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Veröffentlicht am 05.03.2019

Der erste King, der mich wirklich enttäuscht zurück lässt.

Erhebung
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Scott nimmt rasend schnell ab. Sein korpulentes Aussehen ändert sich trotzdem nicht. Und noch unheimlicher: Wenn er auf die Waage steigt, zeigt sie jeweils das gleiche Gewicht an, egal wie viel er momentan ...

Scott nimmt rasend schnell ab. Sein korpulentes Aussehen ändert sich trotzdem nicht. Und noch unheimlicher: Wenn er auf die Waage steigt, zeigt sie jeweils das gleiche Gewicht an, egal wie viel er momentan trägt, ob Kleidung oder gar Hanteln. Scott hat Angst, dass man ihn zum medizinischen Versuchskaninchen macht. Aber er muss es jemand erzählen. Zu Dr. Ellis hat er Vertrauen, aber auch der weiß keinen Rat....(Klappentext)

✯✯✯✯✯

"Stellten die Zeiger an einer Uhr und die Zahlen auf einer Badezimmerwaage nicht nur den Versuch dar,
unsichtbare Kräfte zu messen, die sichtbare Wirkungen hatten?
Die dürftige Bemühung, eine größere Wirklichkeit zu erfassen, die darüber hinausging,
was ein gewöhnlicher Mensch sich als Wirklichkeit vorstellte?"
(S. 23)


Scott ist ein Riese von einem Mann und der Ranzen hängt ordentlich über den Gürtel. Trotzdem zeigt die Waage stetigen Gewichtsverlust an - 1/2 kg täglich, Tendenz steigend. Ob nun mit oder ohne Bekleidung, oder ob er in sich hineinfrisst als gäbe es kein Morgen, die Kilos schwinden auf der Waage...NUR auf der Waage. Den Gewichtsverlust sieht man Scott keineswegs an.
Er weiht seinen Freund und ehemaligen Arzt Dr. Bob (kurzer Dschungelcamp-Aufblitzer) in diese mysteriöse Sache ein, denn langsam aber sicher bekommt er Panik.

So viel zur Story, welche durchaus interessant und nach einem typischen King klingt. Zugegeben, ich dachte beim Lesen des Klappentextes an "Thinner", ein Stephen King-Roman aus dem Jahr 1984, doch das war es auch schon mit der Gemeinsamkeit, denn es passiert hier im Grunde rein gar nichts, zumindest bezüglich dieses mysteriösen Problems.
Man erfährt weder wieso, weshalb, warum, noch woher dieser Gewichtsverlust kommt. Auch den Protagonisten scheint es mit der Zeit nicht mehr zu interessieren. Ist ja eh wurscht, wiegt er eben irgendwann überhaupt nichts mehr. Stattdessen etnwickelt sich diese Novelle zu einem politischen Statement Kings.

"Er hatte die Messungen abgelehnt, weil Doctor Bob sicher nicht nur die Muskeldichte, sondern auch das Gewicht bestimmen wollte,
und Scott hatte eine Ahnung gehabt
- vielleicht war es auch ein tief greifendes Körperbewusstsein -,
sie sich nun als korrekt erwies.
Nach einem reichlichen Abendessen, gefolgt von einem nahrhaften Snack, wog er nur noch gut neunzig Kilo.
Der Prozess beschleunigte sich."
(S. 64)


Die Story spielt in der Kleinstadt Castle Rock, welche normalerweise von skurrilen Figuren nur so wimmelt. Diesmal wird Castle Rock jedoch von typisch amerikanischen Kleinstädtern bevölkert - engstirnig, intolerant und verdammt christlich. Die zwei Lesbierinnen sind eine Ausnahme und werden natürlich von diesen Hinterwäldlern diskriminiert und angefeindet. Und dies ist auch das große Thema dieser Novelle.

">>Sie ist lesbisch. Wahrscheinlich wäre das okay, wenn sie es für sich behalten würden
- was hinter geschlossenen Türen passiert, interessiert bekanntlich niemand -,
aber sie legt Wert drauf, die Köchin vom Frijole als ihre Ehefrau vorzustellen!...<<"
(S. 45)


Versteht mich nicht falsch. Ich finde es verdammt wichtig gegen Homophobie und allgemein gegen jegliche Intoleranz einzustehen, diese Thematik auch in Romanen zu verarbeiten, aber bitte nicht wie Stephen King in dieser Novelle.
Zum einen hatte ich das Gefühl, dass es einfach nur ein lieblos hingerotztes Werk ist, welches Tiefe vermissen lässt. Gerade diese Thematik, wenn wir schon beim Stoff der Intoleranz bleiben, hat etwas besseres verdient.
Zum anderen strotzt diese Novelle von gerade einmal 143 Seiten regelrecht vor Klischees. Da hätten wir natürlich die typisch amerikanischen Vollpfosten aus der Kleinstadt, dann der Held, welcher sich gegen diese biersaufenden und Flanellhemd-tragenden Intelligenzallergiker stellt und dabei sein eigenes Problem völlig vergisst, und dann natürlich die beiden Lesbierinnen, wobei eine ein schüchternes Mäuschen ist, während die andere die Kampflesbe wie aus dem Buche verkörpert.
Natürlich wendet sich am Ende alles zum Guten und das durch eine einzig kleine Aktion seitens unseres Helden, welche innerhalb weniger Minuten die beschränkten Homophobiker und deren eingefahrenes Weltbild bekehrt. Jaaa, klar.
Bei der Klappentext-Story tut sich hingegen nichts. Der Leser bleibt diesbezüglich im Unklaren und dann ist das Buch auch schon zu Ende - Klappe zu, Affe tot.

Fazit:
Das Einzige was mir nach Beenden des Buches durch den Kopf ging war: "WTF, was für eine hingerotzte Scheiße!" So etwas bin ich von King absolut nicht gewohnt und daher auch dementsprechend enttäuscht. Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Diese King-Novelle kann man sich also getrost sparen.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 04.03.2019

Eine beklemmende, spannende und zugleich philosophische Novelle.

Und dein Leben, dein Leben
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»Du bist Schriftstellerin. Dann orchestriere meinen Mord doch fiktiv. Wie würdest du es machen, mh?«
Er trat einen Schritt auf sie zu. Sie wich nicht zurück.
»Es ist ganz leicht«, sagte er. »Man muss nur ...

»Du bist Schriftstellerin. Dann orchestriere meinen Mord doch fiktiv. Wie würdest du es machen, mh?«
Er trat einen Schritt auf sie zu. Sie wich nicht zurück.
»Es ist ganz leicht«, sagte er. »Man muss nur wissen, wie. Schau.« Er nahm ihre Hand und legte sie sanft auf seine pochende Halsschlagader. Er schwitzte leicht. Mit sanftem Druck führte er sie zu seinem Herzen....
(Klappentext)

〥〥〥〥〥

"Doch die Perversion ist in uns verankert, in uns allen.
Sie können sich einen Anzug, eine Fliege und teure Schuhe anziehen, sich rasieren und parfümieren,
aber das mörderische Tier kriegen sie niemals aus sich heraus."
(S. 55)


Gleich zu Beginn sollte erwähnt werden, dass dieser Roman nicht ohne Trigger-Warnung auskommt und dieses Buch daher nicht für jeden geeignet sein könnte.
Trigger: Die Geschichte thematisiert Mord, sexuellen Missbrauch, Selbstmord und Gewalt im Elternhaus.

Carmen lebt in einem Bootshaus und zelebriert, umgeben von Wald und Gewässer die Einsamkeit. Sie liebt das Morbide und Makabere und freut sich, wenn sie sich ängstigt oder zufällig über eine Leiche stolpert, um dieses Erlebnis sogleich beruflich zu verarbeiten. Carmen ist Krimiautorin und das mit Leidenschaft und schreiben ist ihr Leben. Eines Tages scheinen jedoch die Geschichten ihrer Bücher real zu werden. Ein Mörder findet den Weg in ihr Bootshaus und da ganz und gar nicht zufällig. Aus dieser Begegnung entspinnt sich ein faszinierendes Gespräch, welches hinter die Fassade von Carmen blicken lässt und diese ist äußerst düster.

"Sie hatte sich angewöhnt, manchmal Selbstgespräche zu führen, um die Stille zu vertreiben.
So sehr sie die Einsamkeit liebte, manchmal fürchtete sie sich vor dem Wahnsinn."
(S. 11)


Diese Story kommt mit nur wenigen Figuren aus, diese sind jedoch mit einer Tiefe gezeichnet, die man nur selten in Büchern findet.
Eine Schriftstellerin und ein Serienkiller, beide vom Charakter her von gesellschaftlichen Normen abweichend, beide grundverschieden und doch haben sie so manches gemein. Diese beiden, und allen voran der Serienkiller, werden nicht ver- oder beurteilt, sondern regen den Leser an über das Böse im Menschen zu sinnieren. Ja, selbst das Böse ist hier nicht das Böse. Es ist was es ist - eine menschliche Eigenschaft, die in jedem von uns schlummert und sich mehr oder weniger im Laufe des Lebens entwickelt, bzw. entwickeln KANN.

"Sie war irre!
Aber sie wollte sich nicht dagegen wehren, denn sie war, wie sie war
und es gab nichts Schöneres, als das zuzugeben."
(S. 78)


Die Story selbst ist spannend, düster und ebenso fern des Mainstreams wie die Charaktere selbst. Es fängt, meiner Meinung nach, zwar etwas holprig an, entwickelte sich im Verlauf jedoch zu einem packenden Pageturner und endet mit einer völlig unerwarteten Wendung. Schade eigentlich, denn diese beiden Charaktere beinhalten Stoff für einen ganzen Roman. Zu gerne wäre ich mit ihnen noch im Bootshaus verweilt und hätte ihnen gelauscht. Dies ist vor allem auch dem Schreib- und Erzählstil der Autorin geschuldet. Flüssig und klar, inklusive unglaublicher Wortgewalt mit teils philosophischen Zügen in beklemmender Atmosphäre, führt die Autorin den Leser durch diese Geschichte, welche einen auch nach dem Schließen des Buches nicht mehr loslässt.

Fazit:
Das Buch, bzw. die Story hat mich regelrecht mitgerissen und lässt mich auch jetzt noch nicht los. Diese Novelle hat eine fesselnde Story, tiefsinnige Charaktere fern von 08/15, eine beklemmende Atmosphäre und philosophische Wortgewalt, welche einen zum Nachdenken anregt. Ich will mehr! Mehr von solchen Stories, mehr von dieser Autorin!!

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 27.02.2019

So viel mehr als nur DIY-Projekte und Hygge-Deko

Handmade Hygge
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Die Dänen gehören zu den glücklichsten Menschen auf der Erde. Der Grund dafür ist "Hygge" - die dänische Lebenskunst.
Sich es zu Hause gemütlich zu machen, bei einer Tasse Kakao Wind und Wetter zu trotzen, ...

Die Dänen gehören zu den glücklichsten Menschen auf der Erde. Der Grund dafür ist "Hygge" - die dänische Lebenskunst.
Sich es zu Hause gemütlich zu machen, bei einer Tasse Kakao Wind und Wetter zu trotzen, das Leben zu genießen und sich Zeit zu nehmen für sich selbst und seine Lieben - all das und viel mehr bedeutet "Hygge". Mit diesem Buch hast du es nun selbst in der Hand, "Hygge" in dein Leben zu holen.
In ihm findest du mehr als 40 Näh-, Strick- und Häkelprojekte zum Wohlfühlen. Was kann hyggeliger sein als dein Handarbeitsprojekt, für das du den hektischen Alltag vergisst und in dem du bei einer Tasse Tee ganz versinken kannst? Es geht nicht um Perfektion - das Hauptziel ist "Hygge". Und das Schönste ist: Wenn das Projekt fertig ist, verbreitet es weiterhin "Hygge", noch jahrelang.
Neben den Handarbeitsprojekten bekommst du in kurzen Texten von der in Dänemark lebenden Autorin Carmen Wedeland einen authentischen, stimmungsvollen Einblick in den Hygge-Kosmos...
(Klappentext)

❄❄❄❄❄

"Hygge ist eine Stimmung, eine Situation, sie verbindet Gemütlichkeit, Wohlfühlen, Entspannung und Heimeligkeit."
(S. 6)


Für manche ist der Hygge-Trend schon ein alter Hut, während ich diesen gerade erst für mich entdeckt habe. Das liegt daran, dass bei mir allgemein gerne Trends sang- und klanglos an mir vorbei marschieren. Bei manchen Trends ist das durchaus nicht verkehrt, wie z.B. der Trend von Karottenhosen in Hochwasser-Länge oder die Bücher im Regal nach Farben zu sortieren. Kurz gesagt - Trends sind für mich nicht immer nachvollziehbar und werden daher von mir auch gerne mal ignoriert.

Diesem Hygge-Trend kann ich jedoch durchaus etwas abgewinnen, da dies endlich einmal ein nützlicher Trend ist. Es ist ein Trend, der uns lernt das Leben zu genießen, es zu entschleunigen und mehr auf uns zu achten. Das wir dafür einen Trend aus Dänemark brauchen, welcher bei diesen ein einfaches Lebensgefühl ist, ist zwar in gewisser Weise traurig, aber wenn's hilft kann man nun echt nichts dagegen sagen.

"Hygge ist wunderbar im Winter, sie ist Weihnachtsduft und Schnemmannbauen.
Hygge fühlst du im Frühling, wenn du Ostereier bemalst und Beete anlegst.
Und Hügge schmeckt herrlich im Sommer: nach Grill, nach Bowle und Blumenduft..."
(S. 22)


Das vorliegende Buch ist aus dem Frech-/Topp-Verlag und daher speziell für Selbermacher angelegt. Vor allem für diejenigen, welche gerne die Strick- und Häkelnadeln schwingen und sich hinter der Nähmaschine entspannen. Das Buch beinhaltet 40 (!!) Näh-, Strick- und Häkelprojekte, für Anfänger ebenso, wie auch für Profis.

Zugegeben, wenn man sich als DIY-Anhänger oft im Internet Anregungen holt, stolpert man hin und wieder über Altbekanntes, aber die Aufmachung dieses DIY-Hygge-Buches macht dies allemal wieder wett.
Die Projekte sind nach Wohnraum eingeteilt.
Z. B.: Topflappen und Sitzkissen für die Küche, Decke und Sitzhocker für das Wohnzimmer, Haustierbett und Kissen für das Schlafzimmer, Badematte und Körbchen für das Bad.

Hiebei bekommt man auch gleichzeitig Tipps, wie man diese Räume behaglich gestalten kann. Auch DIY-Anleitung für Kleidung und Accessoires sind vorhanden, wie z.B. für Pullover, Fäustlinge und natürlich Socken. Für die Nähprojekte sind natürlich auch Schnittmusterbögen vorhanden. Die Anleitungen sind übrigens wirklich sehr leicht verständlich beschrieben.

Man erhält hier jedoch nicht nur DIY-Anleitungen, sondern es wird einem zu Beginn auch der Begriff Hygge näher gebracht und wie man dieses dänische Feeling bei sich einziehen lassen kann. Es ist nämlich kein Deko-Trend, sondern wirklich ein Gefühl und bedeutet für jeden etwas anderes. Man wird angeregt, die Einfachheit schätzen zu lernen, dieses Hygge-Gefühl in sich zu entdecken, es zu zelebrieren und zu feiern - individuell und vor allem das ganze Jahr hindurch.

Von Jul bis zum Johannisfeuer, Sommer wie Winter. Es ist also ein Buch, in welchem man das ganze Jahr hindurch schmökern kann.
Was Hygge für die Dänen bedeutet, liest man an den vielen Zitaten, welche ebenfalls ihren Weg in dieses Buch gefunden haben.

">>Hygge lässt sich genauso schwer definieren wie Liebe.
Wir alle wissen, was es ist, aber der Begriff ist so luftig und weit,
dass jeder seine persönliche Erklärung dafür findet.<<"
(Kaj Jessen - S. 101)


Die stimmungsvollen und wunderschönen Bilder machen das Schmökern zusätzlich zu einem wahren Genuß und man kann diese Bilder wunderbar auf sich wirken lassen.

Fazit:
Dieses Buch löst alleine beim Durchblättern schon ein gewissen Hygge-Gefühl in einem aus.
Ich habe schon zwei Projekte daraus nachgemacht - die Untersetzer und die Socken. Da dieses Buch aber noch viele weitere wunderschöne und vor allem auch nützliche Wollprojekte beinhaltet, werde ich sicher noch einiges mehr daraus nachstricken- und häkeln (Nähen ist nicht so mein Ding).
Ich stöbere aber auch immer wieder gerne einfach nur so durch dieses Buch, sei es, um etwas vom Alltagsstress herunterzukommen, indem ich darin schmökere und einfach nur die Bilder betrachte, oder um mein nächstes DIY-Projekt zu planen. Das nächste Projekt wird wohl die kuschelige Strickweste.
Es ist ein Buch für alle Strick- und Häkellieseln und Nähmaschinen-Treter, welche es sich hyggelig machen wollen.

© Pink Anemone (mit vielen Bildern aus dem Buch)

Veröffentlicht am 24.02.2019

Eine Story ohne Story und einem hanebüchenem Ende. WTF!

Lisa
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Lisa, eine Schwerkriminelle, begeht auf der ganzen Welt rätselhafte Verbrechen. Die Zeichen mehren sich, dass ein Mann ihr nächstes Opfer wird: Sie ist bereits in seine Wohnung eingebrochen. Doch sie bleibt ...

Lisa, eine Schwerkriminelle, begeht auf der ganzen Welt rätselhafte Verbrechen. Die Zeichen mehren sich, dass ein Mann ihr nächstes Opfer wird: Sie ist bereits in seine Wohnung eingebrochen. Doch sie bleibt unsichtbar, außer ihrer DNA gibt es keine einzige Spur. Verschanzt in einem verlassenen Landhaus, mit reichlich Whiskey und Koks, spricht der Mann jeden Abend per Internet-Radio zu einem virtuellen Publikum....(Klappentext)

♜♜♜♜♜

"Es ist, als ob mir nichts passieren könnte, solange ich hier sitze und rede, rede, rede.
Alles ist gut, solange ich durch dieses Gerät mit einem kleinen Ausschnitt der Welt kommuniziere.
Zu dem du, mein Zuhörer, gehörst.
Ich rede also um mein Leben."
(S. 116)


Ich bin an und für sich ein Fan des Autors Glavinic, "Das größere Wunder" und "Die Arbeit der Nacht" (was ich wieder einmal lesen und auch rezensieren sollte), sind hierbei meine absoluten Favoriten. Glavinic versteht es Tiefsinnigkeit und literarische Sprachgewalt in Stories zu packen, in denen nie alles so ist wie es scheint. Doch was er mit "Lisa" fabrizierte hat, ist meines Erachtens, einfach nur Mist.

Man ist gewohnt, dass in Romanen des Autors die Sprache auch einmal derb und direkt ist, dass darin gesoffen, gekokst und rumgehurt wird und, dass er es mit der Political Correctness nicht so ernst nimmt. Doch meist würde überhaupt nichts anderes zu der Story passen, da diese selbst schräg und abgefahren ist.

In dem vorliegenden Buch gibt es jedoch irgendwie keine Story.
Ein Vater hat sich mit seinem Sohn in einem Haus in der Pampa verschanzt. Nachdem bei ihm eingebrochen wurde und dies zur Anzeige gebracht wurde, stellte sich heraus, dass es sich bei der Täterin um eine international operierende Kriminelle handelt, welche auch vor Folter und Mord nicht zurückschreckt. Daraufhin bekommt der Vater Panik und versteckt sich.
Das Internet-Radio ist sein einziger Kontakt zur Außenwelt, welcher er seine Geschichte erzählt. Dabei fließt reichlich Alkohol und das Koks wird sich reingezogen, als gäbe es kein Morgen.
Tja, das war es auch schon. Das ist die ganze Story.

"Jeden Abend schreibe ich meinen Namen mit Kokain auf den freien Schreibtisch, saublöde Angewohnheit, ich weiß,
und jeden Abend ist schon um Mitternacht nichts mehr davon übrig,
obwohl ich einen langen Namen habe und die Buchstaben sehr groß sind."
(S. 9)


Schnell ist klar, dass sich Glavinic hierbei eines bekannten Kriminalfalls bedient, welcher überhaupt keiner war. Dies war bereits nach nur wenigen Seiten ersichtlich. Trotzdem habe ich mich durch dieses Büchlein gequält, da ich es gewohnt bin von dem Autor, die Enden betreffend, immer wieder überrascht zu werden. Doch hier war einfach nichts.
Und wenn ich sage nichts, dann meine ich nichts. Die Story war einfach zu Ende. Als würde jemand während des Erzählens Luft holen, man wartet was derjenige noch zu sagen hat und dieser dreht sich einfach um, geht und war nie mehr gesehen.

"DNA-Spuren dieser Frau sind im Lauf vieler Jahre nahezu bei allen denkbaren Verbrechen gefunden worden. [.....]
In Ungarn hat sie eine junge Frau entführt, gequält und mit ihren eigenen Haaren erwürgt,
in Prag gab es diese Giftserie, bei der sie sicher sind, sie wars,
in der Nähe von Warschau hat sie drei junge englische Adelige aufgehängt,
in Genua einem Obdachlosen die Nieren herausgeschnitten und in München einen Journalisten die Eier,....."
(S. 24)


Was erwartet einem also auf diesen 200 Seiten, wenn es keine Story gibt? Das ich Euch sagen. Nämlich Früher-war-alles-besser-Mimimi, dann war es doch wieder nicht so toll. Erzwungene und aufgesetzte Komik, inklusive Möchte-gern-cool-rüberkommen-Sprüche. Der Protagonist mag diese Leute nicht und er mag jene nicht, alle doof außer ich und Sexgeschichten bis zum Erbrechen. Dabei zieht er sich Koks, Benzos und Alkohol rein, wie andere ihr tägliches Essen. Und dies von Anfang bis Ende...wobei es ja irgendwie kein Ende gibt. Da ist dem Autor wohl, wie dem Protagonisten auch, der Stoff ausgegangen.
Kurz gesagt - to much of nothing.

Fazit:
Verschwendete Lesezeit, mehr gibt es von mir diesbezüglich nicht zu sagen.

© Pink Anemone (inkl. Leseprobe und Autoren-Info)

Veröffentlicht am 24.02.2019

Eine Dystopie ohne Action, jedoch mit umso mehr Sprachgewalt und Atmosphäre.

Die Straße
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Die Welt nach dem Ende der Welt
Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee schimmert ...

Die Welt nach dem Ende der Welt
Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee schimmert grau. Sie haben kaum etwas bei sich: ihre Kleider am Leib, einen Einkaufswagen mit der nötigsten Habe und einen Revolver mit zwei Schuss Munition. Ihr Ziel ist die Küste, obwohl sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Die Geschichte der beiden ist eine düstere Parabel auf das Leben, und sie erzählt von der herzzerreißend Liebe eines Vaters zu seinem Sohn....
(Klappentext)

❄❄❄❄❄

"Dass die Welt auf einen rohen Kern nicht weiter zerlegbarer Begriffe zusammenschrumpfte.
Dass die Namen der Dinge langsam den Dingen selbst in die Vergessenheit folgten.
Farben. Die Namen von Vögeln. Dinge, die man essen konnte.
Schließlich die Namen von Dingen, die man für wahr hielt.
Zerbrechlicher, als er gedacht hätte.
Wie viel war schon verschwunden?"
(S. 81)


Dieses Buch beinhaltet eine Dystopie der ganz anderen Art, denn hier passiert im Grunde nicht viel. Keine Zombies, keine actiongeladenen Szenen und keine Bandenrivalitäten zwischen den Überlebenden.
Ein Vater und sein Sohn bewegen sich in einer dystopischen Welt auf einer Straße in Amerika nach Süden, um dem kalten Winter zu entgehen und um an der Küste eventuell Hilfe zu finden, eine Gemeinschaft von Überlebenden, die ihnen nicht ans Leder wollen. Man erfährt nicht, was der Auslöser für die postapokalyptischen Zustände sind oder in welchem Jahr sie sich befinden.
Man streift mit den beiden durch eine Welt, die nicht mehr so ist wie sie einmal war und nie mehr so sein wird. Eine Welt, in der es nichts mehr gibt außer verbrannte Erde, Ruß und Asche, welche selbst die Sonne nicht hindurch lässt. Eine Welt ohne Tiere, dafür mit umso mehr Überlebenden vor denen man sich in Acht nehmen muss. Denn was isst man, wenn es keine Tiere zum Schlachten mehr gibt und man von Hunger getrieben wird?

"Die Stadt war größtenteils ausgebrannt. Keinerlei Anzeichen von Leben.
Autos auf der Straße mit einer Aschekruste überzogen, alles von Asche und Staub bedeckt. Im getrockneten Schlick Fossilien.
In einem Eingang ein ledrig mumifizierter Leichnam. Der dem Tag eine Grimasse schnitt.
Er zog den Jungen näher an sich heran.
Vergiss nicht, dass das, was du in deinen Kopf lässt, für immer dort bleibt."
(S. 14)


Der Schreibstil ist flüssig und beinhaltet, trotz der düsteren und beklemmende Atmosphäre literarisch poetische Züge.
Der Erzählstil ist packend und die Dialogführung nur auf das Nötigste beschränkt. Doch gerade dies führt zu einer unheimlichen Ausdruckskraft der Gespräche zwischen Vater und Sohn.

"Wenn deine Träume von einer Welt handeln, die es nie gegeben hat oder nie geben wird, und du wieder glücklich bist,
dann hast du aufgegeben.
Verstehst du? Und du darfst nicht aufgeben.
Das lasse ich nicht zu."
(S. 169)


Der Autor entführt den Leser in eine unglaublich düstere und herzzerreißende Story voller Erschöpfung, Hunger, Angst, aber auch voller Liebe und Mut.
Aufgrund der äußerst plastischen Beschreibungen von Setting und Gefühlen, fiebert man mit den beiden mit - spürt den Hunger und die Angst in einem hoch kriechen, riecht und schmeckt Rauch und Asche, sieht die verbrannte Welt vor Augen. Hier wird das nackte Überleben von Vater und Sohn mit einer unglaublichen Sprachgewalt erzählt, welche einem als Leser die Gänsehaut rauf und runter laufen lässt.
Wie soll man in so einer Welt überleben und schafft man es trotzdem im Herzen gut und seinen Prinzipien treu zu bleiben? Kann man hier weiterhin zu den Guten gehören?

"Sie kampierten auf einem terrassenförmigen Stück Land jenseits eines zugefrorenen Baches an der Straße.
Der Wind hatte die Asche vom Eis geweht, und das Eis war schwarz,
sodass der Bach aussah wie ein sich durch den Wald windender Basaltpfad."
(S. 35)


Fazit:
Dieses Buch ist eines meiner absoluten Lesehighlights.
Der Autor schaffte es, mich mit dieser Story völlig einzunehmen. Ich habe voller Spannung die Seiten umgeblättert, habe geweint, nachdenklich vor mich hin gestarrt und manche Passagen mit Genuß mehrmals gelesen.
Eine vergleichbare Dystopie, welche mich trotz fehlender Action so sehr in die Story hineingesogen hat, ist mir noch nicht untergekommen. Eine Dystopie ohne Action, jedoch mit umso mehr Sprachgewalt und Atmosphäre.

© Pink Anemone