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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2023

Horrorgeschichte ganz ohne Übersinnliches

Holly
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Der Anruf einer besorgten Mutter holt Privatermittlerin Holly Gibney aus einem Tief. Die Tochter der Auftraggeberin ist verschwunden, die Polizei unternimmt nichts.
Auf der Suche nach Bonnie stößt Holly ...

Der Anruf einer besorgten Mutter holt Privatermittlerin Holly Gibney aus einem Tief. Die Tochter der Auftraggeberin ist verschwunden, die Polizei unternimmt nichts.
Auf der Suche nach Bonnie stößt Holly auf immer mehr verschwundene Personen, deren Spuren alle zu einem Täter führen ...

Mit Holly hat Stephen King wohl eine der kontroversesten Figuren geschaffen: Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Ich konnte sie schon seit ihrem ersten Auftritt in "Mr Mercedes" ganz gut leiden, alle anderen können aber aufatmen: Holly hat den Großteil ihrer Marotten abgelegt und wird für die Kritiker wohl inzwischen besser zu ertragen sein.

Die Story fand ich sehr gelungen. Mit "Holly" hat King diesmal einen spannenden Thriller geschrieben, der ganz ohne Übersinnliches auskommt.
Sehr gut gefallen hat mir, dass in zwei Zeitebenen berichtet wird, wobei der Vergangenheitsteil irgendwann auf die Gegenwart trifft. Apropos Gegenwart: Der Roman spielt im Jahr 2021, das Thema Corona wird - mit allem, was dazugehört - sehr häufig erwähnt, ebenso wie es vor zwei Jahren auch noch dauerhaft in unseren Köpfen war. King muss viel Kritik dafür einstecken, mich persönlich stört es nicht, wenn AutorInnen das aktuelle Zeitgeschehen mit in ihre Geschichten einfließen lassen.

Zu Kings Stärken zählt meiner Meinung nach definitiv das Schaffen von facettenreichen Charakteren und das ist ihm auch diesmal gelungen: Angefangen bei dem außergewöhnlichen Täterduo, über die verschiedenen Opfer und ihre Angehörigen, bis hin zu Barbaras Mentorin Olivia sind alle Figuren wie immer ausgesprochen gut ausgearbeitet.

King konnte mich nach dem enttäuschenden "Fairy Tale" letztes Jahr wieder mit einer spannenden Horrorgeschichte fesseln, wenn es auch kein richtiges Highlight für mich war.

Kleiner Nachtrag noch zur Hörbuchversion: David Nathan zählt für mich zu den talentiertesten Sprechern überhaupt, diesmal war ich jedoch sehr enttäuscht. Einen Großteil der Geschichte leiert er roboterhaft runter, lediglich bei der wörtlichen Rede hatte ich das Gefühl, dass sich Mühe gegeben wurde.
Hat das noch jemand so empfunden?

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Interessante Dystopie mit einigen Längen

Hysteria
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Dem hypersensiblen Bergheim fällt auf einem Wochenmarkt auf, dass die Himbeeren eine merkwürdige Färbung haben. Außerdem verhält sich das Kalb auf der Weide seltsam.
Also stellt er Nachforschungen an und ...

Dem hypersensiblen Bergheim fällt auf einem Wochenmarkt auf, dass die Himbeeren eine merkwürdige Färbung haben. Außerdem verhält sich das Kalb auf der Weide seltsam.
Also stellt er Nachforschungen an und gelangt ins Kulinarische Institut, wo er auf ein beunruhigendes Experiment stößt ...

Eckhart Nickel beschreibt in seinem Debütroman "Hysteria" ein dystopisches Szenario, in dem ein Einzelgänger entdeckt, dass die Natur immer mehr durch Künstlichkeit ersetzt wird.
Dabei ist das Buch eine Aneinanderreihung von wirren und hysterischen Gedanken des Protagonisten, von denen man bis zum Schluss nicht weiß, ob man ihnen Glauben schenken darf oder nicht. Unterdessen verlieren sich diese oft in vielen Details und Abschweifungen von der eigentlichen Handlung. Etwa die Hälfte des Romans wird durch Erinnerungen an die Studienzeit gefüllt.

Insgesamt begeistert Nickel auch in diesem Roman durch einen sehr anspruchsvollen und ästhetischen Schreibstil, der zwar oft gekünstelt wirkt, aber genau dadurch gut zum Thema passt.
Die vielen Abschweifungen haben mich allerdings etwas gestört, vor allem die zweite Hälfte des Buches hat sich meiner Meinung nach ziemlich gezogen.
Trotzdem fand ich das Grundthema und die Gedankenanstöße sehr interessant.

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Veröffentlicht am 05.10.2023

Ein Kunstwerk

Spitzweg
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Eckhart Nickel beschreibt in "Spitzweg" die Geschichte von drei sehr einzelgängerischen Schülern, die sich durch einen Vorfall im Kunstunterricht anfreunden und beschließen, sich an der Lehrerin zu rächen, ...

Eckhart Nickel beschreibt in "Spitzweg" die Geschichte von drei sehr einzelgängerischen Schülern, die sich durch einen Vorfall im Kunstunterricht anfreunden und beschließen, sich an der Lehrerin zu rächen, um die Ehre wiederherzustellen.

Besonders viel Handlung bietet der Roman allerdings nicht. Vielmehr ist es eine Liebeserklärung an die Kunst selbst, ausgedrückt durch Kunst - denn anders kann man den Schreibstil Nickels nicht bezeichnen.
Dabei wird es sehr unrealistisch, ja, denn niemand in der heutigen Zeit drückt sich derart aus, egal wie hochbegabt und kunstinteressiert. Doch genau das gefiel mir sehr gut. Es bereitete mir Freude, diesen ästhetischen, geradezu malerischen Sätzen zu folgen.
Dabei nehmen die Protagonisten oft Bezug auf Werke aus Kunst, Literatur und Musik, man hat jedoch nicht das Gefühl, alles nachschauen zu müssen, was man nicht kennt.

Allerdings muss ich auch eingestehen, dass es mir irgendwann zu viele Abschweifungen, zu ausgedehnte Kunstbetrachtungen, zu wenig Handlung gab.

Mir fällt es sehr schwer, diesen absolut einzigartigen Roman zu bewerten. In einer Rezension heißt es, er befände sich "irgendwo zwischen Besonders und Sonderbar" und das trifft es sehr gut auf den Punkt.
Trotz der schrulligen, liebenswerten Charaktere, des wunderschönen Schreibstils, der hohen Dichte an Ironie, würde ich ihn nicht uneingeschränkt weiterempfehlen. In diesem Buch geht es nicht darum, eine Geschichte zu erzählen, hier geht es um das Lesen um des Lesens willen. Ab und zu kommt sogar das Gefühl auf, der Autor verspotte die Lesenden selbst.
Und weil ich mich absolut nicht entscheiden kann, ob ich zwei oder fünf Sterne vergeben soll, nehme ich den Mittelwert: ⭐️3,5⭐️

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Veröffentlicht am 26.09.2023

Bleibt im Gedächtnis

Eva
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Verena Kesslers "Eva" beleuchtet die Leben von vier Frauen, deren Schicksale alle miteinander verbunden sind: Eine spricht sich öffentlich dafür aus, dass die einzige Lösung für den Klimawandel ist, keine ...

Verena Kesslers "Eva" beleuchtet die Leben von vier Frauen, deren Schicksale alle miteinander verbunden sind: Eine spricht sich öffentlich dafür aus, dass die einzige Lösung für den Klimawandel ist, keine Kinder mehr zu bekommen. Eine hat einen unerfüllten Kinderwunsch. Die nächste hat drei Kinder und die letzte hat ihres an einer Krankheit verloren.
Im Mittelpunkt stehen dabei die Themen Klimawandel und Mutter-/ Frausein.

Es wird nacheinander aus der Sicht der jeweiligen Personen geschrieben, dabei kann man sich gut in die Gedanken- und Gefühlswelt jeder einzelnen versetzen und alles nachvollziehen.
Es wird deutlich, dass es kein Richtig und Falsch beim Thema Kinderwunsch gibt, wie ambivalent Muttergefühle sein können und dass keine der Optionen ein Garant für Glück sein muss.

Auch das kontroverse Thema, sich aufgrund des Klimas nicht mehr fortzupflanzen, finde ich sehr interessant ebenso wie die im Buch aufgeführten Diskussionen darüber. Mich als Mutter beschäftigt das Thema sehr, auch schon vor den Schwangerschaften.
Kessler lässt hier viel Meinungsfreiraum und drängt in keine Richtung.

Das Ende und Fazit des Buches hat mir auch sehr gut gefallen (obwohl der letzte Teil nochmal sehr emotional und schwer zu ertragen war), somit war es ein absolut rundes und gelungenes Werk, defintiv ein Highlight.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Spannender Thriller mit einigen Schwächen

Erinnere dich!
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Seit zwanzig Jahren hat Arno nicht mehr an das ungeklärte Verschwinden seiner damaligen Freundin Maja gedacht. Ein Klassentreffen weckt jedoch Erinnerungen. Außerdem sind da die anonymen Anrufe, die Arno ...

Seit zwanzig Jahren hat Arno nicht mehr an das ungeklärte Verschwinden seiner damaligen Freundin Maja gedacht. Ein Klassentreffen weckt jedoch Erinnerungen. Außerdem sind da die anonymen Anrufe, die Arno dazu auffordern, sich zu erinnern:
Hatte er was mit Majas Verschwinden zu tun?

Trotz der vielen negativen Rezensionen zu dem Buch wollte ich ihm eine Chance geben.
Der größte Kritikpunkt war für viele die fehlende Spannung; dies empfand ich anders. Zwar ist "Erinnere dich" kein nervenaufreibender Thriller, der einen auf 300 Seiten den Atem anhalten lässt, dennoch tauchen nach und nach mehr Fragen auf; Was ist damals wirklich passiert? Kann Arno seinen eigenen Erinnerungen trauen? Wer steckt hinter den Anrufen und was hat der eigenbrödlerische Student Wolfsohn eigentlich mit der ganzen Sache zu tun? So musste ich mich keineswegs durch das Buch quälen und war doch gespannt auf die Auflösung des Ganzen.

Leider wurde es im letzten Drittel teils etwas vorhersehbar, konstruiert und unglaubwürdig. Das Ende konnte mich nicht überzeugen.
Außerdem fand ich persönlich den Schreibstil wenig ansprechend. Obwohl er sich sehr flüssig lesen lässt, ist er doch ziemlich simpel, fast plump, und strotzt nur so vor Wortwiederholungen.
Auch mit dem Protagonisten Arno wurde ich nicht richtig warm und konnte ihn bis zum Schluss nicht einschätzen. Er wirkte wenig ausgearbeitet.

Insgesamt hat das Buch also definitiv seine Schwächen, obwohl ich die Grundidee interessant finde, gerade die Frage, inwieweit Erinnerungen manipuliert werden können.

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