Besonderer Fotobuch-Roman über Tierheime und Tierschutz in Europa
2924 Hunde und 10 Tierheime : FotobuchRomanDie Idee zu diesem Buch kam der Fotografin Manuela Dörr während eines Aufenthaltes in Andalusien, als sie zwei völlig unterschiedliche Tierheime besuchte. Mit Hilfe von Crowdfunding reiste sie in 10 verschiedene ...
Die Idee zu diesem Buch kam der Fotografin Manuela Dörr während eines Aufenthaltes in Andalusien, als sie zwei völlig unterschiedliche Tierheime besuchte. Mit Hilfe von Crowdfunding reiste sie in 10 verschiedene Tierheime in Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Rumänien und Georgien, machte sich ein Bild vor Ort und sprach mit Tierheimmitarbeitern. Heraus kam dieser liebevoll gestaltete "Fotobuch-Roman". Hierbei schlüpft die fiktive Figur Natalie, eine junge Architektin, in die Rolle der Autorin.
Natalie wird anfänglich so charakterisiert, dass man sie einfach nicht mögen kann. Oberflächlich, herablassend, zu ehrgeizig, hat kein gutes Wort für Tiere. Auf das Projekt hat sie keine Lust, was allerdings auch vor allem daran liegt, dass sie von ihrem Herzensprojekt, einem Museumsbau, abgezogen wird, was dann auch wieder irgendwo verständlich ist. Ihre Haltung gegenüber Tieren und speziell Hunden wird im Laufe der Geschichte offener, und sie interessiert sich nicht mehr nur für die Architektur der Tierheime, sondern auch für seine Bewohner.
Jedes Tierheim wird zuerst mit einem doppelseitigen Foto und der Information über Anzahl der Hunde, Anzahl der Mitarbeiter und Größe des Heimes vorgestellt. Danach wird Natalies Besuch geschildert, garniert mit vielen Fotos. Der Leser lernt ganz viele verschiedene Konzepte kennen: Von kleinen Pflegestellen über kleinere, gut durchdachte Tierheime bis hin zu großen Heimen mit für die Tiere nicht sonderlich guten Haltungsbedingungen. Man lernt, wie in welchem Land mit dem Thema "Streunerhunde" umgegangen wird und welche Ziele Tierschützer verfolgen (und wie lang der Weg noch bis dahin ist).
Man könnte natürlich fragen: Wieso nicht einfach eine reine Fotoreportage? Aber die Kombination von Roman und Dokumentation fand ich gelungen, für mich war das neu und deshalb reizvoll. Es ist einfach mal was Anderes. Und anstatt die Besuche durch die Augen der Autorin zu erleben, die für das Projekt brennt und sich dafür begeistert, ist es vielleicht auch ganz interessant, die Tierheime durch die Augen einer Person zu sehen, die anfänglich Tieren gegenüber recht abweisend ist und an die Sache erstmal desinteressiert und naiv herangeht. Übrigens ein Aspekt, der mich zu dem Schluss kommen lässt, dass das Buch auch durchaus etwas für "Nicht-Tierliebhaber" ist, die sich dem Thema nicht ganz verschließen.
Auch Format und Layout des Buches sind speziell und gefallen mir sehr gut. Normalerweise erwähne ich das Aussehen eines Buches nicht in einer Rezension, aber hier ist es unerlässlich, darauf einzugehen. Die vielen Farbfotos machen den Roman anschaulich und lebendiger. Das Buch ist kleiner als die gängigen Formate, nach Abnehmen des Umschlags ist die Fadenbindung sichtbar, der Buchdeckel ist aus dickem, festen Karton. Für mich sind Optik und Haptik wirklich etwas Besonderes.
Ein paar Kritikpunkte habe ich jedoch auch:
Ich fand die Geschichte um Natalie nicht immer stimmig. Ihre Haltung zu Hunden, die anfänglich extrem abweisend war, änderte sich für meinen Geschmack viel zu schnell. Nachdem sie sich erst total gegen das Projekt sträubte, brennt sie nach ein paar Tierheimbesuchen total dafür, lässt ihr Museumsprojekt dafür liegen und riskiert sogar eine Kündigung. Natürlich habe ich eine solche Wandlung erwartet, aber es ging mir zu schnell. Die letzten Kapital wirkten dann auch etwas gehetzt und wie ein Stilbruch, und das Ende war etwas seltsam, auch wenn es sicherlich eine (versteckte) Botschaft enthielt.
Die Fotos sind schön und künstlerisch, aber manchmal hätte ich mir ein paar Bilder gewünscht, die die Architektur der Heime genauer erkennen lässt und das Erzählte anschaulicher macht. Ich habe es nicht so mit räumlicher Vorstellung, und es fiel mir schwer, Natalies Überlegungen zur Architektur immer folgen zu können.
Der Schreibstil ist zuweilen etwas holprig. Etwas schade sind zudem die vielen Fehler, über die ich gestolpert bin, z. B. "Augenlieder", "aufwänden", "sag" statt "sah" u.ä., die falsche Anwendung von "das/dass" oder eine eigenartige Trennweise (sch-reiben). Ich persönlich kann solche Sachen halt leider nicht ausblenden, aber das stört ja auch nicht jeden Leser. Es ist zudem klar, dass sich Selfpublisher in der Regel kein teures Lektorat leisten können. Aber ich würde raten, für die nächste Auflage nochmal jemanden Korrektur lesen zu lassen.
Alles in Allem ist "2924 Hunde und 10 Tierheime" ein besonderes Buch mit einem für mich neuen, stimmigen Konzept. Das Thema ist eines, das mir persönlich auch sehr am Herzen liegt, weshalb ich dieses unterstützenswerte Projekt der Autorin jedem ans Herz legen möchte.