Profilbild von Arbade

Arbade

Lesejury Star
offline

Arbade ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Arbade über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.07.2024

Die Zerstörung und der Tod

Das Haus in dem Gudelia stirbt
0

Im Juni 2024 versinkt der kleine Dorf Unterlingen im Hochwasser. In aller Eile verlassen Menschen ihre Häuser, retten ihr Leben, ihr Hab und Gut. Nur die 81-jährige Gudelia bleibt in ihrem einsturzgefährdeten ...

Im Juni 2024 versinkt der kleine Dorf Unterlingen im Hochwasser. In aller Eile verlassen Menschen ihre Häuser, retten ihr Leben, ihr Hab und Gut. Nur die 81-jährige Gudelia bleibt in ihrem einsturzgefährdeten Haus. Aus dem Fenster ihrer Wohnung im ersten Stock beobachtet sie das Geschehen, die tobenden dunklen Wassermassen, die alles zu vernichten drohen. Sie sieht „Die Zerstörung und den Tod. Von Schweinen und Menschen“. (71)
Die Sturmflut ist nicht die erste Katastrophe in ihrem Leben. Im Jahre 1984 kam unter tragischen Umständen ihr 15-jähriger Sohn Nico ums Leben. Vierzehn Jahre später trennt sie sich von ihrem alkoholkranken Mann und lebt seitdem in ihrem Haus allein.
Das Haus bedeutet ihr alles, denn es kennt all ihre Gedanken und hütet ihr schlimmes Geheimnis.

Es ist Gudelia selbst, die in dem Roman über ihr Leben spricht. Sie verrät ihre intimsten Gedanken, erzählt über ihre Pläne und ihre Taten und Untaten. Sie erzählt über drei Unglücksjahre, die ihr Wesen und ihr Leben nachhaltig verändert haben. Der furchtbare Tod ihres Sohnes war die schlimmste Tragödie ihres Lebens, ein Schicksalsschlag, den sie und ihr Mann nicht verkraften konnten. Jeder von ihnen ging mit dem Schmerz anders um.
Das Haus ist ein stummer Zeuge der Ereignisse. Hinter seinen Mauern geschahen Sachen, die genauso -wie zum Schluss die Sturmflut – alles im Leben seiner Bewohner mitgerissen und zerstört haben.
Die Geschichte entwickelt von Anfang an einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Die Ereignisse sind so dramatisch und unfassbar, dass ich unbedingt die ganze Wahrheit sofort erfahren wollte. Auch die Protagonistin Gudelia, deren Verlustschmerz deutlich spürbar ist, zieht mit ihrem skurrilen Verhalten in ihren Bann. Beeindruckend sind ihr Einfallsreichtum und die Beharrlichkeit, mit der sie ihre Ziele verfolgt.
Das Buch lässt sich flüssig lesen; dank dem fesselnden Schreibstil und ausdrucksstarken Bildern der Ereignisse ist man mittendrin im Geschehen, fiebert und leidet mit.
Den spannenden Kriminalroman kann ich nur wärmstens empfehlen!
„Das Haus in dem Gudelia stirbt“ ist ein Debütroman von Thomas Knüwer. Das Buch erscheint am 21.08.2024 im Pendragon Verlag.

Vielen Dank an den Pendragon Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars über NetGalley. Die geäußerte Meinung ist meine eigene.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.07.2024

Ein Thriller zum Nachdenken

Hast du Zeit?
0

Hast du Zeit? – fragt er jedes Opfer, das auf seiner immer länger werdenden Liste steht. Denn er will so viel Zeit wie möglich zurückhaben, all die Zeit, die man ihm gestohlen habe. Sorgfältig plant er ...

Hast du Zeit? – fragt er jedes Opfer, das auf seiner immer länger werdenden Liste steht. Denn er will so viel Zeit wie möglich zurückhaben, all die Zeit, die man ihm gestohlen habe. Sorgfältig plant er seine Taten, er denkt an alles:
„Sorge dich nicht. Ich habe die Ewigkeit für dich vorbereitet.“ (200)

Viele Menschen verschwinden spurlos, es gibt keine Verbindungen zwischen den Fällen. Die Polizei ist ratlos, die Vermisstenanzeigen werden ad acta gelegt. So wie im Falle von Conny Goldmann, die seit einiger Zeit in Angst lebte, fühlte sich beobachtet und verfolgt. Doch die Polizei nimmt ihre Anzeige nicht ernst, und auch der diskrete Schutz von Lars Erik Grotheer, dem pensionierten Bundestagspolizisten, hilft der jungen Frau nicht. Wenig später ist sie tot.
Erik Grotheer fühlt sich Connys Todes schuldig und versucht auf eigene Faust den Mörder zu finden. Unterstützung bekommt er von der Fotografin Lilly Constanzo, deren Freundin Felicitas an einer offenen Straße überfallen und entführt wurde.

Auch Michelle, die Tochter von Erik Grotheer und die beste Freundin von der getöteten Conny, verschwindet plötzlich spurlos. Erik und Lilly müssen den Täter unverzüglich finden, denn die Zeit rennt ihnen davon.

Mit dem eindrucksvollen Cover macht der neueste Thriller von Andreas Winkelmann auf sich aufmerksam. Eine Sanduhr auf dem Coverbild und der Titel „Hast du Zeit“ verdeutlichen, worum es in dem Buch geht. Der fesselnde Anfang erzählt über Menschen, deren Zeit – so wie der Täter es will - abgelaufen ist. Der Täter sucht sich immer neue Opfer aus und bleibt selbst unentdeckt. Zwischendurch verrät er seine Gedanken, erzählt die Geschichte seines Lebens, erklärt seine Ansichten bezüglich der Zeit.

Die abenteuerliche Suche nach den Vermissten und dem Täter, von Grotheer und Lilly auf eigene Faust unternommen, verläuft nur müßig. Der gemütliche Schreibstil, in dem der Autor die jeweilige Gegend beschreibt und über das Leben der zahlreichen Protagonisten erzählt, lässt die anfängliche Spannung deutlich abflachen. Den Teil des Buches habe ich wie einen interessanten Krimi empfunden.

Ein bisschen philosophisch ist dieser ungewöhnliche Thriller, in dem die Zeit eine wichtige Rolle spielt. Zum Schluss nimmt die Handlung wieder an Fahrt auf. Der Wettlauf mit der Zeit beginnt erneut, die Spannung steigt auf Höchstniveau, man fiebert mit.
Gerne habe ich meine Zeit mit diesem spannenden Thriller verbracht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.06.2024

Spannender Thriller - sehr zu empfehlen!

Krähentage
0

Mysteriöse Mordfälle beschäftigen die Gruppe 4, die zur Aufklärung der Serienstraftaten neu gegründet wurde. Die Leitung des Teams übernehmen Jakob Krogh, nach einer Auszeit wieder im Polizeidienst, und ...

Mysteriöse Mordfälle beschäftigen die Gruppe 4, die zur Aufklärung der Serienstraftaten neu gegründet wurde. Die Leitung des Teams übernehmen Jakob Krogh, nach einer Auszeit wieder im Polizeidienst, und Mila Weiss, eine erfolgreiche Ermittlerin aus Wien.

Der erste Fall ist mysteriös: eine einsame ältere Frau in ihrer Wohnung ermordet, ihre Leiche mit einer ausgehungerten Krähe in einem abgedunkelten Raum. Unerklärbar zu dem Zeitpunkt ist, dass man die Frau noch nach ihrem Tod gesehen hat.

Auch im nächsten Fall wurde der bereits ermordete Student Ben bei der Vorlesung an der Uni gesehen. Und auch in seinem Apartment befinden sich ausgehungerte Krähen. Jedes Mal hinterlässt der Täter am Tatort zusätzlich eine mysteriöse Botschaft.


Während die Ermittler noch im Dunkeln tappen, kennt der Leser den Täter bereits von Anfang an. Der Spannung tut dies jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil; ich fand es total interessant den Gedanken des Täters zu folgen, seine Pläne im Voraus zu kennen und ihre Umsetzung zu beobachten. Es sind insgesamt schaurige Szenen, die man nur fassungslos verfolgen kann.

Auch die Ermittlungen, obwohl längere Zeit erfolglos, sind spannend. Der Täter scheint der Gruppe 4 immer einen Schritt im Voraus zu sein. Dabei setzt sich das Ermittlerteam aus erfahrenen erfolgreichen Kriminalbeamten zusammen. Einigen von ihnen macht ihre bewegende, womöglich eine düstere Vergangenheit sehr zu schaffen. Und dies erhöht zusätzlich die Spannung.

Ein brutaler, hochintelligenter Täter, interessante Charaktere, temporeiche Handlung mit einigen überraschenden Wendungen, stetiger Nervenkitzel– all das spricht für „Krähentage“ als einen gelungenen, hochspannenden Thriller.
Sehr zu empfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.06.2024

In der Fremde

Der große Wunsch
0

„Migration verändert Menschen, vor allem aber deren Kinder.“ (17)
meint Murad, der nach seiner in Nahen Osten verschollenen Tochter Naima sucht. Murad, ein Sohn der kurdischen Einwanderer, hat längst ...

„Migration verändert Menschen, vor allem aber deren Kinder.“ (17)
meint Murad, der nach seiner in Nahen Osten verschollenen Tochter Naima sucht. Murad, ein Sohn der kurdischen Einwanderer, hat längst mit seinem Herkunftsland abgeschlossen; als Sozialarbeiter in Berlin hat er seinen Platz in der neuen Heimat gefunden. Völlig unvorbereitet traf ihn deswegen die Nachricht über das Verschwinden von Naima, die mit ihrem westlichen Lebensstil, kurzen Röcken, Make-up und Fingernägel-Design wie jedes andere Mädchen in Berlin wirkte. Aber Naima lernte einen französischen Glaubenskrieger kennen, ist ihm nach Syrien gefolgt, hat sich dem Kalifat angeschlossen.

Voller Unverständnis für Naimas Entscheidung und von Selbstvorwürfen geplagt, will Murad seine Tochter in Syrien finden und sie zurück nach Deutschland bringen.

Der Roman von Sherko Fatah spricht viele brisanten Themen unserer Zeit an. Eines der Wichtigsten ist die Migration, die seit dem Ausbruch des Krieges in Syrien sehr stark zugenommen hat. Überzeugend schildert der Autor das Leben in der Fremde, spricht über Parallelgesellschaften und die Sehnsucht nach dem Vertrauten, nach der Zugehörigkeit. Oft geschieht dann, dass „eine Hinterhofmoschee voller >Landsleute< aus aller Herrenländer zur Ersatzheimat“ wird. (29)

Doch das Hauptthema des Romans ist die Suche nach der Tochter, die ihr westliches Leben aufgegeben hat, um in den barbarischen Krieg in einem fremden, ihr unbekannten Land zu ziehen. Murads Suche entpuppt sich als ständiges Warten; das Warten auf den Boten der Schleuser, das Warten auf irgendwelche Infos über Naima, an eine Nachricht von ihr. Es ist ein Warten voller Hoffnung und Zweifel. Wie schwer Naimas jetziges Dasein ist, erfährt Murad aus den Fragmenten des Audiotagebuches, die ihm die Schleuser in einiger Zeitabständen zusenden. Es sind verstörende Nachrichten, manche sind schwer zu ertragen, auch für mich als Leserin.

Die Geschichte wirft viele Fragen auf, doch auf keine von ihnen findet man eine eindeutige, klare Antwort. Die Erzählung, auch wenn sie in einer bildhaften Sprache erfasst ist, zieht sich – genauso wie Murads Warten – in die Länge.
Angeregt von der spannenden Kurzbeschreibung des Buches habe ich diesen Roman mit großem Interesse gelesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.05.2024

Und wenn sie nicht gestorben sind…

Schneeweißchen stirbt
0

„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ - Mit diesem Satz enden viele bekannte Märchen, auch die der Brüder Grimm. Ganz anders jedoch enden alle drei Bücher der Grimm-Reihe aus ...

„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ - Mit diesem Satz enden viele bekannte Märchen, auch die der Brüder Grimm. Ganz anders jedoch enden alle drei Bücher der Grimm-Reihe aus der Feder von Elias Haller.
Obwohl hier jedes Buch auf einem bestimmten Grimm-Märchen basiert, erzählt die ganze Reihe tatsächlich Nora Rothmanns Geschichte; die Geschichte einer Kriminalkommissarin, die nach der Wahrheit über den Mord an ihrer Familie suchte. Bei den Nachforschungen ist Nora auf die Verbindungen zu der geheimen Gruppe Grimm gestoßen.

Der letzte Thriller der Reihe „Schneeweißchen stirbt“ schließt Noras Geschichte ab. Zum Schluss überschlagen sich Ereignisse; es wurde offensichtlich, dass hier jemand die Rache ausübt. Auf diese Weise werden die Täter zu Opfern.
Nachdem im Noras Leben plötzlich ihre längst vermisste Freundin Fiona erscheint, gerät vieles außer Kontrolle. Nicht nur Nora befindet sich in Gefahr, auch ihr Bekanntenkreis wurde bedroht. Und es wurde eindeutig, dass auch Schneeweißchen sterben muss.

Super spannende Geschichte, klug erdacht und raffiniert erzählt. Ihr Finale hat mich gleichermaßen überrascht und erschüttert. Die Akte-Grimm wurde geklärt und abgeschlossen. Trotzdem habe ich zum Schluss das mulmige Gefühl, dass auch am Ende dieses Thrillers passend stehen könnte: und wenn sie nicht gestorben sind…

Meine Empfehlung: unbedingt alle drei Bücher der Reihe nacheinander lesen! Absolut lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere