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Veröffentlicht am 11.03.2024

Über Recht und Gerechtigkeit

Zeit der Schuldigen
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True Crime vom Feinsten - ein spannendes und einfühlsames Buch, das unser Rechtssystem aus verschiedenen Perpektiven beleuchtet.

Das Buch „Zeit der Schuldigen“ hat mich wirklich begeistert. Es ist spannend, ...

True Crime vom Feinsten - ein spannendes und einfühlsames Buch, das unser Rechtssystem aus verschiedenen Perpektiven beleuchtet.

Das Buch „Zeit der Schuldigen“ hat mich wirklich begeistert. Es ist spannend, berührt und lässt einen dann doch irgendwie fassungslos zurück. Anhand eines wahren Falls geht es um die Fallstricke der Justiz und den rechtlichen Grundsatz „ne bis in idem“, das Verbot der Doppelbestrafung bzw. -Anklage.

Inspiriert wurde der Roman von dem wahren Mordfall an der 17 jährigen Frederike von Möhlmann in den frühen 1980er Jahren und den jahrzehntelangen Kampf ihres Vaters um Gerechtigkeit für seine Tochter.

Obwohl der zugrundeliegende Fall und die damit verbundenen Gerichtsverfahren sich an die Realität halten und damit bekannt sind bzw. sein können, schafft der Autor es mit einer fiktiven Rahmenhandlung, einen roten Faden der Spannung und Unvorhersehbarkeit durch die Erzählung zu ziehen.

Als praktizierender Jurist ist der Autor vom Fach wenn es um die diversen Gerichtsverhandlungen geht. Dabei schafft er es, ein Thema, das schnell trocken und zäh werden kann, unheimlich emotional aufzuladen und sehr menschlich zu machen. Mit seinem wunderschönen Erzählstil erweckt er den Gerichtssaal zum Leben und lenkt den Blick auf die Opfer bzw. deren Angehörige. Man kann richtig fühlen, wie zermürbend und anstrengend es für sie ist, diese Verhandlungen durchzustehen.

Als Leser ist die dargestellte Rechtssprechung ob ihrer offensichtlichen Ungerechtigkeit kaum auszuhalten. Insbesondere, wenn man im Hinterkopf hat, dass dieser Roman keine reine Fiktion ist. Dennoch versteht man auch, wie komplex das Thema ist und dass es zu allen rechtlichen Fragen auch immer ein Für und Wider und unterschiedliche Positionen gibt…. Auslegungssache..

Ein wirklich tolles Buch, dass einen noch eine Weile gedanklich beschäftigt. Für mich war das das erste und ganz sicher nicht das letzte Buch des Autors.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 09.03.2024

Spannender Thriller mit überraschenden Wendungen

Ahnunglos schuldig: Thriller
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Der Thriller „Ahnungslos schuldig“ von Danilo Fender überrascht bis zum Schluss und hält für den Leser viel Spannung bereit - teilweise muss man sich auch auf eine sehr eindringliche Schilderung von Gewalt ...

Der Thriller „Ahnungslos schuldig“ von Danilo Fender überrascht bis zum Schluss und hält für den Leser viel Spannung bereit - teilweise muss man sich auch auf eine sehr eindringliche Schilderung von Gewalt gefasst machen.

Victor kommt nach 20 Jahren als verurteilter Mörder aus dem Gefängnis frei und zieht zurück zu seinen Eltern in sein kleines Heimatdorf. Victor ist von seiner Schuld überzeugt, kann sich aber an die Tat selbst und die Geschehnisse rund um die Tat nicht mehr erinnern. Schon kurz darauf kommt es in dem Dorf zu erneuten Verbrechen.

Das Buch setzt sich mit der Schuld auseinander und zeigt auf, wie die Menschen - Nachbarn, Bekannte, Familie, Polizei - insgesamt aber natürlich auch im Kontext weiterer Verbrechen auf die Rückkehr eines verurteilten Mörders reagieren. Als Leser begleiten wir Victor bei seiner Suche nach der Wahrheit und verfolgen die Aufklärung der neuesten Vorfälle.

Der Autor versteht es, Spannung aufzubauen, den Leser zu fesseln und zu wilden Spekulationen anzuregen - und wartet doch immer wieder mit Überraschungen auf, die auch der geübte Thriller-Leser nicht vorher sehen konnte.

Dabei hat mir insbesondere die Auswahl der unterschiedlichen und doch sehr eigenen und besonderen Charaktere gefallen. Hervorzuheben wäre dabei die selbst ernannte „Privatdetektivin“ Lola, die eigentlich genug mit sich selbst zu tun hat, keine sonderlichen Erfolge nachweisen kann und einem doch mehr und mehr ans Herz wächst. Aus meiner Sicht eine der wenigen für die ich wirkliche Sympathien entwickeln konnte.

Insgesamt ein spannendes Lesevergnügen, das viele menschliche Abgründe aufzeigt.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Eindrückliche Schilderung einer Flucht

Die Körper, die sich bewegen
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In „Die Körper, die sich bewegen“ begleiten wir Nosa aus einer perspektivlosen Situation in Nigeria auf seiner langen Flucht durch die Sahara und übers Mittelmeer bis nach Italien. Dabei erfahren wir einiges ...

In „Die Körper, die sich bewegen“ begleiten wir Nosa aus einer perspektivlosen Situation in Nigeria auf seiner langen Flucht durch die Sahara und übers Mittelmeer bis nach Italien. Dabei erfahren wir einiges über das Schleusersystem, über Flüchtlingsunterkünfte und -gefängnisse, Transportmittel und den Umgang mit den Menschen.


Dieses Buch zeigt auf sehr eindringliche Weise die Beweggründe für solch eine schwierige Reise sowie die zahlreichen Bedrohungen und Risiken, denen sich die Menschen auf der Suche nach einer besseren Zukunft aussetzen.

Dabei kommen anhand von Nosa sowie verschiedener Wegbegleiter ganz viele verschiedene Aspekte zum Tragen (Armut, Homosexualität, Perspektivlosigkeit, Betrug, Vergewaltigung, Gewalt - um nur ein paar zu nennen) und werden dem Leser recht ungeschönt vor Augen geführt. Und doch gibt es auch zarte positive Erlebnisse von Freundschaft und Großzügigkeit, die Hoffnung machen und das Buch insgesamt abrunden. Man spürt die Hoffnungslosigkeit und die Verzweiflung des Protagonisten - aber dennoch wird nicht überemotionalisiert sondern teils fast distanziert berichtet. Ein Stilmittel, das die Hilflosigkeit verdeutlicht, die sich an verschiedenen Stellen auch an der „Nichthandlung“ der Menschen zeigt.

Ein wichtiger Roman in einer Zeit, in der die Besatzung von Hilfsschiffen kriminalisiert und Flüchtlinge als Bedrohung abgestempelt und für rechtspolitische Zwecke verurteilt werden.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Toller Auftakt einer spannenden Trilogie

Sepia 1: Sepia und das Erwachen der Tintenmagie
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Schon das liebevoll gestaltete Cover vermittelt einen ersten Eindruck von der wundervollen Welt und den zahlreichen liebevollen Details, welche die Autorin rund um Sepia und die phantastische Stadt Flohall ...

Schon das liebevoll gestaltete Cover vermittelt einen ersten Eindruck von der wundervollen Welt und den zahlreichen liebevollen Details, welche die Autorin rund um Sepia und die phantastische Stadt Flohall geschaffen hat. Eine Welt der Geschichten, Bücher und Buchkunst, in der Tinte magische Dinge vollbringen kann.

Die zwölfjährige Sepia hat ihr ganzes bisheriges Leben in einem Waisenhaus verbracht, als sie von Meister Silbersilbe als Lehrling in seiner Buchdruckerei aufgenommen und in dieser schönen Kunst unterrichtet wird. Schon bald merkt Sepia, dass sie Dinge wahrnimmt, die andere nicht sehen oder spüren können. Und es kommt wie es kommen muss, die heile Welt von Flohall wird schon bald bedroht und Sepia und ihre Freunde müssen über sich hinauswachsen, um das Schlimmste zu verhindern.

Mich hat die Geschichte von den ersten Sätzen an gepackt und bis zum Schluss nicht losgelassen. Zu Beginn des Buches lernt man Flohall und die verschiedenen Charaktere kennen. Dabei spielt die Autorin mit allen Sinnen. Während man gedanklich mit Sepia über den Sonnenmarkt schlendert oder das Funkelfest besucht, wird die Stadt anhand der beschriebenen Gerüche, Lichter und Geschmäcker lebendig. Dabei lässt die Autorin wahnsinnig viele schöne und magische Ideen rund um die Welt der Bücher einfließen - von phantastischen Wesen über spezielle Getränke/Essen dreht sich alles um die literarische Welt.

Sepia ist eine tolle Protagonistin. Man lernt sie als stilles, unsicheres und eher vorsichtiges Mädchen kennen. Ich empfand es nicht nur als erfrischend, nicht gleich mit der starken und unabhängigen Protagonistin konfrontiert zu sein sondern schätze auch sehr, dass dadurch viel Raum für die Charakterentwicklung geschaffen wurde. Im Verlaufe des Buches vertraut Sepia immer mehr auf sich und ihre Fähigkeiten - auch unterstützt durch ihre beiden absolut verlässlichen und starken Freunde. So schafft sie es, über sich hinaus zu wachsen, behält aber die elementaren Merkmale ihre Charakters bei und lernt dabei auch viel über sich selbst. Das Buch baut nach hinten hin immer mehr Spannung auf und wartet dabei auch durchaus mit absolut überraschenden Wendungen auf.

Betont werden sollte auch, dass dieses Hörbuch von dem Leser Uve Teschner wundervoll zum Leben erweckt wird. Mit seiner ruhigen, angenehmen Stimme versteht er es, die verschiedenen Charaktere vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Mit verschiedenen Lesetempi und Stimmlagen nimmt er einen mit auf eine Abenteuerreise. Dabei gelingt es ihm auch, die jeweilige Atmosphäre bestens zu vermitteln und durchaus auch einmal etwas Unbehaglichkeit auszulösen.

Ein tolles Hörbucherlebnis - voller Phantasie und einer starken Heldin. Absolute Hör- oder Leseempfehlung. Freue mich jetzt schon auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 26.02.2024

Drei Frauenschicksale im Schatten des Glücks

Die Halbwertszeit von Glück
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Das Cover des Buches „Die Halbwertszeit von Glück“ ist nicht nur optisch wunderschön. In leuchtenden Farben zeigt es das abstrakte Bild eines Waldes. Der Schutzumschlag ist sehr hochwertig und fühlt sich ...

Das Cover des Buches „Die Halbwertszeit von Glück“ ist nicht nur optisch wunderschön. In leuchtenden Farben zeigt es das abstrakte Bild eines Waldes. Der Schutzumschlag ist sehr hochwertig und fühlt sich an wie eine feine Leinwand.

In dem Roman begleiten wir drei Frauen in drei unterschiedlichen Jahrzehnten (1987, 2003 und 2019). Alle drei haben auf ganz unterschiedliche Weise einen harten Schicksalsschlag erfahren und handern daraufhin mit sich, ihrem Leben und mit ihrem Anspruch auf Glück. Der Leser merkt schnell, dass die Leben der drei Protagonistinnen auf besondere Weise miteinander verwoben sind, teils offenbart sich diese Verbindung auch schnell, teils dauert es etwas länger.

Das Buch lässt sich wirklich sehr gut und zügig lesen. Die Kapitel sind nicht zu lang und durch die Sprünge zwischen den Zeiten und Personen wird man animiert dran zu bleiben. Die einzelnen Kapitel enden offen, wobei der Geheimnis-Anteil in den meisten Fällen nicht allzu groß, sondern die Handlung doch weitestgehend vorhersehbar ist.

Was die Charaktere betrifft bin ich etwas zwiegespalten. Mit Johanna (1987) konnte ich gut mitfühlen und habe sie und ihre Geschichte auch ins Herz geschlossen. Etwas schwerer fiel mir das mit Mylène (2019) und vor allem Holly (2003), die beide arg dramatisch reagieren. Hier wurde teilweise etwas übersteuert, vielleicht, um Handlungen zu ermöglichen, die für den Fortgang der Geschichte notwendig waren. Für mich waren die Reaktionen oft nicht voll nachvollziehbar. Insbesondere wenn sie sich aufgrund einer Situation für die sie de facto nichts können, gleich jedwedes Recht auf zukünftiges Glück versagen. Auch die Nebencharaktere haben teilweise kindisches Verhalten gezeigt.

Insgesamt ist es eine schöne und eingängige Geschichte mit ein paar Schwächen bzgl. Authentizität der Charaktere. Nicht spannungsgeladen aber durchaus emotional und unterhaltsam.

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