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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.03.2025

Serienauftakt mit viel britischem Humor

Wir finden Mörder (We Solve Murders-Serie 1)
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Im Auftakt der neuen Serie von Richard Osman um Personenschützerin Amy Wheeler und ihren Schwiegervater und pensionierten Ermittler Steve geht es rasant zu. Gewürzt mit einer ordentlichen Brise wunderbarem ...

Im Auftakt der neuen Serie von Richard Osman um Personenschützerin Amy Wheeler und ihren Schwiegervater und pensionierten Ermittler Steve geht es rasant zu. Gewürzt mit einer ordentlichen Brise wunderbarem britischen Humors gilt es, einen Mörder zu fassen, der es auf Amy abgesehen hat.

Highlight dieses Hörbuchs sind auf jeden Fall die Charaktere. Insbesondere die toughe, schlagfertige Rosi und der schrullig gemütliche Steve haben es mir angetan. Aber alle Personen sind gut ausgearbeitet und auf ihre eigene Art überzeugend. Auf jeden Fall darf man sich auf viele witzige Dialoge und scharfsinnige Ermittlungsarbeit mit dem ein oder anderen Augenzwinkern freuen.

Auch der Fall ist durchaus spannend und jagt einen quer durch die Welt - auch wenn die Charaktere uns das ein oder andere Mal mit ihrem Wissen voraus sind und auf dem Weg zur Aufklärung etwas zappeln lassen.

In dem Hörbuch kommen zwei Sprecher zum Einsatz, was ich sehr erfrischend und passend fand. Beide haben mir sehr gefallen. Wolfgang Wagner war mir neu, konnte mich aber sowohl stimmlich als auch in der Rolle als „Bösewicht“ überzeugen. Der überwiegende Teil wird von Richard Barenberg gelesen, ein Sprecher der mir bereits bekannt war und den ich sehr schätze. Er hat eine sehr charakteristische Stimme und mir gefällt seine Art Texte zu interpretieren und auch Frauen auf dezente Art eine sehr ansprechende aber unterscheidbare Stimme zu geben.

Ich muss allerdings sagen, dass beim Hören einiges an Aufmerksamkeit gefragt ist. Man bekommt es doch mit sehr vielen Akteuren, Namen und Orten zu tun. Das gepaart mit der Situation, dass die Ermittler teilweise aus der Situation heraus Schlüsse ziehen, die dem Leser nicht gleich offenbart werden, hat dazu geführt, dass ich schon das ein oder andere Mal ein Kapitel zurück gehen musste.

Insgesamt hat mir das Hörbuch aber sehr gut gefallen und ich werde die Serie auf jeden Fall im Auge behalten. Für Fans gepflegten Humors auf jeden Fall eine Freude.

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Veröffentlicht am 08.03.2025

Etwas wirr erzählt

Hinters Licht
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„Hinters Licht“ konnte mich insgesamt ganz gut unterhalten und vermochte es durchaus, mich am Ball bleiben zu lassen. Im Rückblick bin ich aber nicht wirklich überzeugt.

Das Buch spielt in den 1920er ...

„Hinters Licht“ konnte mich insgesamt ganz gut unterhalten und vermochte es durchaus, mich am Ball bleiben zu lassen. Im Rückblick bin ich aber nicht wirklich überzeugt.

Das Buch spielt in den 1920er Jahren und nimmt mit den historischen Persönlichkeiten Thomas Lynn Bradford und seiner Laborassistentin Ruth Doran zwei Forscher und Spiritisten ihrer Zeit in den Fokus. Und hier muss ich auch schon meinen ersten Kritikpunkt anbringen: Es ist sicherlich Geschmacksache, aber ich vertrete die Meinung, dass man sich schon möglichst an die historischen Fakten halten sollte, wenn man über historische Persönlichkeiten spricht. Wenn man ein historisches Setting wählt ist man sicherlich frei, in diesem seine fiktive Geschichte zu platzieren. Aber das Leben von Menschen, die es wirklich gab, komplett umzuschreiben, finde ich komisch und störend.

So konzentriert sich das Buch überwiegend auf eine erfundene und eher schon obsessive Liebesgeschichte, anstatt die spannende Zeit des Spiritusmus im Detail zu beleuchten. Zwar werden auch Experimente zum Beweis von Telepathie und der Kontaktaufnahme mit Geistern geschildert - dies geschieht aber sehr oberflächlich.

Sprachlich lässt das Buch sich sehr gut und zügig lesen. Allerdings fehlte mir erzählerisch der rote Faden. So springt das Buch nicht nur zeitlich wild hin und her - was immer wieder dazu führt, dass Elemente zur Erinnerung wiederholt werden - sondern auch zwischen Fokus auf Ruth, Fokus auf Thomas und eingeschobenen Kommentaren des Erzählers. Diese ließen mich zeitweise sogar an den Stil eines Sachtextes denken.

Ich kann das Buch also nicht uneingeschränkt empfehlen. Wer sich ein historisch gut recherchiertes Buch wünscht, welches die Arbeit und das Leben von Bradford und Doran auch im gesellschaftlichen Kontext einordnet, wird enttäuscht sein.

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Veröffentlicht am 08.03.2025

Highlight!

Die erste halbe Stunde im Paradies
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„Die erste halbe Stunde im Paradies“ konnte mich von Anfang bis Ende überzeugen. Das Buch erzählt in zwei Zeitebenen und auf sehr bewegende Art die Geschichte von Protagonistin Anne und greift dabei ein ...

„Die erste halbe Stunde im Paradies“ konnte mich von Anfang bis Ende überzeugen. Das Buch erzählt in zwei Zeitebenen und auf sehr bewegende Art die Geschichte von Protagonistin Anne und greift dabei ein sehr wichtiges Thema auf.

Als Elfjährige erleben wir Anne im Kontext ihrer kleinen Familie. Gemeinsam mit ihrem etwas älteren Bruder muss sie schon viel zu früh viel zu viel Verantwortung für ihre alleinerziehende und chronisch schwer kranke Mutter übernehmen. Aus Angst auseinandergerissen zu werden, verlangt die Mutter ihren Kindern mit ihrer Pflege viel ab. Die Sicht eines Kindes auf diese Situation und der enge Zusammenhalt des Gespanns wird sehr eindrucksvoll und überzeugend vermittelt. So verfolgt man das Leben der kleinen Familie voller Mitgefühl und auch Unverständnis. Hierbei treten wichtige Fragen wie der gesellschaftliche Umgang mit chronisch Kranken oder die Unterstützung betroffener Familien in den Vordergrund.

Die Problematik dieser Belastung und deren Auswirkungen erleben wir anhand der erwachsenen Anne, die sich plötzlich und unvorbereitet mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte nimmt einen gleich gefangen und man kann kaum aufhören zu lesen. Besonders gut gefallen hat mir die intensive Auseinandersetzung mit den Themen Krankheit, Schmerz und Schmerzmittel. Hierbei werden mit Hilfe der verschiedenen Personen unterschiedliche Perspektiven auf diese wichtigen Themen eingenommen. Dies ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit dem Sujet und versorgt einen mit viel Material zum nachdenken.

Dieses Buch lege ich gerne jedem ans Herz, der schwere aber durchaus gesellschaftlich aktuelle Themen mag. Das Buch erzählt eindrücklich aber dennoch mit Feingefühl und zart dosierter Situationskomik. Für mich auf jeden Fall ein Highlight.

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Veröffentlicht am 04.03.2025

Originelle Jugend-Fantasy

Die Bibliothek der Wahren Lügen
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Oskar lebt in Gedanken viel in einer Fantasy-Welt. Die Geschichten um Ozzy waren die Lieblingsbücher seines verstorbenen Vaters. Ein riesiges Glück also für Oskar, als er von dem Autor der Reihe zu einem ...

Oskar lebt in Gedanken viel in einer Fantasy-Welt. Die Geschichten um Ozzy waren die Lieblingsbücher seines verstorbenen Vaters. Ein riesiges Glück also für Oskar, als er von dem Autor der Reihe zu einem Schreiblehrgang eingeladen wird. Doch was ihn dort erwartet hätte er nicht gedacht und schon bald verschwimmen Realität und Fiktion und er begibt sich auf eine spannende Reise.

Der Stil des Autors ist unfassbar schön - bildgewaltig und sprühend vor Phantasie und Ideenreichtum. Schon zu Beginn versteht er es, die reichhaltige Phantasie Oskars dezent in die Geschichte einzuflechten.

Die Idee hinter dem Roman finde ich sehr originell - es geht um das Schreiben von Fantasy-Romanen. Dabei wird die Romanhandlung immer wieder gewürzt mit kleinen Seitenhieben und Spielereien rund um Textaufbau, typische Merkmale und Handlungselemente von Fantasy-Literatur sowie Textqualität. Es geht aber auch um das gerne von Autoren angeführte Eigenleben von Charakteren. Insgesamt empfand ich das Buch als thematisch sehr dicht und voll von Bezügen zum Schreiben, so dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob all diese Themen tatsächlich schon Kinder ab 11 ansprechen oder ob diese sich eher an bibliophile Erwachsene richten.

Doch auch fernab davon erwarten den Leser zwei Handlungsstränge - in Oskars Realität und in seiner verfassten Geschichte, deren Grenzen gerne mal verschwimmen. Es ist ein intensives Abenteuer, das durchaus auch mit ein paar gruselig-ekligen Szenen aufwartet. Und auch wenn gegen Ende aus allen Kanonen gefeuert wird, bringt der Autor die Geschichte zu einem runden Abschluss.

Aus meiner Sicht ein tolles Buch, das bestens unterhält und viel Spaß macht. Das aber auch durchaus komplex ist und viel Spielraum für eigene Gedanken und Interpretationen lässt.

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Veröffentlicht am 28.02.2025

Schonungslos direkt

bruder, wenn wir nicht family sind, wer dann
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Dieses Buch saugt einen ein und spuckt einen am Ende wieder aus. Es ist originell und anders, literarisch experimentell, schnell, schonungslos direkt und zeigt ein authentisches Bild einer abgestürzten ...

Dieses Buch saugt einen ein und spuckt einen am Ende wieder aus. Es ist originell und anders, literarisch experimentell, schnell, schonungslos direkt und zeigt ein authentisches Bild einer abgestürzten und fehlgeleiteten Jugend.

Über das Buch heißt es „Oliver Lovrenski […] zieht uns hinein in eine atemlose, brutale Jugend und offenbart Zärtlichkeit, wo niemand sie erwartet.“ - diese Beschreibung finde ich sehr treffend. Das Buch besteht aus vielen kurzen Episoden - ein kurzer Abschnitt bis maximal 1,5 Seiten, durch die man auch beim lesen ordentlich Tempo aufnimmt. Es sind Episoden in Jugendsprache, oft brutal und direkt, ohne Punkt oder Großschreibung, einfach durch Komma getrennte Aussagen. Es geht um Drogenhandel und -Konsum, unfassbare Gewalt aber auch Freundschaft und sowas wie Liebe. Der Stil ist immer recht trocken und fast emotionslos. Dennoch schafft der Autor es immer wieder, einen zu rühren und Gefühle aufzurütteln - insbesondere wenn es um Familie geht, um die Grossmutter oder auch um abwesende Eltern.

Über so ein Buch bin ich bisher noch nicht gestolpert, ich würde es als einzigartig bezeichnen. Und auch wenn ich jetzt nicht unbedingt weitere Bücher dieser Art lesen muss, bin ich froh, dass ich das Experiment gewagt habe. Es war ein Erlebnis und wirkt definitiv nach.

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