Guter Ratgeber, der keiner sein will
How to be a girl Ich habe dieses Buch dankenswerterweise via NetGalley erhalten
Hätte es solche Bücher doch schon gegeben, als ich 13 war!
Sämtliche Ratgeber landeten damals in meinem Bücherregal und von Zeitschriften ...
Ich habe dieses Buch dankenswerterweise via NetGalley erhalten
Hätte es solche Bücher doch schon gegeben, als ich 13 war!
Sämtliche Ratgeber landeten damals in meinem Bücherregal und von Zeitschriften für Mädchen konnte ich gar nicht genug bekommen.
Wenn ich heute so zurück gucke, finde ich das alles ganz schlimm, denn ich kann mich noch an die schrecklichen Tipps dort erinnern ("tu so, als würdest du seine Hilfe brauchen, obwohl du die Sache eigentlich alleine könntest" und "zeig ihm nicht, wie klug du wirklich bist, er braucht das Gefühl, dir überlegen zu sein" sind z.B. zwei "Flirttipps", die mir ganz stark im Gedächtnis geblieben sind - wahrscheinlich, weil die besonders ekelhaft sind).
Umso schöner ist es, endlich ein Buch für junge Mädchen in den Händen zu halten, das wirklich bestärkt, wichtige Themen anschneidet und nicht nur heteronormativ daherkommt.
Leider musste ich mich erstmal durch die fürchterliche Formatierung wurschteln, allerdings gehe ich davon aus, dass die verkäufliche Endversion da keine Probleme mehr bereitet.
Bei meiner waren die Bilder aber zerstückelt, ganze Wörter und Überschriften fehlten, ein Text brach plötzlich mitten im Satz ab, dann kam etwas anderes, dann ging der Text auf einmal weiter.
Das war ziemlich verwirrend, aber ich glaube und hoffe wie gesagt, dass das behoben wurde.
Die Printversion stelle ich mir von der Aufmachung her jedenfalls ganz hübsch vor.
Obwohl mir das Buch insgesamt sehr gut gefallen hat, hatte ich beim Start ein paar Schwierigkeiten. Denn da wird immer wieder erwähnt, wie schwierig es ist, in der Pubertät zu sein, als Mädchen sowieso und wie verwirrend doch jetzt bestimmt alles ist, wie verunsichert man selber usw.
Ich habe mir mein 13-jähriges Ich vorgestellt und ich glaube, sie hätte das gar nicht gut gefunden.
Auch wenn die Autorin rückblickend recht hat (ich war sehr unsicher und gemocht werden war mein Wunsch Nummer 1, ich hatte Probleme mit meinem Äußeren und die Gefühle sind mit mir durchgegangen), so nimmt man das in dem Moment und in dem Alter doch eher nicht so wahr. Es könnte sogar etwas abschreckend wirken, nach dem Motto: "Was will die Autorin? Was beschreibt sie da? Ich komme klar!"
Meistens sieht man die Dinge ja doch erst mit einem gewissen Abstand etwas klarer.
Ich glaube, ich hätte manches auch ein bisschen bevormundend empfunden und einige der Tipps sind schlicht für viele Mädchen nicht umsetzbar.
Eine Protestaktion an einer Schule in einer ostdeutschen Kleinstadt gründen, sich gegen Rassismus einsetzen? Kann man gern versuchen, Mitstreiterinnen oder Mitstreiter werden sich da aber nicht finden und ob danach noch so viele Menschen mit einer sprechen...
Das Problem habe ich in feministischen Kreisen übrigens oft: Man hat das Gefühl, Feminismus ist nur was für Großstädterinnen und Frauen und Mädchen in kleinen Städten oder Dörfern werden vollkommen vergessen, bzw. in deren Lebensrealität können sich manche überhaupt nicht reinversetzen.
Ich kann die Autorin und ihre Intention aber trotzdem gut verstehen, denn ich kenne das Gefühl, dass man mehr will, dann jedoch feststellen muss, dass das Gegenüber eben nicht auf dem gleichen Stand ist, sich mit der einen Sache eben noch nicht so sehr beschäftigt hat.
Immerhin gibt es im Buch aber gute, einfache Erklärungen zu bestimmten Themen und Wörtern.
Gemocht habe ich außerdem die kleinen Portraits von starken und bemerkenswerten Frauen (in der Schule behandelt man ja leider fast ausschließlich Männer) und dass die Themen Slut-Shaming und Girl-Hate ein bisschen Aufmerksamkeit bekommen haben.
Ich finde, wir dürfen gar nicht aufhören unseren Mädchen beizubringen, wie sich diese Dinge auch negativ auf sie selber auswirken und dazu beitragen, dass Frauen und Mädchen kleingehalten werden und z.B. später schlechter Netzwerke im Berufsleben knüpfen können (die dringend notwendig wären).
Wenn immer mehr Menschen das verstehen und sich weigern, da mitzumachen und Begriffe wie beispielsweise "Schlampe" und "Hure" zu verwenden, sind wir auf einem guten Weg.
Ich war ein Mädchen, dass diese Wörter oft benutzt hat und schäme mich heute dafür. Denn natürlich wurde auch ich wiederum von anderen Frauen so betitelt und wusste, wie weh das tut.
Die Sprache im Buch habe ich als altersgerecht empfunden, aber das kann hier vermutlich die Zielgruppe am besten beurteilen.
Der kleine Geschichtsunterricht zur Frauenbewegung und Emanzipation hat mir sehr gut gefallen.
Sowas kommt in Mädchenbüchern sonst nicht vor, jedenfalls ist es mir noch nicht untergekommen.
Dabei ist das alles so wichtig, denn es zeigt, dass viele Selbstverständlichkeiten und Rechte, die Frauen heute genießen, noch gar nicht so alt sind - und wenn wir nicht aufpassen und genau hingucken, kann man sie uns vielleicht ganz schnell wieder wegnehmen.
Fazit: Wir brauchen definitiv mehr Ratgeber, in denen steht, wie wichtig Politik und politisches Interesse ist, wie Mädchen Sexismus und Belästigung erkennen (und wie sie damit umgehen, was sie dagegen tun können) und nicht, wie sie sich am besten zurückhalten, um einen Jungen weniger einzuschüchtern (WTF?) und welche Lidschattenfarbe am besten zu ihnen passt.