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Veröffentlicht am 16.01.2017

Alleine bist du nie

Alleine bist du nie
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Wer kennt das nicht? Man ist morgens auf dem Weg zur Arbeit und nimmt jeden Tag den gleichen Bus, die gleiche Bahn, hat seinen bevorzugten Steh- oder Sitzplatz und ist in den öffentlichen Verkehrsmitteln ...

Wer kennt das nicht? Man ist morgens auf dem Weg zur Arbeit und nimmt jeden Tag den gleichen Bus, die gleiche Bahn, hat seinen bevorzugten Steh- oder Sitzplatz und ist in den öffentlichen Verkehrsmitteln nur so von Mitreisenden umgeben oder gar regelrecht zwischen ihnen eingequetscht. Nichts ahnend fährt man die gleiche Strecke tagein, tagaus, tagein, tagaus... und merkt nicht, dass man die ganze Zeit von einem wildfremden Menschen beobachtet und jede noch so kleine Handlung genaustens von diesem inspiziert wird.

So ergeht es Zoe, einem der Hauptcharaktere des Buches. Sie ist alleinerziehende Mutter und lebt mit ihren Kindern und ihrem Freund in einem Vorort von London. Zoe entdeckt eines Abends auf dem Nachhauseweg ein Foto von einer Frau in der Tageszeitung, die ihr sehr ähnlich sieht. Das Foto ist auf einer Seite mit diversen Sexhotlines und sonstigen Kontaktanzeigen veröffentlicht und nur mit einem Link zu einer Website abgedruckt. Mehr und mehr kommen ihr Zweifel und letztendlich ist Zoe der festen Überzeugung, dass es sich bei dem unvorteilhaften Foto tatsächlich um sie handelt. Keiner in ihrem Umfeld will ihr so recht glauben. Der Lebensgefährte versucht sie zu beruhigen und sucht nach einer logischen Erklärung, doch Zoe meldet sich trotzdem bei der Polizei, denn sie fühlt sich zunehmend verfolgt und beobachtet. Als es dann auf einem Bahnsteig zu einem beunruhigenden Zusammentreffen mit einem Fremden kommt, ist sie vollends verwirrt und hat Angst um ihr Leben.

Währenddessen werden in London Fälle gemeldet, bei denen Frauen brutal missbraucht oder gar ermordet worden sind. Die Polizei übernimmt die Ermittlungen, kann aber keinen Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Delikten herstellen. Eine Polizistin, Kelly, die sich ihren Ruf nach einer Suspendierung wieder hart erarbeiten muss, nimmt Zoes Ängste und Hinweise ernst. Mit Zoes Hilfe setzt sie ein Puzzle zusammen, welches tiefgreifend und erschütternd ist. Es gab nämlich noch mehr Fotos in der Tageszeitung, welche spätere Opfer eine Straftat abgebildet haben und es kommt regelmäßig ein neues Foto einer Frau hinzu. Doch welche Frau wird tatsächlich das nächste Opfer sein und von wem geht diese Bedrohung aus? Was haben all diese Frauen gemeinsam und was hat es mit der ominösen Website auf sich?

Die Autorin spielt mit einer schleichenden Angst, einer Beklemmung und inneren Unruhe, die von Kapitel zu Kapitel wächst. Während des Lesens wurde mir immer mehr bewusst, dass mir selber etwas Ähnliches, wie all den Frauen in dem Buch, jederzeit passieren könnte. Im Zeitalter der Social Media, der Handys und sonstiger Spyware kann jeder immer und überall beobachtet werden, wenn es jemand tatsächlich darauf ankommen lässt. Wir sind sozusagen nie allein und wissen nicht, was all die Menschen um uns herum, sei es am Bahnsteig, in der Bahn, im Internet oder auf der Straße, denken, tun und planen.

Ich habe mich bei der Lektüre gut unterhalten gefühlt und fand die Idee zur Story sehr aktuell und interessant. Der fließende Schreibstil hat hier sein übriges getan, die Charaktere waren zumeist angenehm, das Ende war nicht allzu vorhersehbar und die Aufteilung der Kapitel und entsprechende Cliffhanger haben mir sehr zugesagt und zum Weiterlesen animiert. Ich hatte zu Beginn lediglich ein wenig Probleme die Namen der Charaktere auseinanderzuhalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Recherche
  • Spannung
  • Schreibstil
Veröffentlicht am 08.01.2017

Mit meinem ganzen Leben

Mit meinem ganzen Leben
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Rora kehrt mit ihrer kleinen Tochter in ihre Heimatstadt Hastings zurück, da ihr Vater im Sterben liegt und womöglich nur noch wenige Wochen zu leben hat. Das Verhältnis zwischen den beiden ist alles andere ...

Rora kehrt mit ihrer kleinen Tochter in ihre Heimatstadt Hastings zurück, da ihr Vater im Sterben liegt und womöglich nur noch wenige Wochen zu leben hat. Das Verhältnis zwischen den beiden ist alles andere als harmonisch, denn nach dem Freitod ihrer Mutter hat sich der Vater aus dem Staub gemacht und die kleinen Rora musste bei ihrer Großmutter aufwachsen. Sie hat dem Vater nie verziehen, dass er sie mit all dem Schmerz zurückgelassen hat und ist nun sehr skeptisch und zurückhaltend was ihre Zusammenkunft nach all den Jahren angeht. Ihre Tochter tut sich überhaupt nicht schwer mit der Kontaktaufnahme zu ihrem Opa, den sie das erste Mal in ihrem Leben sieht und begegnet ihm mit einem kindlichen Leichtsinn ohne voreingenommen zu sein.

Rora hingegen fühlt sich zunächst nicht wohl in dem Haus, nicht wohl in der Nähe ihres Vaters und sie fürchtet sich vor einer Begegnung mit ihrer Jugendliebe, die sehr intensiv und prägend für sie war, jedoch unglücklich und ad hoc zu Ende ging. Mit der Zeit nähern sich Vater und Tochter jedoch wieder einander an, führen Gespräche, öffnen ihre Herzen und bereuen ihre Fehler, die sie nicht mehr wiedergutmachen können. Begegnungen mit alten Weggefährten bleiben nicht aus, eine neue Liebe tritt in Roras Leben, doch auch die alte Liebe sucht den Weg zu ihr und inmitten eines Gefühlschaos versucht Rora den richtigen Weg für sie uns ihre Tochter im Leben zu finden.

Das Buch „Mit meinem ganzen Leben“ ist sehr intensiv, dramatisch und teilweise etwas überspitzt geschrieben. Es gibt immer wieder Zeitsprünge in die Vergangenheit von Rora, in welcher der Leser all ihr Leid und die Schicksale erfährt, die ihr widerfahren sind. Es gibt natürlich Menschen, die unverhältnismäßig viele Schicksalsschläge erfahren und verarbeiten müssen, jedoch ist die Anhäufung ebendieser in dem Buch doch etwas too much. Aufgrund dessen ist die Stimmung während des Lektüre doch sehr gedrückt und melancholisch. Es erzeugt eine gewisse Grundtraurigkeit, die auf den Leser übergeht, was ich als belastend empfand. Das Buch hat Tiefgang, die Idee gefällt mir und es wird versucht starke und nicht einfache Themen aufzugreifen, doch wurde hier meines Erachtens leider etwas über die Stränge geschlagen.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Vergissmeinnicht war gestern

Vergissmeinnicht war gestern
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Wenn Frau mit 46 Jahren wegen einer jüngeren Frau vom Lebensgefährten verlassen wird, im Zuge dessen den Job und die Wohnung verliert und nun lernen muss auf eigenen Beinen zu stehen und der Unsicherheit ...

Wenn Frau mit 46 Jahren wegen einer jüngeren Frau vom Lebensgefährten verlassen wird, im Zuge dessen den Job und die Wohnung verliert und nun lernen muss auf eigenen Beinen zu stehen und der Unsicherheit der Zukunft ins Auge zu blicken, dann sind Kummer und Sorgen vorprogrammiert. Genauso ergeht es Marieke, die kurzfristig in die leerstehende Wohnung einer Freundin ziehen konnte und nun ihre Einsamkeit mit voller Wucht zu spüren bekommt.

Glücklicherweise ist sie in einem Wohnblock untergekommen, in dem die Nachbarn sehr großen Wert auf eine funktionierende Gemeinschaft legen und gegenseitig auf sich aufpassen, sich helfen und sich um Haus und Hof inklusive Garten kümmern. So findet Marieke schnell einen Anschluss und fühlt sich mit der Zeit immer wohler in der neuen Umgebung, obwohl ihr Ex ihr immer noch nicht aus dem Kopf geht. Er schreibt ihr Emails und sms und möchte mit ihr sprechen, aber Marieke kann ihm einfach noch nicht unter die Augen treten. Ihre Schwester, eine Paartherapeutin, rät ihr dazu wieder Kontakt zu ihm auszunehmen und in das gemachte Nest möglichst bald zurückzukehren, doch Marieke blickt nach vorne, knüpft Freundschaften und erregt die Aufmerksamkeit eines attraktiven Bewohners des Hauses, der sie gekonnt aus misslichen Lagen befreit und ihr Herz erwärmt. All die Erfahrungen, die Unterstützung und kleinen Freunden des Alltags, die die Bewohner miteinander teilen, lassen Marieke zu einer starken und selbstbewussten Frau werden, die sich immer mehr aus dem Kokon des sicheren Hafens befreit und versucht endlich eigene Wege zu gehen.

Wer einen Wohlfühlroman sucht, ist mit dem Buch „Vergissmeinnicht war gestern“ bestens bedient. Die Autorin schafft eine angenehme Atmosphäre, liebenswerte Charaktere und lässt den Leser am Leben einer modernen Patchwork-Familie teilhaben, die aus nicht miteinander verwandten Personen besteht und dessen Mitglied man gerne wäre. Der Roman lässt die Freude auf den kommenden Frühling wachsen, in dem man endlich wieder im eigenen Garten tätig werden und relaxen kann. Das Buch lässt sich sehr gut lesen, beinhaltet jedoch auch Handlungen, die meines Erachtens nicht so ganz zu dem Verhalten einer erwachsenen Frau passen, die stramm auf die 50 zugeht und eher im Teeniealter angesiedelt sind. Ungeachtet dessen ist es ein schönes Buch, in der gute Ideen verarbeitet worden sind.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Das Zimmer

Das Zimmer
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Björn ist ein junger und engagierter Mann, der in der neuen Abteilung einer großen Behörde durch eine korrekte und effektive Arbeitsweise schnell beruflich aufsteigen möchte. Ziel ist es, früher oder später ...

Björn ist ein junger und engagierter Mann, der in der neuen Abteilung einer großen Behörde durch eine korrekte und effektive Arbeitsweise schnell beruflich aufsteigen möchte. Ziel ist es, früher oder später Chef ebendieser Abteilung zu werden. Björns Arbeitstag ist durchstrukturiert, die Pausen minutiös geplant und eine Abweichung von seinen Regularien ist unerwünscht. So hält er auch kaum Kontakt zu den neuen Arbeitskollegen und vermeidet unnötigen Small Talk.
Die Fassade fängt an zu bröckeln, als Björn zwischen dem Fahrstuhl und den Toiletten der Abteilung ein Zimmer entdeckt. Dieses penibel aufgeräumte und saubere Zimmer irritiert ihn zunächst und wird dann zu seinem Rückzugsort. Verwundert darüber, dass kein anderer Kollege dieses Zimmer nutzt, erklärt er es zu seinem Ort der Ruhe und empfängt dort die besten Ideen. Tag für Tag geht Björn in das Zimmer – in sein wundervolles, stilles Zimmer.
Als er zu einer Besprechung in das Büro seines Chefs gerufen wird, trifft er dort auch all seine Kollegen an. Diese verstehen nicht, warum Björn enorm viel Zeit auf dem Flur verbringt und wie ein Irrer vor sich hin starrt. Völlig irritiert erzählt er von dem Zimmer und kann es nicht glauben, als alle behaupten es gäbe dieses Zimmer gar nicht. Eine hitzige Diskussion entsteht und es steht Aussage gegen Aussage.
Dieses sehr kurzweilige Buch hat mir unglaublich gut gefallen. Der Schreibstil ist sehr angenehm und die Thematik interessant. Die Story ist so schön verwirrend, dass man sich als Leser tatsächlich oft fragt, ob es dieses besagte Zimmer nun gibt oder eben nicht. Das Buch ist gespickt mit sarkastischen und witzigen Sprüchen und spielt mit der Phantasie des Lesers.

Veröffentlicht am 03.12.2016

Winterrosenzeit

Winterrosenzeit
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Hans-Peter, ein Jura-Student, lebt in einem beschaulichen Dorf in Deutschland und schwärmt für die Musik der Beatles. Sein Adoptivvater und Bürgermeister des Dorfes hält nicht viel von dem Jungen und erst ...

Hans-Peter, ein Jura-Student, lebt in einem beschaulichen Dorf in Deutschland und schwärmt für die Musik der Beatles. Sein Adoptivvater und Bürgermeister des Dorfes hält nicht viel von dem Jungen und erst recht nicht von seinen Jeans, den längeren Haaren und der Hottentottenmusik, die seiner Ansicht nach den Charakter der Jugend verdirbt. So muss sich Hans-Peter diverse Sticheleien und und gar böse Worte gefallen lassen, doch trotz alldem lässt er sich nicht von seinem Plan abbringen. Er will unbedingt die Beatles in England live sehen und hat hierfür fleißig Geld angespart, um diese Reise antreten zu können.
Zwanzig Jahre sind seit dem Krieg vergangen und noch immer spürt man die Ablehnung gegen Deutsche und heißt diese oftmals nicht willkommen. Hans-Peter hat jedoch Glück auf seiner Reise nach England und wird per Anhalter von einer Gruppe Jugendlicher mitgenommen, die ebenfalls zu dem Konzert der Beatles fahren. Hier lernt er die quirlige und hübsche Ginny kennen und verfällt sofort ihrem Charme. Ginny ist Rosenzüchterin und arbeitet im Familienbetrieb, der an das herrschaftliche Anwesen in einer ländlichen Gegend, angrenzt. Dort lebt sie mit ihrer Mutter, Großmutter und ihrem aus Deutschland stammenden Vater, welcher während der Kriegszeit furchtbare Dinge erlebt hat und nicht über diese sprechen möchte.
Nachdem sich Ginny und Hans-Peter näher kommen, werden erste Befürchtungen, die Familie von Ginny könnte Hans-Peter aufgrund seiner Herkunft ablehnen, wach und das junge Glück muss um seine gemeinsame Zukunft bangen.

Ricarda Martin hat wieder ein sehr emotionales, herzerwärmendes und spannendes Buch geschrieben, welches durch einen tollen Schreibstil, sympathische Charaktere und viel Abwechslung in den Kapiteln besticht. Aufgrund der sehr guten Beschreibungen der Szenen und Menschen ist man als Leser mitten drin im Geschehen, macht eine imaginäre Zeitreise in die 60er Jahre und mag das Buch kaum aus der Hand legen. Zeitweise habe ich beim Lesen die Luft anhalten müssen, weil ich so von der Story gefesselt war. Das Buch behandelt viele unterschiedliche Themen, wobei die Liebe von Ginny und Hans-Peter natürlich im Vordergrund steht. Einiges ist hier vorhersehbar und in manchen Kapiteln gibt es einen Hauch zu viele Zufälle, aber dies ist alles ausgesprochen gut in die Geschichte eingearbeitet worden, so dass es dem Lesevergnügen keinesfalls schadet. Ich habe „Winterrosenzeit“ sehr gerne gelesen und kann es in jedem Fall weiterempfehlen.