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Veröffentlicht am 23.02.2018

Gelungene Fortsetzung der viktorianischen Krimi-Reihe. Rationale Ermittlerarbeit trifft auf Mystik - witzig, spannend u. temporeich.

Der Fluch von Pendle Hill
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Dies ist der 2. Teil der viktorianischen Krimi-Reihe "Frey & McGray" und man kann diesen Teil durchaus auch unabhängig vom 1. Teil "Die Schatten von Edinburgh" lesen. Um die ganzen Zusammenhänge verstehen ...

Dies ist der 2. Teil der viktorianischen Krimi-Reihe "Frey & McGray" und man kann diesen Teil durchaus auch unabhängig vom 1. Teil "Die Schatten von Edinburgh" lesen. Um die ganzen Zusammenhänge verstehen und so mancher Handlung folgen zu können, ist es jedoch durchaus von Vorteil zuvor den ersten Teil zu lesen.

Neujahr 1889. In Edinburghs berüchtigter Irrenanstalt ermordet ein gefährlicher Psychopath eine Krankenschwester. Kurz bevor ihm die Flucht gelingt, unterhält er sich mit einer jungen Patientin, die seit Jahren kein Wort gesprochen hat. Wieso hat sie ihr Schweigen gebrochen? Sind die Gerüchte von schwarzer Magie wahr, die in den Fluren der Anstalt kursieren? Inspector McGray geht der Fall sehr nahe, denn die junge Frau ist seine Schwester. Zusammen mit seinem Partner Ian Frey verfolgt er den Mörder durch das ganze Königreich – bis zum Pendle Hill, Sitz der gefürchteten Hexen von Lancashire, wo die beiden genialen Ermittler einem furchtbaren Geheimnis auf die Spur kommen …(Klappentext)

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"1624 - 31. Okober / >>Zieh die Vorhänge auf<<, befahl Lord Ambrose, nach Luft ringend vor Anstrengung. >>Ich muss sehen, wie sie sterben.<< (Seite 9 - Anfang)

Und in diesem Jahr begann die verhängnisvolle Geschichte der Familie Ardglass, welche im Jahre 1889 ihren grausamen Höhepunkt erreichte.
Der Sohn von Lady Ardglass, Lord Joel Ardglass, ist dem Wahnsinn verfallen und fristet sein Dasein in der Irrenanstalt in Edinburgh.
Eines Nachts ermordet er auf bestialische Weise eine Krankenschwester und flüchtet. Zuvor wurde er beobachtet, als er mit einer Mitpatientin ein Gespräch führte.
Das Unglaubliche daran - diese sprach seit Jahren kein Wort mehr.
Das Schicksalhafte - sie ist die Schwester von Inspector McGray.
Der wahnsinnige Lord scheint auf einer Mission zu sein und hinterlässt auf seiner Flucht eine Spur der Verwüstung, die bis nach Lancashire führt. Immer knapp auf seinen Fersen das Ermittler-Duo Inspector McGray und Inspector Frey, denen bei der Verfolgung immerzu der Glaube an Hexen und schwarze Magie unterkommen.
Können die beiden den Wahnsinnigen stoppen und was verbirgt sich wirklich hinter dieser schwarzen Magie, die nun sie zu verfolgen scheint? (persönliche Inhaltsangabe)

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Mit Inspector Frey und Inspector McGray begleitet der Leser ein sehr ungleiches Ermittlerpaar, die mich irgendwie an Bud Spencer und Terence Hill erinnern, jedoch ohne dem ganzen "Haudrauf".

Inspector Ian Frey - höflich, kultiviert, ehemaliger Oxfordstudent, durch ein großzügiges Erbe finanziell unabhängig und ein britischer Gentleman durch und durch. Frey wurde vor einem Jahr nach Edinburgh versetzt, "Edin-Blöd-Burgh" wie er es nennt, und muss sich mit dem weniger kultivierten Schotten Inspector McGray als Partner rumschlagen.

Inspector Adolphus McGray - ursprünglich ebenfalls aus gutem Hause, jedoch inklusive Familientragödie und alles andere als kultiviert und feinzüngig. Ein typischer Schotte eben - direkt, laut und ungehobelt. Außerdem ist er dem Mystischem sehr angetan und hat die "Kommission zur Aufklärung ungelöster Fälle mit mutmaßlichen Bezug zu Sonderbarem und Geisterhaftem" gegründet.
Für ihn ist dieser Fall daher mehr als nur interessant und im Verlauf legt er eine wahre Besessenheit an den Tag, als wäre er selbst verhext worden. Zudem ist dies für ihn ein sehr persönlicher Fall, da er der Meinung ist, durch dessen Aufklärung findet er einen Zugang zu seiner Schwester.
Dass er dabei mit dem "Londoner Mädchen" Frey zusammenarbeiten muss, der ihn immerzu ins Gewissen redet und jedes Mal bei unangenehmen Gerüchen droht in Ohnmacht zu fallen, begeistert ihn auch nicht wirklich.

Diese beiden können irgendwie nicht mit, aber auch nicht ohne einander und liefern sich immer wieder heftige Wortgefechte, die einen schmunzeln und manchmal gar laut auflachen lassen. Also trockener und derber britischer Humor inklusive.

">>Och, hören Sie doch auf! Sie hören sich ja an wie ein Pfau, dem die Eier gequetscht werden.<<
>>Wenn Sie dies mit solcher Überzeugung behaupten, müssen Sie schon eine Menge Vogelhoden in der Hand gehabt haben!<< (Seite 97)

Wie auch schon im 1. Teil trifft hier rationale Ermittlerarbeit auf Mystik und gibt dem Ganzen einen ganz speziellen Touch, der sich von anderen historischen Krimis abhebt.

Der Schreibstil ist flüssig und die Wortwahl etwas der damaligen Zeit angepasst, ohne jedoch altbacken zu wirken, sondern dem Krimi Authentizität verleiht. Zudem ist dieser 2. Teil wesentlich temporeicher und beinhaltet eine Wendung nach der anderen. Als Leser hat man das Gefühl, als wäre man selbst an dieser Jagd nach Lord Ardglass und den Hexen beteiligt. Es bleibt kaum Zeit zu verschnaufen.
Hier läuft es einem außerdem nicht nur einmal kalt über den Rücken, was vor allem der bildhaften Sprache geschuldet ist.

"Das sie auf dem Rücken gelegen hätte, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Zwar lag sie mit dem Gesicht nach oben, doch war ihre Wirbelsäule grausam deformiert und schauerreich gewölbt - ihre Brust schwebte in der Luft, während ihr Gewicht auf ihren Hüften und Schultern ruhte. Kein menschlicher Rücken konnte sich so verbiegen, ohne dass Wirbel dabei gebrochen wären." (Seite 43)



Manchmal war es, bezüglich der Jagd, jedoch zu viel des Guten. Diese scheint irgendwie so gar kein Ende nehmen zu wollen und ich ertappte mich dabei, bei einer neuerlichen Wendung mit den Augen zu rollen und zu denken: "Jetzt ist aber auch mal gut mit dem Hin- und Her-Gerenne."
Das ist jedoch Meckern auf hohem Niveau, denn das Ende enthält eine überraschende Auflösung und alles Gerenne und Jagen hatte durchaus Sinn - meistens zumindest.

Das Interessante an diesem Krimi ist jedoch, dass die Hexenprozesse von Pendle Hill tatsächlich stattgefunden haben und der Autor den Krimi darauf aufgebaut hat.
Ebenso die sich um Hexen rankenden Sagen und Legenden der englischen Hexen wurden darin aufgenommen.
Im Nachwort erhält man weitere Informationen zur Entstehung dieses Krimis. Bei Oscar de Muriel lohnt es sich also auch die Anmerkungen des Autors zu lesen.

Fazit:
Auch der 2. Teil der "Frey & McGray"-Reihe konnte mich gut unterhalten.
Ich schmunzelte, lachte, kaute vor Spannung den ein oder anderen Nagel ab und musste bei der Jagd mehrmals selbst erst zu Atem kommen. Ein viktorianischer Krimi, der einem also regelrecht mitreißt.
Daher gibt es von mir eine absolute Leseempfehlung und ich hoffe, dass es noch viele weitere Teile geben wird.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 21.02.2018

Ein wunderbares Kochbuch mit einfachen wie auch aufwendigeren Rezepten, interessanten Infos und Anekdoten, sowie stimmungsvollen Bildern.

Königlich und Köstlich
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Essen und Feiern wie die Windsors! Dieses Buch eröffnet einen exklusiven Einblick in die Rezepte und Geheimnisse der britischen Königsküche. Sortiert nach verschiedenen Themen und Anlässen werden ca. 80 ...

Essen und Feiern wie die Windsors! Dieses Buch eröffnet einen exklusiven Einblick in die Rezepte und Geheimnisse der britischen Königsküche. Sortiert nach verschiedenen Themen und Anlässen werden ca. 80 besondere Rezepte vorgestellt, einige von ihnen ergänzt mit wundervollen und ebenfalls der Palastküche entstammenden Tipps und Ideen für die perfekte Blumen-Deko zum Menü. Alle Rezepte waren Teil oder gar Zentrum fröhlicher, ereignisreicher oder festlicher Familienzusammenkünfte und nehmen den Leser mit an die Palasttafel. Persönliche Briefe und Notizen von Prinz Charles oder Lady Diana gewähren dem Leser einen einzigartigen und persönlichen Blick hinter die Kulissen. Dieses Buch ist ein wahres Genussbuch, das köstliche Rezepte mit spannenden Insider-Geschichten des Palastlebens vereint...(Klappentext)

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Dieses Kochbuch macht seinem Titel alle Ehre. Schon alleine die Aufmachung ist edel und qualitativ hochwertig - die Aufmachung des Schutzumschlages, das Lesebändchen und selbst ohne Schutzumschlag macht dieses Kochbuch etwas her.

Geschrieben wurde dieses Kochbuch von der Spitzen-Köchin Carolyn Robb, welche elf Jahre lang die persönliche Küchenchefin von seiner Königlichen Hoheit Prinz Charles und Prinzessin Diana war. Die Einleitung beginnt mit einer kleinen Geschichte ihres Werdeganges, wie und weshalb sie Köchin wurde und schließlich in den Kensington Palace gelangte.

"Diese Sammlung von 80 meiner Lieblingsrezepten ist mit sehr denkwürdigen Augenblicken der verschiedensten Stationen meiner 'kulinarischen Lebensreise' verbunden. Diese Reise ging über drei Kontinente und dauerte mehrere Jahrzehnte. Sie verschaffte mir das große Privileg, außergewöhnliche Menschen zu begegnen."


Wer nun Bedenken hat, dass man hier nur dekadente und opulente Gerichte und Menüs zu Gesicht bekommt, kann sich getrost zurücklehnen, denn selbst die Royals wissen einfaches Essen zu schätzen. Wichtig ist ihnen nur, dass Saisonales und Bio-Produkte auf den königlichen Tisch kommen. Tja, wer hätte das gedacht?

Die Unterteilung erfolgt in:

Herrliche Häppchen
Üppige Brote
Schöner Auftakt
Leicht & Sommerlich
Warm & Wohlig
Süsse Versuchungen
Kekse und Kleingebäck
Kuchen
Essen für Kinder
Haltbar & Lecker

Darin sind sowohl einfache wie auch aufwendigere Rezepte enthalten. Diese sind durchaus leicht nachzukochen, die Zutaten nicht wirklich außergewöhnlich oder schwer erhältlich und die Zubereitungen leicht verständlich. Hier findet man aber nicht nur typisch englische Gerichte und Rezepte, sondern einen interessanten internationalen Mix. Und doch enthält jedes Rezept, so italienisch oder schweizerisch es auch anmutet, den gewissen britischen Touch.
Jedes Rezept wird von einer kleinen persönlichen Geschichte der Köchin eingeleitet, welche auch interessante Informationen bezüglich des Königshauses und liebevolle Anekdoten beinhalten.

Die Bilder zu jedem Rezept sind einfach wundervoll anzusehen und lassen einem schon beim bloßen Lesen das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Doch was wäre ein königlicher Tisch ohne diese wundervollen Dekorationen mit Blumen und Blüten?
Um auf dem eigenen Esstisch einen edlen und royalen Flair erschaffen zu können, benötigt man normalerweise einen geübten Floristen, der das für einen übernimmt. Am besten wäre natürlich gleich eine geübte Floristin des Königshauses. Und genau diese kauft man quasi mit dem Buch gleich mit.

Hier findet man also nicht nur Rezepte, sondern auch Ideen und Anleitungen für wundervolle Blumenarrangements, passend für jede Gelegenheit. Ob nun sommerlich, opulent oder dezent - hier ist für jeden etwas dabei.

Dafür hat sich Carolyn Robb die ehemalige Floristin Sarah Champier ins Boot geholt. Diese war für die Blumenarrangements am Hof verantwortlich.
Diese Anleitungen und Bilder machen es einem leicht diese nachzubilden oder man lässt sich davon einfach nur inspirieren.

Dieses Kochbuch wird in einem lockeren Plauderton geführt und man hat daher das Gefühl als würde man mit der Köchin höchstpersönlich in der Küche bei einer Tasse Tee sitzen und Rezepte austauschen. Daher ist es einfach wunderbar darin zu schmökern und immer wieder aufs Neue Kleinigkeiten und auch wundervolle Rezepte zu entdecken.

Ich habe übrigens die Lemon Curd ausprobiert und es schmeckt einfach nur himmlisch!

Fazit:
Ich nehme mir immer noch gerne Zeit in diesem Kochbuch zu lesen und zu schmökern, da es ein wunderbares und vor allem appetitanregendes Lesevernügen ist. Es ist also nicht nur ein Buch, um Rezepte nachzukochen, sondern richtiggehend darin einzutauchen.
Solche Kochbücher gibt es meiner Meinung nach leider viel zu selten (vergleichbar wäre hier noch Nigella Lawson - auch einer meiner Lieblings-Kochbuchautorinnen).
Es gibt von mir daher natürlich eine absolute Leseempfehlung. Dieses edle Kochbuch mit Rezepten aus dem Königshaus sollte also im Regal einer jeden Hobbyköchin/eines jeden Hobbykochs stehen, ob nun England-Fan oder nicht.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 07.02.2018

Die Entschleunigung des Lesens

Der Nachsommer
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Auf seinen naturkundlichen Wanderungen begegnet der Ich-Erzähler Heinrich Drendorf seinem späteren väterlichen Freund, dem Freiherrn von Risach, auf dessen Landgut. Dort lernt er nicht nur eine neue Form ...

Auf seinen naturkundlichen Wanderungen begegnet der Ich-Erzähler Heinrich Drendorf seinem späteren väterlichen Freund, dem Freiherrn von Risach, auf dessen Landgut. Dort lernt er nicht nur eine neue Form der Lebens- und Wirklichkeitsbewältigung kennen, sondern auch seine spätere Frau Natalie und deren Mutter Mathilde Tarona, die auf geheimnisvolle Weise mit Risach verbunden ist.

»›Der Nachsommer‹ ist der Bildungsroman schlechthin, ein rührend-unheimlich deutsches Buch aus Österreich, welches dem Leser das Menschlichwerden zeigen will.« Walther Killy....
(Klappentext)



"Mein Vater war ein Kaufmann. Er bewohnte einen Teil des ersten Stockwerkes eines mäßig großen Hauses in der Stadt in welchem er zur Miete war.." (S. 7 - Anfang)

Wie soll man einem Literaturklassiker gerecht werden, wenn man sich einen Monat lang durchgequält hat? Diese Frage stellte ich mir bereits nach den ersten Seiten dieses Buches.

Ich liebe Klassiker, angefangen bei Shakespeare, über Lessing bis hin zu Tolstoi. Dabei schätze ich vor allem die Sprachgewalt, die Poesie und den bildhaften Erzählstil, inklusive der Detailverliebtheit. Doch gerade diese langatmigen Beschreibungen und die ständigen Abschweifungen ins Detail, machten mir das Lesen von "Der Nachsommer" mehr als schwer.

Die Handlung schreitet nur mit überaus kleinen Schritten voran, nahezu stockend und humpelnd und zwar aufgrund diverser minutiöser Beschreibungen von Gemälden, Pflanzen und selbst von Steinen.

"Ich war schon als Knabe ein großer Freund der Wirklichkeit der Dinge gewesen, wie sie sich so in der Schöpfung oder in dem geregelten Gange des menschlichen Lebens darstellte..." (S. 24)

"Der Vater pflege zu sagen, ich müßte einmal ein Beschreiber der Dinge werden,..." (S. 25)


Genau, und schlußendlich war er das auch.

Aber so sehr Stifter auch auf die Darstellung von Natur und Kunst eingeht, die Charaktere bleiben auf den 730 Seiten blass und vor allem langweilig.
Hier fällt kein böses Wort und Missverständnisse gibt es hier ebenso wenig. Selbst als Risachs Geheimnis gelüftet wird, herrscht hier Verständnis und Einigkeit.
Immerzu herrscht hier Harmonie und höchste Idylle, dass es kaum auszuhalten ist. Hinzu kommen die ständigen Wiederholungen der alltäglichen Rituale - die Neurotik des Biedermeier lässt grüßen.

Diese Art des Schreibens ist von Adalbert Stifter jedoch so beabsichtigt. Die Industrialisierung machte zu dieser Zeit auch vor Österreich nicht Halt. Aber wie Franz I. und Metternich, so war auch Stifter gegen diese Modernisierung und versuchte sie, zumindest in diesem Werk, aufzuhalten - den Fortschritt entschleunigen.

Bei mir rief es auch eine Entschleunigung hervor und zwar die des Lesens.
"Der Nachsommer" ist also keineswegs ein Klassiker den man mal schnell zwischendurch lesen kann und auch nicht sollte.
Man muss sich dafür Zeit nehmen, darin eintauchen und diesen wirken lassen. In der heutigen schnelllebigen Zeit mit Sicherheit ungewohnt, aber durchaus nicht verkehrt und eben auch genau das was von Stifter beabsichtigt war. Für mich persönlich war das nichts.

Das Werk enthält aber auch gleichzeitig wunderschöne Zitate, welche zum Nachdenken anregen:

"...der Mensch sei nicht zuerst der menschlichen Gesellschaft wegen da, sondern seiner selbst willen. Und wenn jeder seiner selbst willen auf die beste Art da sei, so sei er es auch für die menschliche Gesellschaft." (S. 15)

Trotzdem werden Herr Stifter und ich wohl keine Freunde. Sein Schreib- und Erzählstil sind sehr speziell und nicht für jeden geeignet. Man muss diesen Stil schon mögen - ich tue es nur bedingt.

Die vorliegende Neuauflage aus dem dtv-Verlag ist jedoch mehr als nur gelungen. Hier wurde nämlich die Urfassung beibehalten, inklusive der etwas ungewöhnlichen Interpunktion Stifters. Ja, selbst hier hatte Adalbert Stifter seine Eigenheiten. Diese spezielle Art Kommas zu setzen, sollte seinen Stil intensivieren. Nun ja, diese Tatsache machte das Lesen nicht unbedingt leichter.
Es wurden aber auch die Laut- und Wortformen , sowie die alten österreichischen Bezeichnungen beibehalten.

Die meisten Verlage scheuen sich davor, solche Eigenheiten beizubehalten und modernisieren Texte, Passagen und ganze Werke. Nicht so beim dtv-Verlag, der aufgrund dessen für mich die erste Adresse bei Neuauflagen von Klassikern ist.

Wie gewohnt erhält man im Nachwort Informationen über das Werk und dessen Entstehung und es beinhaltet eine kleine, aber durchaus ausführliche Biographie des Autors mittel Zeittafel. Ich muss gestehen, diese Anhänge lasen sich spannender als "Der Nachsommer" selbst.

Fazit:
Der Schreib- und Erzählstil von Adalbert Stifter ist sehr speziell (anstrengend trifft es wohl besser). Dies muss man mögen, um das vorliegende Werk vollends genießen zu können. Ich konnte es leider nicht. Diese Abschweifungen und detailreichen Beschreibungen...meine Güte, diese Beschreibungen und Schilderungen!!...waren so gar nicht meines.
Ein Lob gebührt jedoch dieser Neuauflage aus dem dtv-Verlag, welche die Urfassung, sowie viele interessante Informationen im Anhang enthält.
Für Adalbert Stifter-Fans, Studenten der Germanistik und Literaturwissenschaft absolut zu empfehlen.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 05.02.2018

Actionreiche Mischung aus Fantasy und SciFi für Jungs und Mädels ab 10 Jahren. Hier werden Anti-Helden zu Helden.

Weltenspringer
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Das Leben wäre totlangweilig, wenn es keine coolen Bücher gäbe. Noch besser wäre es allerdings, wenn man der Held aus seiner absoluten Lieblingsreihe sein könnte, über die wirklich jeder spricht. Das weiß ...

Das Leben wäre totlangweilig, wenn es keine coolen Bücher gäbe. Noch besser wäre es allerdings, wenn man der Held aus seiner absoluten Lieblingsreihe sein könnte, über die wirklich jeder spricht. Das weiß niemand besser als Owen. Denn als er nach einem zum Gähnen langweiligen Schultag beobachtet, wie seine Mitschülerin Bethany aus einem Buch klettert – ja, richtig, AUS EINEM BUCH –, bringt er sie dazu, ihn auf ihre nächste Reise mitzunehmen. Dabei vergisst Owen allerdings die wichtigste Regel überhaupt: Greif nie in die Geschichte ein!..(Klappentext)

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"Owen hätte am liebsten einfach nur laut geschrien. Aber es kam kein Ton heraus. Stattdessen ging der Albtraum immer nur weiter und zwang Owen sich im tiefsten Herzen eine Frage zu stellen: >>Kann mir irgendwer sagen, wie viel drei Viertel mal zwei Drittel sind?<<..." (S. 7 - Anfang)

Erzählt wird aus der Sicht von Owen und Bethany:

Owen - ist ein tagträumender Junge, der alles außer Bücher langweilig findet. Sein Glück ist, dass seine Mutter in einer Bücherei arbeitet, in der er nach der Schule etwas aushilft und sich immer die neueste Ausgabe seiner Lieblingsreihe "Kiel Gnomenfuß" ausleihen kann. Ein kleiner Sturkopf und ein Außenseiter, der jedoch gern ein Held sein würde.

Bethany - ist ein ganz besonderes Mädchen. Sie kann nämlich in Bücher springen und sich in den Geschichten bewegen. Ihre Mutter hat ihr diese Buchspringerei zwar verboten, aber sie ist auf einer Mission - sie muss jemanden ganz bestimmtes finden, nämlich ihren Vater. Dieser verschwand an ihrem 4. Geburtstag in einem Buch und kam nie mehr zurück. Sie ist ein eher introvertiertes Mädchen, weiß jedoch was sie will und versteht keinen Spaß, wenn man sich nicht an die Buchspringer-Regeln hält.

Eines Tages wird Bethany von Owen dabei entdeckt, als sie aus einem Buch zurück in die reale Welt springt. Nach anfänglichem Schock ist Owen von dieser Gabe hellauf begeistert. Er wusste schon immer, dass es aufregenderes gibt als blödes Bruchrechnen und all diese anderen langweiligen Sachen. Endlich kann er seine Buchhelden hautnah erleben, mit ihnen Heldentaten verüben und somit selbst zu einem Helden werden.
Doch so einfach ist diese Buchspringerei gar nicht, denn selbst hier gibt es Regeln zu beachten.
Somit beginnt die Reise der beiden, bei der sie in Owens Lieblingsbuch springen. Doch hier geht alles schief, denn Owen denkt nicht daran sich an irgendeine Buchspring-Regel zu halten. Immerhin will er selbst ein Buchheld sein. Damit werden jedoch ungeahnte Kräfte freigesetzt und das Gefüge zwischen Bücher und Realität wird durcheinandergebracht.
Also öffnet das Buch und springt in die Geschichte und erfährt, ob Owen wirklich zu einem Helden wird und Bethany alles wieder ins Lot bringen kann. (persönliche Inhaltsangabe)


Wer hat sich als Kind nicht selbst oft gewünscht, anstatt im Mathe-Unterricht zu hocken, sich in der Welt seiner Buchhelden zu bewegen? Einfach dem öden Alltag entfliehen und Abenteuer erleben. Immerhin müssen sich Romanhelden nur selten mit Hausaufgaben kümmern oder sich ständig von den Eltern anmeckern lassen, weil man seine Socken nicht genau dorthin räumte, wo sie die Mama gerne hätte.
In dieser Geschichte wird dieser Wunsch für Owen Realität und schnell wird ihm klar, dass das Leben in Büchern und als Held gar nicht so toll und witzig ist als er dachte.

Der Autor schafft es hier gekonnt die Thematik Bücher vs. Realität aufzuwerfen. Die große Frage "Was wäre wenn" wird hier in eine fantastische Geschichte verpackt, die wiederum in einer Geschichte spielt, welche das Thema Magie vs. Wissenschaft beinhaltet. Fragen die sich jeder kleine und auch große Buchnerd stellt und am Ende auch beantwortet wird. Diese Dinge gehören nämlich zusammen. Die Magie der Bücher und die von Technik und Wissenschaft strotzende Realität - das Eine wäre ohne das Andere nur halb so schön und auch nur halb so magisch.

Der Schreibstil ist flüssig und lässt tolle Bilder im Kopf entstehen. Es ist in gewisser Weise ein Comic in Romanform. Die Geschichte selbst ist wirklich spannend und auch actiongeladen. Hier wird Magie gewirkt und auch mit Laserpistolen geschossen, es gibt Zauberer und auch Roboter und trotzdem wird hier die Liebe zum Buch und zum Lesen großgeschrieben.

"Die Nähe der vielen Geschichten half ihr auf irgendeine Weise wieder zu atmen. Die Bücher verlangten nichts von ihr und dachten nicht schlecht über sie. Sie waren nur da, um ihre Geschichten zu erzählen.." (S. 75)

Aber auch wenn es sich hier um ein Kinderbuch handelt und daher eine gewisse kindliche, bzw. jugendliche Ausdrucksweise erwünscht ist, beinhaltet die Geschichte zu viele "Uäähh's". Vor allem da sich diese "Uäh's" nicht nur auf einen Charakter beschränken, sondern von so ziemlich jedem verwendet wird.
Abgesehen davon sind die Charaktere gut gezeichnet und auch durchaus authentisch.

Eine Rezensentin hat die Rollenverteilung in dieser Geschichte kritisiert und das die weiblichen Protagonisten alle zickig wären und rumschreien würden.
Ich persönlich habe es ganz anders gesehen.
Die Jungs sind hier (wie auch im realen Leben) einfach noch etwas abenteuerlustiger und auch ein bissl unreifer als die Mädels. Während die Burschen ihren Spaß haben und Witze reißen, rocken die Mädels das Ding und bereinigen die Fehler der Jungs. Sie sind hier also definitiv, in gewisser Weise, das starke Geschlecht. Die Jungs sorgen also eher für die Lockerheit und Coolness und die Mädels für die gewisse und auch notwendige Ernsthaftigkeit und das hier etwas weitergeht.
Hier ist jeder Charakter ein Held, bzw. eine Heldin. Daher ist diese Geschichte meiner Meinung nach keineswegs nur oder eher für Jungs geeignet, sondern auch sehr gut für Mädels - denn es gibt auch Mädels die auf Action stehen.
Also mir persönlich hätte dieses Buch als 10-Jährige durchaus gefallen. Ich bin aber sowieso der Meinung, dass man Bücher in keine geschlechtsspezifische Rolle pressen, sondern einfach nur genießen sollte.

Fazit:
Diese Geschichte, aus einer gelungenen Mischung aus Fantasy und SciFi, konnte selbst mich begeistern. Sie enthält starke Charaktere, eine spannende und actiongeladene Handlung und einen bildhaften Erzählstil.
Dieser Roman ist sowohl für Jungs, als auch für Mädels geeignet, die Bücher lieben und schon immer wissen wollten, wie es wäre selbst in die Bücher zu schlüpfen.
Von mir bekommt das Buch eine absolute Leseempfehlung und mein Neffe somit ein neues Buch.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 31.01.2018

Spannender Krimi mit Thrillerelementen, rasantem Plot und hochaktueller Thematik.

In eisiger Nacht
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London, an einem frostigen Wintermorgen. Bei einem Einsatz erwartet Detective Max Wolfe ein schrecklicher Anblick: In einem Kühllaster liegen zwölf erfrorene Frauen. Offenbar hatten sie noch versucht, ...

London, an einem frostigen Wintermorgen. Bei einem Einsatz erwartet Detective Max Wolfe ein schrecklicher Anblick: In einem Kühllaster liegen zwölf erfrorene Frauen. Offenbar hatten sie noch versucht, sich aus ihrem eisigen Gefängnis zu befreien - vergeblich. Alles deutet darauf hin, dass sie von Schleusern illegal ins Land geschafft wurden. Doch warum mussten sie sterben? Als man im Führerhaus des Lasters nicht zwölf, sondern dreizehn Pässe entdeckt, schöpft Max Hoffnung: Wo ist die dreizehnte Frau? Lebt sie vielleicht noch? Auf der Suche nach ihr tauchen Max und seine Kollegen tief in die dunkle, gefährliche Welt des Menschenhandels ein - und nicht jeder von ihnen wird lebend zurückkehren ...(Klappentext)

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"Als Erstes nahmen sie ihr den Pass ab. Der Mann sprang von der Ladefläche des Lastwagens und schnippte mit den Fingern in ihre Richtung. 'klickklack'. Ein trockenes, forderndes Geräusch" (S. 9 - Anfang)


❆❆❆

Dies ist der 4. Teil der britischen Krimi-Reihe rund um Detective Max Wolfe.
Für mich war es der erste Tony Parsons-Krimi überhaupt und daher hatte ich keinerlei Vorkenntnisse bezüglich der vorherigen 3 Teile. Diese benötigt man meiner Meinung auch nicht.
Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten in den Krimi hinein zu finden. Das liegt daran, dass der Autor immer wieder Informationen bezüglich der vergangenen Geschehnisse einfließen lässt. Dies jedoch keineswegs ausschweifend, sondern sehr gut in die Handlung integriert. Immer nur so viel, wie man für den aktuellen Fall benötigt, um der Handlung folgen zu können und gewisse Reaktionen und auch Handlungen der Protagonisten selbst zu verstehen.
Bezüglich der Privatsituationen der Charaktere, allen voran des Hauptprotagonisten Max Wolfe, wird hierbei aber auch gleichzeitig die Neugierde des Lesers geweckt, die mich persönlich dazu anregt mir auch die vorherigen Teile zu zulegen.

Dies ist jedoch nicht der einzige Grund. Es liegt vor allem am flüssigen und sehr bildhaften Schreibstil des Autors. Der Plot ist fesselnd und die Thematik dieses Krimis hochaktuell - Flüchtlinge, Schlepper, Flüchtlingscamps und Menschenhandel. Dies wird hier aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, sowohl von der polizeilichen, als auch von Flüchtlingen und Schleppern selbst. Hier gibt es kein bloßes schwarz-weiß oder gut-böse Schema.

Der Autor schafft es zudem die entsprechende Atmosphäre an den Leser zu transportieren, ob nun spannungsgeladen oder bedrückend.
Ab dem ersten Drittel nimmt der Krimi dann auch gehörig an Fahrt zu. Es wird spannender, aber auch brutaler und bedrückender, was natürlich auch an der Thematik selbst liegt.
Dieser Krimi hält so viele Emotionen bereit, sodass einem schwindelig werden könnte und doch muss man immer weiter lesen.

Manchmal hätte ich mir jedoch bei gewissen Details und Handlungen mehr Tiefgang gewünscht. Manches wird einfach viel zu schnell abgehandelt oder gar nur am Rande erwähnt.
Leider war in gewisser Weise auch schnell klar wer dahintersteckt. Hier wiederum wäre bei so manchen Erwähnungen weniger besser gewesen.
Trotzdem enthält der Krimi, welchen ich persönlich eher im Thriller-Genre einordnen würde, durchaus auch überraschende Wendungen.

Fazit:
Im Großen und Ganzen hat mich dieser Krimi wunderbar unterhalten, was aufgrund der Thematik vielleicht etwas befremdlich wirken mag. Aber alle Handlungsstränge laufen hier gekonnt zusammen und es kommt zu einem schlüssigen und für mich stimmiges Ende.
Manchmal hätte ich mir mehr Details und manchmal wiederum weniger (bezüglich Auflösung) gewünscht.
Dieser Krimi weist deutliche Merkmale eines Thrillers auf und ist sicher nicht für jeden geeignet. Trotz der angeführten Mankos kann ich eine absolute Leseempfehlung aussprechen. Vor allem auch für Thrillerfans mit einem etwas stärkeren Magen.
Ich persönlich werde mir definitiv auch die vorherigen Teile dieser Max Wolfe-Reihe zulegen.

© Pink Anemone

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