Herz auf Eis
Herz auf EisLouise und Ludovic haben sich dazu entschieden eine einjährige Auszeit zu nehmen und zu einer Reise rund um die Welt aufzubrechen. „Jason“, ihr Schiff, soll Sie an entlegene und außergewöhnliche Ziele ...
Louise und Ludovic haben sich dazu entschieden eine einjährige Auszeit zu nehmen und zu einer Reise rund um die Welt aufzubrechen. „Jason“, ihr Schiff, soll Sie an entlegene und außergewöhnliche Ziele bringen, wie zum Beispiel eine unbewohnte Insel vor Kap Hoorn. Hier entscheidet das Paar an Land zu gehen und die Insel ein wenig zu erforschen. Sie haben hierfür nicht allzu viel Zeit, denn ein Sturm zieht über dem Meer auf, doch der Nervenkitzel und die Abenteuerlust überwiegen, was ihnen jedoch zum Verhängnis wird. Sie schaffen es nicht rechtzeitig von der Insel runterzukommen und der Sturm erfasst diese mit voller Wucht. Beide suchen Zuflucht in einer längst verlassenen Walfangstation und müssen am nächsten Morgen entsetzt feststellen, dass ihre „Jason“ nicht mehr am Horizont zu erkennen ist.
Versteinert stehen beide am Strand und können nicht fassen was ihnen zugestoßen ist. Panik breitet sich aus, diverse Horrorszenarien durchströmen ihre Gedanken und beide wissen, dass nun ein Kampf ums Überleben beginnt. Womöglich wird keine Menschenseele vor dem nahenden Winter diese Insel aufsuchen und schlimmer noch, kein Mensch weiß, wo sich Louise und Ludovic aufhalten.
Schnell realisieren die Gestrandeten, dass sie sich um Nahrung und eine sichere Bleibe kümmern müssen. Schnell kocht die Wut und Verzweiflung hoch und ebenso schnell geraten die Liebenden aneinander. Sie machen sich gegenseitig Vorwürfe, streiten sich, gehen aufeinander los und müssen dem psychischen und physischen Druck dieser enormen Ausnahmesituation standhalten, um nicht verrückt zu werden und unüberlegte Dinge, die sie eventuell das Leben kosten könnten, zu tun. Nichtsdestotrotz müssen gravierende Entscheidungen getroffen werden, die das Überleben womöglich sichern könnten.
Die Autorin hat mich mit diesem Roman definitiv emotional gefesselt und ich bin von ihrer bildlichen Sprache sehr angetan. Es war, als wäre ich selber dabei gewesen und hätte die Insel um mich herum gesehen und all die beschriebenen Gerüche wahr genommen. Ich konnte mit den Protagonisten sehr gut mitfühlen und fand es außergewöhnlich, dass die Autorin weder die Handlungen von Louise noch die von Ludovic verurteilt hat. Hier wird dem Leser ein enormer Freiraum zur Selbsteinschätzung und Meinungsbildung gewährt. In dieser Extremsituation, wo all der bisher gekannte Luxus im Nichts verschwindet, werden ganz existenzielle Fragen in den Vordergrund gestellt. Der Überlebenskampf wird unabdingbar und viele Dinge, wie die Liebe und das Vertrauen, bleiben auf der Strecke, da man sich auf das Wesentliche, hier u.a. der Beschaffung von Nahrung, konzentrieren muss. Die Autorin stellt diese menschlichen Veränderungen deutlich in den Vordergrund, so dass sich Leser noch besser in die Situationen hineinversetzen können. Zudem wirft sie im zweiten Abschnitt des Buches einen ausführlichen und interessanten Blick auf die Zeit nach der Strandung auf der Insel.
Der Psychothriller, welchen ich im Rahmen einer privaten Leserunde gelesen habe, hat bei allen Teilnehmenden lange nachgewirkt und wir haben uns alle gefragt, wie es uns wohl in solch einer Extremsituation ergangen wäre.