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Veröffentlicht am 01.07.2018

Eine Zeitreise nach Berlin während der Weimarer Republik

Heute keine Schüsse
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So macht Geschichte richtig Spaß und ist anregend, interessant uns spannend... Brigitte Krächan ist mit ihrem Buch "Heute keine Schüsse" ein Coup gelungen: durch die sehr gut gelungene Verknüpfung der ...

So macht Geschichte richtig Spaß und ist anregend, interessant uns spannend... Brigitte Krächan ist mit ihrem Buch "Heute keine Schüsse" ein Coup gelungen: durch die sehr gut gelungene Verknüpfung der historischen Ereignisse mit dem (fiktiven) Tagebuch von Walter Schachtschneider bekommen die - teils - bekannten Fakten und Daten der Zeit bis 1933 eine menschliche Komponente. Wir erfahren die Auswirkungen der Politik auf verschiedene Familien, wir erleben ihr Denken und Fühlen ganz "hautnah".
Ich habe durch dieses Buch erstmals richtig "begriffen", wie verschieden die Reaktionen, Hoffnungen und Wünsche, Befürchtungen und Ängste der Menschen nach dem 1. Weltkrieg und der Abdankung des Kaisers: " Seine Majestät der Kaiser und König haben sich entschlossen, dem Throne zu entsagen" und der Ausrufung der Demokratie: " Es lebe das Neue. Es lebe die deutsche Republik" (beide Zitate vom 9.11.1918, S. 72) waren.
Wir erleben z.B. mit, welche einschneidenden Veränderungen die Reparationszahlungen auf die Bevölkerung hatte, wir erfahren, wie es sich anfühlt, wenn ein Brot 4,5 Millionen Mark kostet. " Ein Brot für ein Wäschekorb voll Geld" (S. 175).
Wir sehen selbst, wie und warum die NSDAP (und Hitler) erst langsam und schleichend, später dann rasant und offen in der "Mitte der Gesellschaft" ankommt. Dieser Aspekt hat mich persönlich besonders betroffen gemacht: bisher hatte ich den Wahlerfolg Hitlers 1933 als "Entgleisung" der deutschen Geschichte mit Unverständnis betrachtet, jetzt muss ich feststellen, dass die Weimarer Republik mit ihren ständigen politischen "Querelen" eine Politikverdrossenheit hervorgerufen hat, die einem "starken Mann" den Boden bereiten konnte - eine Warnung an die heutigen Entwicklungen!
Beeindruckt und nachdenklich gemacht hat mich ein Zitat der Autorin auf dem Klappentext: " Ich habe mich oft gefragt, was wir aus der Geschichte gelernt haben und ob es uns gelingen wird, das Gelernte auch anzuwenden." Ja, das frage ich mich nach der Lektüre dieses Buches auch...
Jedem. der sich für die deutsche Geschichte interessiert, wird dieses Buch von mir wärmstens empfohlen und ich will hier eine ganz deutliche Leseempfehlung aussprechen!

Veröffentlicht am 14.06.2018

Vom Tortenwurf zum Mord - ostfriesische Mentalität?

Wem Ehre gebührt
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"Wem Ehre gebührt" ist der 2. Krimi von Rainer Kottke - ich kannte den 1.Band nicht, habe aber sehr schnell und ohne Probleme die Personen kennen (und lieben-) gelernt.
Jo Buskohl ist eigentlich Musiker ...

"Wem Ehre gebührt" ist der 2. Krimi von Rainer Kottke - ich kannte den 1.Band nicht, habe aber sehr schnell und ohne Probleme die Personen kennen (und lieben-) gelernt.
Jo Buskohl ist eigentlich Musiker einer Band, hat sich aber vor kurzem als Detektiv selbstständig gemacht. Sein Hauptauftraggeber
ist das Leeraner Modehaus Göttberg, dessen Inhaber auch gleichzeitig der Vater von Jos Freundin Constanze ist.
Aber nun hat Jo einen Auftrag "an Land gezogen", der nicht mit dem Göttberg in Zusammenhang steht: ein ehrenwerter Leeraner Bürger hat festgestellt, dass verfängliche und pikante Fotos seiner kürzlich verstorbenen Tochter im Intenet kursieren. Sein Verdacht fällt auf seinen Schwiegersohn, der in Frankreich an der Opalküste lebt. Also kombinieren Jo und Constanze einen Wochenendtrip mit Ermittlungsarbeit.
Zeitgleich fliegen im Göttberg anlässlich einer Lesung die Tortenstücke: der frühere Deutschlehrer des Gymnasiums hat einen Roman geschrieben, der auf dem Weg auf die Bestsellerlisten und zur Hollywood-Verfilmung ist. Diese Lesung findet durch den gut gezielten Wurf der Sahneteilchen (immerhin in der Konditorei vom Göttberg gekauft!) ein jähes Ende... Und der Inhaber ist natürlich empört, dass "sein" Detektiv gerade abwesend ist...
So, aber mehr wird von der weiteren Handlung hier nicht verraten...
Mit Hilfe von Constanze und den Mitgliedern seiner Band gelingt es Jo natürlich, die verschiedenen losen Enden zu einem soliden Handlungsstrang zusammenzufassen - bis hin zum überraschenden Ende. Wenn Jo nicht weiter weiß oder ihn die Selbstzweifel packen - auf sein "Team" ist in jedem Fall Verlass, denn Jo ist ein Mensch mit "Ecken und Kanten", kein mit dem "Mainstream" schwimmender Detektiv...
Rainer Kottke schafft es, uns Leser*innen mit Spannung und einer Prise Humor (manchmal ein kleines Augenzwinkern) durch den Sumpf einer Kleinstadt ("Leer ist überall") mit allen Eifersüchteleien, Intrigen, Animositäten, Konkurrenzkämpfen, Neid und Missgunst zu lotsen - bis hin zu dem oben erwähnten Mord. Aber Jo kann ein positives Netzwerk als Bollwerk dagegen setzen...
Dem Autor ist es gelungen, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten und er beschreibt die Personen so lebendig, dass man das Gefühl hat, sie gestern gerade getroffen zu haben...
Ich hoffe sehr auf einen neuen Fall für Jo (den 1. Band werde ich mir sicher besorgen), aber für dieses Buch spreche ich jetzt schon einmal eine klare Leseempfehlung aus - vielleicht warten wir ja demnächst gemeinsam auf ein neues Werk von Rainer Kottke!

Veröffentlicht am 14.06.2018

Ein Mord in Lower Saxony....

Eine Leiche für Perrot
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C'rysta Winter hat mit "Eine Leiche für Perrot" einen Krimi in allerfeinster Agatha-Christie-Tradition geschrieben.
Frau Winter stellt ihre Akteure liebevoll und detailliert vor (man muss sie alle einfach ...

C'rysta Winter hat mit "Eine Leiche für Perrot" einen Krimi in allerfeinster Agatha-Christie-Tradition geschrieben.
Frau Winter stellt ihre Akteure liebevoll und detailliert vor (man muss sie alle einfach mögen!) vor und beschreibt den Mordschauplatz ("ein historisches Hofgelände, eingebettet in Heidekraut- und
Heidschnucken-Idylle") so intensiv, so dass ich das Gefühl hatte,
Teilnehmerin dieses "Spektakels" zu sein.
Achille Perrot, Enkel des großen Hercule will eigentlich seinen Freund, John Harold Jeff, den Späteren, besuchen. Jeff ist der Enkel des legendären Chief Inspector Japp und getreu der Familientradition in den Polizeidienst eingetreten, allerdings durch die "Liebe in das Land der Heideköniginnen verschlagen".
Anders als sein Großvater bezeichnet sich Achille als " Weltbürger", aber er teilt dessen Vorliebe für makellose Kleidung, blütenweiße Taschentücher und ist stolz auf seine "kleinen grauen Zellen". Mir erschien er auch sehr viel bescheidener als sein Großvater... dafür manchmal auch etwas ungehaltener!
Achile und Jeff müssen den Mord an der "hinreißend schönen" Lady Lucy Atterberry klären, die während ihrer Feier zu ihrem 10. Hochzeitstag (Erneuerung des Eheversprechens) im Beisein der Gäste heimtückisch ermordet wird.
Achille und Jeff befragen Gäste, prüfen Motive, suchen die Mordwaffe - und wir als Leser immer an ihrer Seite. Wir leiden mit Jeff, der sich in der sommerlichen Hitze nach einem dunklen englischen Bier sehnt, wir schütteln gemeinsam mit den beiden unsere Köpfe über ungenaue Zeugenaussagen und wundern uns auch über das merkwürdige Verhalten der Angehörigen... Das Geschehen lädt zum Miträtseln ein...
Kurz vor dem Finale - genau wie sein Großvater versammelt Achille alle Verdächtigen um sich, aber diesmal nicht in einem Salon oder Bibliothek - hatte ich keine "heiße Spur" und tappte wie alle (selbstverständlich außer Achille) noch vollkommen im Dunklen... Nein, auf diesen Täter / diese Täterin und diese Mordwaffe wäre ich nie gekommen!


Ich wurde durch das Buch sehr gut unterhalten, witzige Dialoge, überraschende Wendungen und Auftritte, eine feine (englische?) Ironie und durchweg eine etwas altmodische Sprache runden das Lesevergnügen ab. Dieses Buch ist unbedingt weiterzuempfehlen! Der Satz auf dem Buchumschlag "Der erste Fall des Enkels" lassen mich auf eine Fortsetzung hoffen - ich bin auf jeden Fall dabei!

Veröffentlicht am 06.06.2018

Eine junge Frau zwischen Verzweiflung und Vergeltung...

Gleis der Vergeltung
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Lynn und Benedikt wollen heiraten, sie sind glücklich. Lynns Vater freut sich, dass seine Tochter endlich wieder lachen kann. Sie planen ihre Hochzeit entgegen allen Konventionen, die Lynns Mutter als ...

Lynn und Benedikt wollen heiraten, sie sind glücklich. Lynns Vater freut sich, dass seine Tochter endlich wieder lachen kann. Sie planen ihre Hochzeit entgegen allen Konventionen, die Lynns Mutter als wichtig erachtet. Doch am Hochzeitstag verunglückt Benedikt tödlich, als er Lynn zur Hochzeitszeremonie abholen will ...
Auch sieben Jahre später ist Lynn noch in ihrem Trauma gefangen: „Ich leide unter Angstzuständen, aber nicht erst seit Benedikts Unfall. Die Angst umfließt mich. Ewig.“ (S. 12)
Da bekommt sie einen Anruf von Tilda, die ihr berichtet, sie sei Augenzeugin des Unfalls gewesen: Benedikts drei Freunde wären unter Alkoholeinfluss darin verwickelt gewesen. Sie hätten sich ihrer Schuld jedoch nicht gestellt, sondern ihr Leben glücklich weitergelebt.
„Und ich lebe in meiner stillen Wohnung, gemeinsam mit meinen Erinnerungen, meiner Trauer und meiner Wut. Mit der Erinnerung und dem Schmerz kannst du leben, aber die Wut entwickelt sich zu einer eitrigen Wunde.“ (S. 84 /85) Lynn ist entsetzt. Sie springt auf, auf den Zug der Vergeltung...

Astrid Korten hat mit „Gleis der Vergeltung“ einen Psychothriller der Extraklasse verfasst, der seine Leser durch ein wahres Labyrinth eines komplizierten Schienennetzes geschickt zur Endhaltestelle lenkt. Diese „Zugfahrt“ ist ausgesprochen spannend, mitreißend und regt seine Leser immer wieder an, selbst eine Lösung finden zu wollen: Warum meldet sich die Augenzeugin erst nach sieben Jahren? Warum ist Lynn immer noch so verstört und traumatisiert? Warum hat sie nach Benedikts Tod erneut ihre Fähigkeit verloren, Gefühle und Liebe zu empfinden? Helfen ihr Rache und Vergeltung tatsächlich, ihr eigenes Leben zurückzuerobern? Wird Lynn zur Mörderin oder ist sie in ihrer Schutzlosigkeit Opfer einer perfiden Manipulation? Möchte jemand ihr Leben zerstören – warum? Soviel sei verraten: diese Fragen sind am Ende alle gelöst...

Astrid Korten zeigt uns die spannende Chronik eines Verbrechens mit all seinen Facetten. Sie wertet nicht und bedient keinerlei Klischees. Die ureigenen Phantasien bestimmen das Kopfkino des Lesers ...

Ein Buch, das bei mir noch lange nachwirken wird und das ich – glaube ich – auch nicht vergessen werde. Deshalb gibt es von mir eine absolute Leseempfehlung für alle, die auch bei einem Psychothriller einem ernsten Thema nicht aus dem Weg gehen wollen!