Großer Bruder Zorn
Großer Bruder ZornWedding, ein Bezirk in Berlin, der unterschiedliche Kulturen und gesellschaftliche Gruppierungen beherbergt. Dort spielen sich tagtäglich Szenen ab, die man nicht nur aus dem Fernsehprogramm einiger fragwürdiger ...
Wedding, ein Bezirk in Berlin, der unterschiedliche Kulturen und gesellschaftliche Gruppierungen beherbergt. Dort spielen sich tagtäglich Szenen ab, die man nicht nur aus dem Fernsehprogramm einiger fragwürdiger Sender kennt. In dem Roman von Johannes Ehrmann durchstreifen verlorene Seelen das Viertel, alkoholisierte Menschen verprassen ihren letzten Euro in der Kneipe und jeder versucht seine Probleme beiseite zu schieben, zu vergessen oder zu beherrschen.
Der verschuldete Aris plant die ultimative „Fight Night“, mit der er zu Geld kommen muss. Einige seiner Kumpels und andere zwielichtige Gestalten des Bezirks sollen im Ring zeigen was ihre Fäuste können und Aris will Moneten sehen.
Serdar ist einer der Boxer, die in den Ring steigen werden. Er boxt sogar den Hauptkampf gegen den „Wikinger“, den Anführer der Rockerbande, die es auf ihn abgesehen hat. Doch nicht nur die Vorbereitung auf den Kampf beschäftigt Serdar. Auch privat hat er so einiges zu klären, was ihm Kopfzerbrechen bereitet.
Jessi, die alleinerziehende Mutter, die im Netto an Kasse drei sitzt, hat sich in Aris verguckt. Schon immer hatte sie Pech mit den Männern und muss zusehen, wie sie durch den Alltag kommt und ihrer kleinen Tochter ein halbwegs angenehmes Leben bieten kann. Als Aris im Supermarkt plötzlich vor ihr steht und sie anspricht ahnt sie noch nicht, welch Enttäuschung sie später zu verarbeiten haben wird.
Während alle anderen Protagonisten sich um ihren Kram kümmern, plant Heinz Hönow in seinem stillen Kämmerlein sich zu rächen, schmiedet einen Plan und will jegliche Verluste in Kauf zu nehmen.
Die Protagonisten in Ehrmanns Buch sind Menschen, mit denen man sich entweder nicht abgeben würde, die man mitleidig anschaut oder an denen man eher schnell vorbei läuft, da sie oftmals nicht in das eigene Leben/Bild passen. Alle haben ihre Probleme, Ängste, Geldsorgen und müssen irgendwie durch den Tag kommen, welcher fast immer den selben Trott mit sich bringt.
Die Geschichten der Protagonisten sind miteinander verwoben und es ist spannend zu lesen, wie diese tatsächlich zusammenhängen und sich entwickeln. Zudem ist die Sprache außergewöhnlich, da hier sehr umgangssprachlich geschrieben wird. Am Anfang ist dies etwas gewöhnungsbedürftig, doch zu der Story absolut passend und es fördert die Vorstellungskraft, sich in dieses Milieu hineinzuversetzen. Ich fühlte mich gut unterhalten, obwohl ich einige wenige Szenen als langatmig empfunden habe, doch die realitätsnahe Geschichte hat mich in seinen Bann gezogen.