Eine reale Dystopie in ihren Kinderschuhen
„Schönes neues Geld“ kommt daher wie eine moderne Dystopie. Aber es ist keine Dystopie, denn das Beschriebe ist auf dem Weg bald Realität zu werden.
Norbert Häring berichtet in seinem Buch mit zahlreichen ...
„Schönes neues Geld“ kommt daher wie eine moderne Dystopie. Aber es ist keine Dystopie, denn das Beschriebe ist auf dem Weg bald Realität zu werden.
Norbert Häring berichtet in seinem Buch mit zahlreichen Quellangaben über die Absicht bekannter Finanzunternehmen wie PayPal, Mastercard, Amazon, Microsoft usw. das Bargeld abzuschaffen, um wie man so schön sagt den Menschen gläsern zu machen. Unter dem Deckmantel Korruption und Schwarzgeld bekämpfen zu wollen, wird die Freiheit des anonymen Bezahlens mit der finanziellen Inklusion vorangetriben. Angestrebt wird aber etwas viel Perfideres: Die Identifikation einer Person über verschiedene Datenbanken hinweg wie Krankenkassen, Meldeämter, private Einrichtungen und Versicherungen. Unsere Daten sind pures Geld wert, und deshalb wollen Finanzunternehmen auch möglichst viel über den individuellen Menschen wissen, um ihn und seine Finanzkraft in einem Rating bewerten und entsprechend sanktionieren zu können.
Untermalt wird die Absicht der finanziellen Inklusion, also die Abschaffung des baren Geldes, mit drei besonders prägnanten Beispielen: Indien, Afrika und China.
In Indien wurden über Nacht seitens der Regierung die gängisten Rupien-Scheine für ungültig erklärt. Zeitgleich wurden hohe Rupien-Scheine eingeführt, die de facto jedoch wertlos sind, es es kein Wechselgeld gibt, um mit diesen einen Gütertausch betreiben zu können, was die Menschen dazu zwingt digitalen Zahlungsverkehr zu nutzen.
Über Afrika berichtet Häring, dass Finanzunternehmen der Bevölkerung Bankkonten bereitstellt, deren Bankkarten gleichzeitig als biometrisches Ausweisdokument wie der deutsche Personalausweis fungieren. Dort ist es also so, dass Finanzdienstleister die Funktion von Meldeämtern/Behörden übernehmen. Sowas wäre in einer etablierten Demokratie undenkbar!
Mit China hat der Autor das bisher heftigste Beispiel bereitgestellt. Dort ist die systematische Abschaffung von Bargeld im Zuge eines höheren Ziels bereits nahezu abgeschlossen. Ziel ist die Vernetzung öffentlicher, beruflicher und privater Stellen im Sozialpunktesystem Chinas. Punkte bekommt man, indem man sich systemkonform und parteizugewandt verhält, Schulden fristgerecht zurückzahlt und bescheiden lebt. Punkte abgezogen bekommt man, wenn man oft krank ist, über seine Verhältnisse wirtschaftet, dem Alkohol zu stark zugeneigt ist, und bei Rot die Straße überquert – vollumfassende Videoüberwachung macht es möglich. Dort hat der Staat Einsicht in nahezu das gesamte Privatleben. Wo der Staat bestimmt, was gekauft werden kann, hat er auch die Macht es individuell zu verbieten, und wer sich nach chinesischen Vorzeigeansichten „daneben“ benimmt, wird beispielsweise damit sanktioniert, keinen guten Arbeitsplatz oder eine gute Wohnung zu erhalten oder dass er keine Flug- oder Bahntickets mehr kaufen kann.
Und der große Initiator dahinter ist kein geringerer als die USA mit den Errungenschaften des Silicon Valley. Warum und mit welchen weiteren Mitteln sowie Strukturen die Vereinigten Staaten den gläsernen Menschen durch die Abschaffung des Bargeldes formen wollen, lest besser selbst. Auch, wenn ich nun bereits viel zu diesem Buch geschrieben habe, werdet ihr die Köpfe schütteln, wenn ihr es selbst lest.
Es ist sehr erschreckend zu lesen, was uns bevorsteht. In Industrienationen wie Deutschland muss eine Demokratie überwunden werden. Aber fest steht: Aufzuhalten ist dieser Vorgang, der bereits in anderen Gegenden der Welt längst vollzogen ist, nicht. Ich finde es jedoch wichtig sich darüber zu informieren und die Vorgänge (zumindest im Ansatz, auch wenn man kein Wirtschaftsexperte ist) zu verstehen.