Ein Hornby, der mal ein bisschen anders ist.