Skurrile und bitterböse Auseinandersetzung mit unseren Gesetzen
Der Held dieses Romans findet bereits in seinen Kindertagen zur Juristerei und verurteilt im Wohnzimmer seine bösartige Großmutter in Abwesenheit zum Tode, ohne eine Berufung zu zulassen. Sein ausgeprägter ...
Der Held dieses Romans findet bereits in seinen Kindertagen zur Juristerei und verurteilt im Wohnzimmer seine bösartige Großmutter in Abwesenheit zum Tode, ohne eine Berufung zu zulassen. Sein ausgeprägter Charakter festigt sich während seines Jurastudiums in Freiburg. Dort setzt sich der hochbegabte Jurastudent auf seine Weise mit den Gesetzen auseinander, verzweifelt an diesen und nimmt schließlich das Recht in die eigene Hand. Getrieben von seinem Gerechtigkeitsempfinden entwirft er kurzerhand das IStdGB (Inoffizielle Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland) und landet letztendlich in einer Gefängniszelle.
Der Roman „Wie alles begann und wer dabei umkam“ ist definitiv kein x-beliebiger Roman. Aber ist dieses Buch überhaupt ein Roman? Für mich ist es vielmehr eine anspruchsvolle und begeisternde Auseinandersetzung mit der aktuellen Gesetzgebung in Form einer Biografie. Simon Urban ist eine Mischung aus sehr vielen skurrilen Szenen, einer gewissen Situationskomik und einer bitterbösen Gesellschaftsanalyse gelungen. Die Story spielt in den 80er und 90er Jahren und nimmt u.a. Bezug auf damalige Morde und Ereignisse. So z.B. der Fall der Marianne Bachmeier, die 1981 den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter im Gerichtssaal erschoss. Der Held hat kein Mitleid mit Straftätern und geht am Ende davon aus, dass es im Zweifel besser wäre, die Existenz eines Schuldigen auszulöschen, bevor der Schuldige die Existenz eines Unschuldigen auslöscht.
Der Autor lässt den Helden im Rahmen seines Studiums der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in Theorie und Praxis sehr viel erleben und beschreibt diese Erlebnisse sehr detailgetreu und anschaulich. Der Leser ist somit hautnah dabei, auch wenn er das manchmal vielleicht gar nicht möchte (damit ist aber nicht das durchaus amüsante Treffen mit Heino gemeint). Die Story nimmt auch Dank der ungewöhnlichen Protagonisten und Nebenfiguren einen interessanten Verlauf, auch wenn einige Passagen und Gedankenspiele etwas ausschweifend beschrieben werden.
„Wie alles begann und wer dabei umkam“ ist ein anspruchsvolles Buch, das sich von der Masse abhebt und auf unterhaltsame Art zum Nachdenken anregt. Mich hat Idee zu dieser Story und die wunderbare Umsetzung einfach begeistert.