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Veröffentlicht am 22.11.2020

Eine realitätsnah geschilderte Reise in die 1920er Jahre

Fräulein Gold: Schatten und Licht
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Hulda Gold ist Hebamme rund um den Winterfeldplatz in Berlin. Als ganz in der Nähe die Leiche von Rita Schönbrunn im Landwehrkanal gefunden wird und die Polizei von Selbstmord ausgeht, beginnt Hulda nachzuforschen. ...

Hulda Gold ist Hebamme rund um den Winterfeldplatz in Berlin. Als ganz in der Nähe die Leiche von Rita Schönbrunn im Landwehrkanal gefunden wird und die Polizei von Selbstmord ausgeht, beginnt Hulda nachzuforschen. Denn eine Nachbarin der Verstorbenen, die Hulda bei der Geburt ihres Sohnes betreut, ist sich sicher, dass das nicht stimmen kann. Und schon bald merkt Hulda, dass sie das Schicksal Ritas nicht mehr loslässt und ihr ihre Geschichte seltsam nahegeht. Wer war diese Frau, wer hat sie ermordet? Und warum will Komissar North den Fall so schnell wie möglich zu den Akten legen?

Bei ihren Nachforschungen gerät Hulda jedoch zunehmend sebst in Gefahr, denn nicht jeder im Bülowbogen ist einverstanden damit, dass sie Fragen stellt und Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen versucht...


Das Buch hat mich sehr positiv überrascht. Der Autorin gelingt es sehr gut, die Stimmung des Berlins der 1920er Jahre einzufangen und den Kontrast zwischen Arm und Reich hervorzuheben. Die Not und das Elend der ärmeren Bevölkerungsschichten wird beinahe greifbar. Die Grundstimmung schwankt zwischen dem Bedrückenden des offiziell überstandenen Krieges, der noch immer riesige Auswirkungen auf die Bevölkerung hat, und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Gleichzeitig zeichnen sich erste nationalsozialistische Tendenzen ab.

Besonders der geschilderte Umgang mit vom Krieg traumatisierten Soldaten, aber auch mit davon unabhängig psychisch Beeinträchtigten und Menschen mit geistiger Behinderung sind erschreckend - umso mehr wenn man bedenkt, dass dies leider nicht bloß Fiktion ist.

Dank des Schreibstils, der sich wirklich wunderbar flüssig liest und das Bild des Winterfeldplatzes mit all seinen Bewohnern fast wie nebenbei vor dem inneren Auge des Lesers entwirft, konnte ich direkt in diese Geschichte eintauchen. Nicht nur Hulda hat einen interessanten Charakter, auch die Nebenfiguren wie etwa der Zeitungsverkäufer Bert oder Huldas Wirtin Frau Wunderlich sind interressant und liebevoll skizziert.

Mit dem Kommissar Karl North hingegen konnte ich mich nicht so ganz anfreunden, alles in allem finde ich das Buch aber wirklich gelungen. Ich bin gespannt auf den zweiten Band!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.11.2020

Gelungenes Nachschlagewerk für Fantasy-Fans

Wonderlands
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"Wonderlands" bietet einen wunderbaren Einblick in einhundert fantastische Welten, alle entstanden in den letzten knapp 4000 Jahren. Unterteilt wird in die Kapitel "Alte Mythen & Legenden" (Gilgamesch-Epos, ...

"Wonderlands" bietet einen wunderbaren Einblick in einhundert fantastische Welten, alle entstanden in den letzten knapp 4000 Jahren. Unterteilt wird in die Kapitel "Alte Mythen & Legenden" (Gilgamesch-Epos, Tausendundeine Nacht, Don Quijote etc), "Wissenschaft & Romantik" (z.B. Alice im Wunderland, Die Schatzinsel, der Zauberer von Oz), "Das Goldene Zeitalter der Fantasy" (Das Schloss, Der kleine Prinz, Brave New World usw.). Außerdem noch in "Neue Weltordnung" (mit z.B. 1984, Per Anhalter durch die Galaxis, Der Herr der Ringe) sowie "Das Computerzeitalter" (u.A. Der Report der Magd, Game of Thrones, His Dark Materials).

Es ist also eine sehr vielfältige Auswahl, die hier geboten wird, einige Bücher hat man als begeisterter Fantasy-Fan sicher schon gelesen und von anderen zumindest mal gehört, einige sind einem vielleicht auch komplett neu. Jeder Welt werden ein bis drei Doppelseiten gewidmet, auf denen die Geschichte, die das jeweilige Buch beschreibt, kurz nacherzählt wird; auch gibt es Informationen zum Autor, oft zu den Umständen der Entstehungen des Werkes und zu ersten und längerfristigen Reaktionen darauf. Das Ganze wird ausgeschmückt mit zahlreichen Bildern, von Porträts der Autoren über Originalmanuskripte bis zu Filmszenen, Original-Filmplakaten und Co. Zwischendurch gibt es auch ganz- oder sogar doppelseitige Illustrationen, die den Text auflockern.

Der Schreibstil ist angenehm, man wird nicht von Informationen erschlagen und erhält dennoch einen guten Einblick in die verschiedenen Werke. Wahren Fans eines einzelnen Werkes wird "Wonderlands" wohl kaum neue Informationen darüber liefern, aber die Macht dieses Buches liegt darin, dass es so breit und vielfältig angelegt ist.

Laura Miller ist es gelungen, mit "Wnderlands" ein tolles Nachschlagewerk zu schaffen, das dazu anregt, noch viele weitere Fantasy-Welten zu entdecken, und das sich zudem großartig im Bücherregal macht!

Veröffentlicht am 18.10.2020

Konnte mich überzeugen

Wild like a River
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Haven kennt nichts anderes als den Wald. Nach dem Tod ihrer Mutter vor vielen Jahren hat ihr Vater einen Job als Ranger im Jasper Nationalpark angenommen und ist gemeinsam mit seiner kleinen Tochter in ...

Haven kennt nichts anderes als den Wald. Nach dem Tod ihrer Mutter vor vielen Jahren hat ihr Vater einen Job als Ranger im Jasper Nationalpark angenommen und ist gemeinsam mit seiner kleinen Tochter in eine einsame Holzhütte, ein gutes Stück entfernt von der nächsten Kleinstadt, gezogen. Bald schon verblassen Havens Erinnerungen an ihre frühe Kindheit, sie fühlt sich vollkommen wohl umgeben nur von den Bäumen und Tieren in den tiefen Wäldern Kanadas. Alles, was diese Harmonie gelegentlich stört, sind die Fragen: Wie wäre es, wenn sie in einer Stadt leben würde? Hätte sie Freunde? Ein "normales" Leben wie jedes andere Mädchen in ihrem Alter auch? Und - wäre es nicht einen Versuch wert, einfach bloß um zu wissen, was sein könnte?

Da taucht eines Tages Jackson im Park auf, um ein paar Tage in der Natur zu entspannen und die Semesterferien zu genießen. Er wohnt in Edmonton, Havens früherer Heimatstadt, und während sie Jackson besser kennenlernt, kommt Haven zu einem Entschluss. Doch kann sie, das Waldmädchen, einem Leben in der Stadt wirklich standhalten?



Zunächst einmal finde ich es sehr schön, hier mal eine Protagonistin zu haben, die nicht viel mit dem Verhalten Gleichaltriger anfangen kann. Warum sind alle ständig am Handy, schreiben sich Nachrichten, statt einfach schnell 2 Minuten zu telefonieren? Was spielt es für eine Rolle, weche Kleidung man trägt, wenn der Mensch darunter doch derselbe bleibt? Ich habe mich Haven gleich sehr verbunden gefühlt.

Auch wird gerade im ersten Teil des Buches die Natur sehr eindrucksvoll beschrieben. Man hat die kleine Hütte Havens und ihres Vaters direkt vor Augen, umgeben von hohen Bäumen, in der Nähe die Wasserfälle, ein kleiner, versteckt liegender See... Die Kulisse lässt nichts zu wünschen übrig. Ich hatte anfangs die Befürchtung, dass die Natur im Laufe des Buches immer weiter in den Hintergrund rückt, doch auch während Haven in der Stadt lebt spielt der Wald weiterhin eine große Rolle für sie.

Dass sich zwischen Haven und Jackson eine Beziehung anbahnt, ist natürlich absehbar, dennoch fand ich es die meiste Zeit über nicht allzu kitschig und offensichtlich, was als nächstes passieren würde.

Der Schreibstil ist nichts Besonderes, lässt sich aber gut und flüssig lesen. Die Nebencharaktere blieben mir teils etwas zu blass, da hätte sicher noch mehr herausgeholt werden können. Dafür liegt der Fokus auf Havens beachtlicher Entwicklung, denn sie muss wirklich Einiges mitmachen, ist das Leben in der Stadt für sie doch in jeder Hinsicht ungewohnt und neu.

Insgesamt hat mir "Wild like a River" sehr gut gefallen. Ich denke, alle Leser von Young-Adult-Romanen sowie Freunde von Kanada-Büchern kommen hier voll auf ihre Kosten, daher kann ich guten Gewissens eine Leseempfehlung aussprechen!

Veröffentlicht am 14.10.2020

99 Ideen für Leseratten und Bücherwürmer

Leseglück
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Wer noch nicht weiß, was er als nächstes lesen soll, ist mit diesem Buch sicher gut beraten, denn unter den 99 vorgestellten Büchern ist definitiv für jeden etwas dabei. Es gibt 16 Kategorien von Kinderbüchern ...

Wer noch nicht weiß, was er als nächstes lesen soll, ist mit diesem Buch sicher gut beraten, denn unter den 99 vorgestellten Büchern ist definitiv für jeden etwas dabei. Es gibt 16 Kategorien von Kinderbüchern über Liebesromane und Freundschaftsgeschichten bis hin zu fremden Kulturen. Auch, wer noch auf der Suche nach einem passenden Geschenk ist, wird hier bestimmt fündig.

Das Buch selbst ist liebevoll gestaltet und enthält neben den Buchideen auch diverse interaktiv gestaltete Seiten, auf denen man beispielsweise seine eigenen Lieblingsbücher eintragen kann. Dazwischen finden sich immer wieder Zitate aus Büchern oder von bekannten Autoren sowie kleine Zeichnungen und Symbole.

Leider wirkt das Buch dadurch teilweise schon etwas zu überladen bzw. chaotisch und unübersichtlich. Auch bei den Beschreibungen einzelner Buchtitel hätte ich mir manches Mal gewünscht, etwas mehr zum Inhalt des jeweils vorgestellten Buches zu erfahren.

Insgesamt ist es jedoch eine tolle Inspirationsquelle, die ich sicherlich noch häufiger zur Hand nehmen werde!

Veröffentlicht am 14.10.2020

Eine weite Reise, nicht nur im physischen Sinne

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr...
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- Nach einer wahren Geschichte -

"Du kannst werden, was du willst, wenn du nur etwas willst."

Dass da etwas dran sein muss, beweist der junge Inder Pikay, dessen Lebensgeschichte hier erzählt wird. Denn ...

- Nach einer wahren Geschichte -

"Du kannst werden, was du willst, wenn du nur etwas willst."

Dass da etwas dran sein muss, beweist der junge Inder Pikay, dessen Lebensgeschichte hier erzählt wird. Denn er ist ein Unberührbarer, gehört somit zur untersten Gesellschaftsschicht Indiens, die nichteinmal mehr wirklich ins Kastensystem fällt. Schon als kleines Kind erfährt er Ablehnung und Ausgrenzung, darf beispielsweise nicht mit den anderen Kindern spielen oder mit ihnen im Klassenzimmer sitzen, sondern muss draußen vor der Tür warten. Berührt er jemanden und "befleckt" ihn damit, läuft dieser sofort zum Fluss, um sich zu waschen. Doch vor wie vielen verschlossenen Türen Pikay in seinem Leben auch steht, er hat das Mittel, sie früher oder später alle zu öffnen: Seine Kunst. Denn Pikay zeichnet leidenschaftlich gerne, und so besucht er schließlich eine Kunstschule, muss jedoch oft auf der Straße schlafen und verdient gerade genug Geld, um nicht zu verhungern. Mit der Zeit allerdings findet er heraus, wie er mit seiner Kunst etwas verdienen kann, er beginnt, in der Stadt Menschen zu zeichnen und die Porträts zu verkaufen. Auf diese Weise lernt er irgendwann auch die junge Schwedin Lotta kennen, die sich gerade ihren Traum erfüllt und durch Indien reist. Die beiden verlieben sich, doch schon bald muss Lotta wieder zurück nach Schweden.


Nach Titel und Klappentext hatte ich eine Art Reisebericht erwartet, und es wird auch tatsächlich von dem langen Weg erzählt, den Pikay auf sich nimmt - doch dabei steht weniger die Reise nach Schweden im Vordergrund als vielmehr die Entwicklung Pikays von einem kleinen Jungen aus dem Dschungel, dessen Leben in den Augen vieler wertlos ist, zu einem allgemein anerkannten und geschätzen Künstler, der in seiner Heimat zu einer regelrechten Berühmtheit wird. Sie erinnert ein wenig an Slumdog Millionaire, diese Geschichte eines Jungen, der anfangs Nichts hat und das ganz große Los zieht. Doch es ist nicht so, als habe Pikay nichts für seinen Erfolg getan, oder als sei es gar sein Ziel gewesen, reich oder bekannt zu werden. Mehr als einmal versucht er, sich das Leben zu nehmen, sieht keinerlei Sinn mehr hinter dem, was er tut, denn wie könnte er jemals auch nur halb so viel wert sein wie ein Brahmane - er, der Unberührbare? Alles, was er will, ist einen Platz zum Leben und die Möglichkeit, zu zeichnen. Er arbeitet hart, er hungert, er nimmt eine weite Reise auf sich, er lernt, mit einer Kultur umzugehen, die ihm fremder nicht sein könnte - und erhält dafür letzten Endes das, was er sich schon immer am meisten gewünscht hat. Er ist glücklich.

Die eigentliche, sagen wir körperliche, Reise beginnt nach etwa 3/5 des Buches. Bis dahin erfährt der Leser viel über das Kastensystem Indiens, die Konflikte zwischen Brahmanen und Unberührbaren, die Schere zwischen Arm und Reich und auch ein wenig über die Politik des Landes zu Zeiten Nehrus und Indira Gandhis. Das hatte ich zwar so nicht erwartet, hat mir aber sehr gut gefallen und war wirklich interessant.

Nachdem Pikay in Schweden angelangt ist, erhält der Leser außerdem einen Einblick in seine erste Zeit dort und erfährt, als wie befremdlich das Leben und die Kultur Europas Pikay im ersten Moment erscheinen müssen: der Umgang der Menschen miteinander wirkt kalt auf Pikay - als säßen alle in ihrem eigenen Kühlschrank und würden ständig frieren, wie er es beschreibt.


Der Sprachstil ist angenehm und lässt sich gut lesen. Besonders schön sind die Karte vorne im Umschlag des Buches, die Pikays Route von Neu-Delhi bis Borås zeigt (welche er übrigens nicht komplett mit dem Fahrrad bewältigt hat), sowie die Fotos am Ende der Geschichte, auf denen u. A. Lotta, Pikay und dessen Familie in Indien zu sehen sind.

Fazit: Das Buch war anders, als ich es erwartet hatte, hat mir jedoch sehr gut gefallen. Ich kann es bedenkenlos jedem Indien- und Reiseinteressierten weiterempfehlen!