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Veröffentlicht am 15.05.2020

Sehr spannende Thematik

Lips Don't Lie
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Als Riley mit ihrem Vater wiederholt umzieht, ahnt sie noch nicht, was sie dieses Mal erwarten wird - denn der neue Bezirk, in dem sie lebt, ist das Reich der Fifty-Sevens, einer Gang, die vor nichts zurückzuschrecken ...

Als Riley mit ihrem Vater wiederholt umzieht, ahnt sie noch nicht, was sie dieses Mal erwarten wird - denn der neue Bezirk, in dem sie lebt, ist das Reich der Fifty-Sevens, einer Gang, die vor nichts zurückzuschrecken scheint. Auch Tristan ist Teil dieser Gang, doch er scheint anders zu sein - an ihm entdeckt Riley eine fürsorgliche, sanfte, menschliche Seite, und schon bald entwickelt sie Gefühle für ihn. Auch Tristan verspürt die Anziehungskraft, die von Riley ausgeht, und über das große Hobby beider - das Basketballspielen - nähern sie sich an. Doch Tristan weiß, dass er Riley nicht in sein Leben als Gangmitglied hineinziehen darf, denn das kann schnell wirklich gefährlich werden...


Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Riley und Tristan, jeweils aus Ich-Perspektive. Beide Protagonisten sind interessant und gut ausgearbeitet. Wir haben einmal Riley, deren Mutter vor zwei Jahren verschwand, sodass sie und ihr Vater die alte Wohnung aufgeben und sich eine neue Bleibe suchen mussten. Um ihrem Alltag zu entkommen, hat Riley sich ganz dem Basketballspiel verschrieben und hofft trotz der schlechten Schule, auf welche sie nun gehen muss, auf ein Collegestipendium. Tristans Vater starb früh, und so geriet er ins Visier des Anführers der machthabenden Gang - er wurde gewissermaßen zu dessen Ziehsohn. Anfangs als kleines Kind noch ganz begeistert von diesem spannenden Leben, kommen im Teenageralter erste Zweifel auf und er merkt schnell, wie grausam und brutal die anderen Gangmitglieder sind. Am liebsten möchte er austreten, doch das kann er nicht, denn damit würde er zum Sicherheitsrisiko werden und das würde der Ganganführer niemals so hinnehmen.

Die Thematik ist sehr interessant und ungewohnt, die Ausgangssituation spannend - die ersten 100 Seiten lagen hinter mir, kaum hatte ich das Buch in die Hand genommen. Im Laufe der Geschichte habe ich dann aber doch einige Sachen vermisst. Beispielsweise gibt es mehrere Nebencharaktere, bei denen man mehr hätte in die Tiefe gehen können, da sie so eigentlich sehr interessant wirkten. Insgesamt bleiben alle Figuren bis auf Riley und Tristan jedoch eher blass. Nicht ganz so gut gefallen hat mir außerdem, dass das Ende recht schnell abgehandelt wurde - ich möchte nicht spoilern, deshalb sage ich nur, dass eine wirklich spannende Situation, aus der man viel hätte rausholen können, auf wenigen Seiten nur kurz beschrieben wurde. Da hätte ich mir mehr Ausführungen erhofft. Vor allem steht es in keinem Verhältnis zur vorherigen Ausführlichkeit, denn die erste Woche, die Riley in ihrer neuen Heimat verbringt, wird so detailreich erzählt, dass man beinahe das Gefühl hat, sie sei schon einen Monat dort. Längen ergeben sich dadurch allerdings keine!

Es sollte auch noch erwähnt werden, dass die Liebesgeschichte, die man hier womöglich aufgrund des Covers und Titels erwartet, tatsächlich eher im Hintergrund bleibt. Sie wird natürlich erzählt, allerdings könnte man sich da, wenn man nach dem Äußeren des Buches geht, möglicherweise mehr erhofft haben, deshalb diese kleine "Warnung". Mich persönlich hat das aber gar nicht gestört und ich fand die Mischung aus Liebesgeschichte und Spannung eigentlich recht gelungen!


Mein Fazit also: "Lips don´t lie" ist ein schönes Jugendbuch, das sich angenehm und leicht lesen lässt mit einer spannenden und ungewöhnlichen Thematik. Schön wäre es gewesen, wenn noch etwas mehr auf die Nebencharaktere eingegangen wäre, aber alles in allem hat mir das Buch gut gefallen!

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Veröffentlicht am 08.02.2022

Manchmal ist weniger mehr

Zum Paradies
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Wo fängt man an bei einem Roman, der eigentlich aus drei größtenteils unabhängigen Geschichten besteht? Vielleicht genau damit, denn das war es, was mein Gefühl beim Lesen geprägt hat. Zwischen den einzelnen ...

Wo fängt man an bei einem Roman, der eigentlich aus drei größtenteils unabhängigen Geschichten besteht? Vielleicht genau damit, denn das war es, was mein Gefühl beim Lesen geprägt hat. Zwischen den einzelnen Geschichten liegen jeweils hundert Jahre, sie spielen alle auf dem amerikanischen Kontinent und behandeln alle Themen wie Homosexualität, Armut vs. Reichtum, Krankheit, Sehnsucht. Was mir aber gefehlt hat, ist eine wirkliche Verbindung, die über die thematische hinausgeht. Ja, es gibt einige wenige Anspielungen auf den möglichen Fortgang der jeweils anderen Geschichten, aber im Großen und Ganzen bleiben ihre Enden mehr als offen. Erwartet hatte ich eine Handlung, die sich über drei Jahrhunderte erstreckt, stattdessen musste ich mich gleich dreimal auf völlig neue Geschichten einlassen, die sich in ihrer Weitschweifigkeit verlieren.

Dabei macht Yanagihara durchaus deutlich, dass sie schreiben kann. Die Figuren und ihr Schicksal werden einfühlsam beschrieben, ihr Leid in allen Facetten geschildert - und doch habe ich bis zur dritten Geschichte gebraucht, um mich darauf einlassen zu können. Erst hier wurden die Protagonist*innen für mich greifbarer, erst hier konnte ich mich in sie hineinfühlen und mit ihnen hoffen. Sicherlich hat dazu auch die spannende bis beklemmende dystopische Grundstimmung beigetragen, die hier vorherrscht; in den beiden vorherigen Teilen hat mir diese Spannung größtenteils gefehlt. Gerade die zweite empfand ich über weite Strecken als sehr anstrengend, was das Weiterlesen manches Mal zur Überwindung gemacht hat.

Meine Kritik besteht hauptsächlich in der für meinen Geschmack zu losen Verknüpfung und der darunter leidenden, fehlenden Tiefe der Charaktere und Handlung(en). Ich frage mich, ob es wirklich notwendig war, drei Geschichten in ein Buch zu packen? Meiner Meinung nach nicht unbedingt.
Insgesamt ein Roman, den man lesen kann, aber nicht muss - mich hat er eher weniger überzeugt.

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Veröffentlicht am 25.03.2021

Anfangs großartig, irgendwann (fast) nur noch anstrengend

Wie alles begann und wer dabei umkam
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Der namenlose Protagonist dieses Romans strebt bereits als Kind eine Karriere als Jurist an. Denn bereits in jungen Jahren verurteilt er in einer aufwändig inszenierten Gerichtsverhandlung kurzerhand die ...

Der namenlose Protagonist dieses Romans strebt bereits als Kind eine Karriere als Jurist an. Denn bereits in jungen Jahren verurteilt er in einer aufwändig inszenierten Gerichtsverhandlung kurzerhand die eigene Großmutter zum Tode, da sie tagein, tagaus die Familie, insbesondere jedoch die Mutter des Protagonisten terrorisiert. Später beginnt er tatsächlich ein Jura-Studium in Freiburg, muss jedoch schon bald feststellen, wie unzureichend er das in Deutschland geltende Strafrecht findet. Und so erarbeitet er eignständig ein alterntives System, das "Inoffizielle Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland", kurz IStdGB, welches viel härtere Stafen ermöglicht als sein Vorgänger. Schon zu Beginn des Buches erfährt man, dass der Protagonist am Ende im Gefängnis sitzt - wie es dazu kam schildert er ausführlich und beginnt dabei ganz von vorne.

Anfangs fand ich das Buch klasse. Der Humor des Autors und die anspruchsvoll, aber gut formulierten Sätze machen Spaß, die Idee hinter dem Buch ist ungewöhnlich. Durch die amüsant verfassten Schilderungen der Kindheit des Protagonisten und die Mischung aus Ernsthaftigkeit und Groteskem wird man gleich auf die Seite des Protagonisten gezogen, obwohl das, was er vorhat, eigentlich nicht vertretbar ist. Während der ersten 100 Seiten hat mich das Buch also völlig in seinen Bann gezogen und ich wollte unbedingt erfahren wie es weitergeht - bis hierher stimmte also alles.

Was ist dann passiert? Vor allem wurde mir der Stil irgendwann zu anstrengend. Beinahe jeder zweite Satz ist gespickt mit bitterbösem Humor, und auf Dauer war das leider einfach zu viel. Wäre der Roman nur halb so lang, hätte mir das vermutlich nicht so viel ausgemacht, aber so konnte ich nur etwa das erste Drittel wirklich genießen, bevor ich anfangen musste, mich durchzukämpfen. Hinzu kommen einige Längen, insbesondere im zweiten Teil des Buches, der etwa in der Mitte beginnt und den der Protagonist nicht mehr in Freiburg, sondern in Asien verbringt, um auch außerhalb der Grenzen Deutschlands geltendes Recht in sein Projekt miteinzubeziehen. Irgendwann habe ich mich immer häufiger dabei erwischt, kurze Passagen zu überspringen, weil ich eigentlich nur noch wissen wollte, was genau ihn denn nun ins Gefängnis gebracht hat - alles andere hat sich viel zu sehr gezogen.

So gut mir das Buch zu Beginn gefallen hat, so froh war ich am Ende auch, als die letzten Seiten hinter mir lagen. Ich vergebe 2,5 Sterne für die originelle Idee, den eloquenten Schreibstil und auch den Humor, der mich in all seiner Exzentrik und Bosheit auf den ersten Seiten sehr angesprochen hat. Dass es am Ende keine bessere Bewertung gibt, ist wohl dem geschuldet, dass mir all das letztendlich viel zu anstrengend wurde und dass es doch eine Menge Längen gab, die dem Leser Einiges abverlangen.

Veröffentlicht am 27.09.2020

Eine zweite Chance - für die Protagonistin, und auch für ihre Geschichte

Wenn gestern unser morgen wäre
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Ich habe sehr lange gebraucht, um wirklich in die Geschichte hereinzukommen - und zwar genau bis zu dem Moment, an welchem Sara den Unfall hat und im Krankenhaus wieder aufwacht. Bis zu diesem Punkt war ...

Ich habe sehr lange gebraucht, um wirklich in die Geschichte hereinzukommen - und zwar genau bis zu dem Moment, an welchem Sara den Unfall hat und im Krankenhaus wieder aufwacht. Bis zu diesem Punkt war mir die Protagonistin ehrlich gesagt sehr unsympatisch in ihrer Handlungsweise und ich war schon drauf und dran, das Buch beiseite zu legen und vielleicht irgendwann später einmal weiterzulesen, als es plötzlich sehr viel besser wurde. Als Sara nicht mehr leugnen kann, dass irgendetwas definitiv nicht so ist, wie es sein sollte, hat mich die Geschichte plötzlich gepackt und ich wollte wissen, wie es weitergeht. Eine zweite Chance eben.

Die Idee einer zweiten Chance gefällt mir sehr gut und noch viel schöner finde ich die Art und Weise, wie die Protagonistin diese ergreift und tatsächlich etwas daraus macht. Obwohl ich noch immer nicht von mir behaupten kann, ihre Taten immer 100% gut zu finden, konnte ich sie jetzt zumindest nachvollziehen. Plötzlich habe ich mit ihr mitgefühlt und mitgehofft, zum Beispiel, als die rote und die blaue Mappe vertauscht wurden, und am Ende in Rom.

An einigen Stellen finde ich die Story etwas zu wenig ins Detail gehend, etwa, als Sara mit dem Rad von Österreich zurück nach München fährt. Da werden 2 ganze Tage sehr knapp auf 2 Seiten abgehandelt, obwohl vorher viele Tage sehr detailliert beschrieben wurden. Das fand ich etwas schade.

Was ich gut finde ist - neben der grundsätzlichen Idee -, dass sich manche Elemente von Anfang bis Ende durch das komplette Buch ziehen, insbesondere die Schmetterlinge, die ja gerade am Ende eine doch nicht ganz unerhebliche Rolle spielen und ja auch vorher schon immer mal wieder aufgetaucht und sogar auf dem Cover zu finden sind. Welches mich übrigens auch anspricht, da es etwas sehr Verträumtes hat, gerade auch durch die gewählten Farben und in Kombination mit dem Titel.

FAZIT
Alles in allem eine schöne Lektüre für zwischendurch, die zwar für meinen Geschmack etwas zu viel Zeit braucht, um in Fahrt zu kommen, dann aber umso ansprechender wird. Die Grundidee hinter der Geschichte ist eine sehr schöne, die zum Nachdenken und reflektieren anregt.

Veröffentlicht am 12.03.2023

Kann man sich auch sparen

Malvenflug
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Eine mährisch-kärntnerische Familie während des Zweiten Weltkriegs. Während Zwillinge Fritz und Lotte bei den Großeltern aufwachsen, geht ihr Bruder Alfred auf die Napola und ihre Schwester Helga verlässt ...

Eine mährisch-kärntnerische Familie während des Zweiten Weltkriegs. Während Zwillinge Fritz und Lotte bei den Großeltern aufwachsen, geht ihr Bruder Alfred auf die Napola und ihre Schwester Helga verlässt die Familie, wird zu "Schwester Laura" und lebt fortan im Kloster. Der Vater ist Mitglied der NSDAP, die Mutter arbeitet im schweizerischen Davos, um die Schulden der Familie abbezahlen zu können. Im ersten Teil des Romans kommen alle Familienmitglieder zu Wort, abwechselnd aus den unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird hier in kurzen Kapiteln das Leben der Familie zwischen 1940 und 1945 beschrieben. Im zweiten Teil dann wird aus der Sicht Helgas erzählt, der ältesten Tochter der Familie, die inzwischen in Italien lebt.

Es fällt mir schwer, die richtigen Worte für diesen Roman zu finden. Er war nicht das, was ich mir erhofft hatte, alles in allem hat er mich doch einigermaßen enttäuscht zurückgelassen. Die kurzen, episodenhaften Kapitel im ersten Teil waren mir zu wenig verknüpft und wirken eher wie eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen als wie eine zusammenhängende Geschichte, die man mit Spannung verfolgt. Der zweite Teil hat diese Lücken dazwischen für mich leider auch nicht recht schließen können. Mit den Figuren wurde ich nicht ganz warm, ihr Schicksal war mir die meiste Zeit über ziemlich geichgültig, weil keine von ihnen mich in irgendeiner Weise packen konnte. Dafür blieb mir der Roman auch einfach zu emotionslos und nüchtern erzählt, ich hatte gar nicht den Eindruck, dass er seine Leser*innen überhaupt packen möchte.

Schlecht war der Roman nicht, und man kann ihn sicher ganz gut lesen, aber man kann es auch ganz gut einfach lassen.