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Veröffentlicht am 28.08.2017

Zelle 7

Marthas Widerstand
1

In einem England, in dem Gerichte, Richter und Beweismittelaufnahme abgeschafft wurden, werden alle Mörder per Telefonvoting verurteilt. Sieben Tage lang kommen sie jeden Tag in immer kleinere Einzelzellen, ...

In einem England, in dem Gerichte, Richter und Beweismittelaufnahme abgeschafft wurden, werden alle Mörder per Telefonvoting verurteilt. Sieben Tage lang kommen sie jeden Tag in immer kleinere Einzelzellen, während "das Volk" entscheiden kann, ob sie schuldig oder nicht schuldig sind. Maßgeblich beeinflusst und manipuliert werden sie durch die Sendung Death Is Justice, die in einem reißerischen Format die mutmaßlichen Täter präsentiert und die Leute aufhetzt. Die Popularität der Sendung steigt noch einmal an, als Martha festgenommen wird - ein sechzehnjähriges Mädchen, das gestanden hat, Jackson Paige, den Volkshelden, umgebracht zu haben. Doch ist sie wirklich eine Mörderin? Und falls nicht - interessiert das überhaupt jemanden?

Was dieses Buch so absolut gänsehauterzeugend werden lässt, ist seine absolute Authenzität. Wie bitte, werden sich jetzt viele empören. So was kann NIE geschehen! Da frage ich: Wirklich? In einer Welt, in der ein Mann zum mächtigsten eines Staates gewählt wird, der mit alternativen Fakten (in einem anderen Universum würde man dazu Lügen sagen) aufwartet, in der die Manipulation durch die Medien höher ist denn je, in so einer Welt sollte so was nie geschehen können? Nicht authentisch sein? Doch, denke ich. Jetzt eher denn je. Das ist es, was dieses Buch so intensiv macht, der hervorragende Aufbau beim Wechsel zwischen den Perspektiven von Martha, ihrer psychologischen Betreuerin, der Sendung, wenn man die Bemerkungen der Zuschauer hört, die genauso auch von Facebookkommentaren stammen könnten, die Boshaftigkeit von Leuten, die sich rechtschaffen fühlen, es aber nicht sind. Einen Abzug in der Kür gibt es leider, weil der Schluss tatsächlich unglaubwürdig und ein bisschen unlogisch ist, aber um ehrlich zu sein, ich kann es kaum erwarten, dass der zweite Teil der Reihe herauskommt. Es hat wirklich großes Potenzial, diese Story.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Originalität
  • Spannung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.08.2017

Arsed - Nur ein Ami kann die Welt retten

Armada
0

Zachary Lightman ist der Luke Skywalker dieser Story. Sein Vater ist auch nicht Darth Vader, sondern tot. Glaubt er zumindest. Statt mit einem Laserschwert spielt er mit Konsolen, und richtig gut ist er ...

Zachary Lightman ist der Luke Skywalker dieser Story. Sein Vater ist auch nicht Darth Vader, sondern tot. Glaubt er zumindest. Statt mit einem Laserschwert spielt er mit Konsolen, und richtig gut ist er im Spiel Armada, in dem man als Drohnenpilot feindliche Raumschiffe abschießt. Eines Tages stellt sich heraus, dass dieses Game gar keines ist, sondern benutzt wurde, um Millionen Drohnenpiloten auf der Welt auszubilden. Die Außerirdischen gibt es wirklich, und sie klopfen bereits an die sonnensytemische Tür der Erde - in der vollen Absicht, alle Menschen zu vernichten. Plötzlich ist Zack ein Leutnant der Earth Defence Alliance und Darth Vader sagt: Ich bin dein Vater. Oder so.

Ähm ... Ja. Nach Beendigung des Hörbuchs saß ich so da und dachte ... nichts. Keine Ahnung, was sich der Autor dabei gedacht hat. Yeah, ich werfe mal alle Ami-Klischees auf einen Haufen, benutze Gameranspielungen, die außer Gamern niemand versteht, mixe das mit Uralt-Musik aus den 80igern, die keiner kennt und sehe mal zu, wie's ankommt? Dazu unerträgliche Worthülsen wie: "Wir suchen nach Zack Lightman - es geht um die nationale Sicherheit!" oder so ähnlich? Heldenhafter Opfermut von heldenhaften Amis, der gefeiert wird, während ein sich opfernder Chinese keiner Erwähnung mehr bedarf? Die Chinesen haben ja zwei Milliarden Leute, auf einen mehr oder weniger kommt's wohl nicht an, oder was? Dazu die Behauptung, Viper sei ein guter Mann, obwohl er auf seinen Freund geschossen hat? Was zum Geier war das hier? Warum habe ich bis zum Schluss diesen Krampf angehört? Ich dachte die ganze Zeit, es gäbe eine coole politische Auflösung, etwas, das mich zum Schluss mit allem versöhnt. Warum gebe ich anderthalb Punkte? Zwei Gründe: Es wird erwähnt, dass Amis vielleicht nicht nur heldenhaft, sondern auch mal richtig fett schuld an der Misere sein könnten und der großartige Sprecher. Selbst er konnte das Buch nicht besser machen, aber wenigstens erträglich zu hören. Feine Leistung! 1,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Bauchgefühl

Kein guter Ort
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Arne Eriksen ist Halbnorweger und Psychologe. Seit einem Vorfall lebt er in Kviteseid, irgendwo auf dem Land und arbeitet als Therapeut. Als sich eine alte Freundin von ihm - Kari Bergland, Kommissarin ...

Arne Eriksen ist Halbnorweger und Psychologe. Seit einem Vorfall lebt er in Kviteseid, irgendwo auf dem Land und arbeitet als Therapeut. Als sich eine alte Freundin von ihm - Kari Bergland, Kommissarin aus Bergen -, bei ihm meldet, rutscht er in einen neuen Fall mit ihr. Die Tochter von Karis Chef, Janne, hat ein massives Drogen- und Aggressionsproblem. Deshalb soll sie bei Arne eine Therapie machen, doch zuerst dreht sie einmal voll am Rad. Dabei stolpert sie über ein altes Gebäude, ein geschlossenes Hotel, in dem vor zehn Jahren ein Doppelmord passierte, der bis heute ungeklärt ist. Janne ist fest entschlossen, das Rätsel zu lösen, doch da ist jemand genauso fest entschlossen, dieses Rätsel für immer ungelöst zu lassen. Arne, Kari und Janne geraten in Lebensgefahr.

Im Großen und Ganzen fand ich das Buch interessant und spannend. Die Schreibweise ist flüssig, es werden auch all die richtigen Themen bedient (Flüchtlinge, norwegische Nazis, Drogen). Ich habe diese Janne, die therapeut werden musste oder sollte, übelst verabscheut - gut, dass ich kein Therapeut bin, ich hätte mich zu allem hinreißen lassen, nur nicht, ihr zu helfen. Aber gut, diese Frau konnte starke Emotionen hervorrufen bei mir, also war es ein gut entwickelter Charakter. Womit ich jedoch gar nicht klar kam, war dieses "überirdische" Element, diese Bewusstseinserweiterung von Arne, mit der der schließlich auf den entscheidenden Lösungsansatz des Falles kam. Ich glaube nicht an Schamanismus oder das berühmte Bauchgefühl, ich glaube eh nur an wenige Dinge, die man nicht sehen/hören/messen/beweisen kann. Wer ähnlich tickt, mag auch ähnliche Probleme mit dem Buch haben, ansonsten gibt es gerade am Schluss sehr viel Action, der bei der Stange hält und zwei Fragen aufwirft: Wie hart sind die Norweger, dass sie solche Sachen überleben können und Wie kommen sie mit all diesen Mordfällen in schon so kleinen Orten klar? ^^ 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 24.08.2017

Nur eine Armlänge entfernt

Der Mann zwischen den Wänden
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Die neunjährige Alva ist todunglücklich. Ihre Mutter hat sich von ihrem Vater getrennt und ist mit ihr und ihren beiden Schwestern in die Stadt gezogen, und das ausgerechnet in ein altes Haus mit 32 Mietparteien. ...

Die neunjährige Alva ist todunglücklich. Ihre Mutter hat sich von ihrem Vater getrennt und ist mit ihr und ihren beiden Schwestern in die Stadt gezogen, und das ausgerechnet in ein altes Haus mit 32 Mietparteien. Weder hier noch in der neuen Schule noch in der neuen Stadt kennt sie irgendjemanden, und das will sie auch nicht. Alva zieht sich zurück, und das Einzige, was sie wirklich interessiert, ist ihr großes Buch des Okkulten. Eines Tages verschwindet eine Nachbarin spurlos - nur um zwei Wochen später unvermittelt tod und halb verwest in ihrer eigenen Wohnung wieder aufzutauchen. Die Polizei glaubt natürlich, der Ehemann war es, doch Alva findet etwas - und jemanden - anders. Jemanden, bei dem sie zum ersten Mal in ihrem Leben rückhaltlose Anerkennung findet. Und was macht ein Mord oder auch zwei aus unter Freunden?

Ich glaube, wer dieses Buch liest, wird sich in seiner eigenen Wohnung nie wieder perfekt sicher fühlen. Das Grauen schleicht sich immer wieder kurz und langsam ein, erst die Gänsehaut auf den Armen zeigt, wie unheimlich wieder einmal eine Stelle in diesem Buch gewirkt hat. Es ist nicht jedermanns Sache - wer Haudraufhorror aka Stephen King erwartet, wird enttäuscht werden. Wer keine Empathie für einsame Kinder und vernachlässigte Menschen aufbringen kann, wem der Mord an Tieren mehr Schmerzen bereitet als an Menschen, der ist bei diesem Buch völlig falsch. Auch andere können sich fragen, ob das wirklich alles so möglich ist (meiner Meinung nach nicht), aber diese immer mehr in den Abgrund böser Taten getriebenen Hauptpersonen fesseln wirklich, obwohl man sie ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch verabscheuenswürdig findet. Ein ungewöhnliches Buch, das sogar einen Nachfolger vertragen könnte.

Veröffentlicht am 21.08.2017

Am dünnsten ist die Luft ganz oben

Beautiful Liars, Band 1: Verbotene Gefühle
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100 Jahre in der Zukunft: Die Reichsten und Schönsten von Manhattan wohnen im höchsten Penthouse der Welt - 1000 Stockwerke über dem Boden. Als bei der überirdisch schönen Avery eine Party stattfindet, ...

100 Jahre in der Zukunft: Die Reichsten und Schönsten von Manhattan wohnen im höchsten Penthouse der Welt - 1000 Stockwerke über dem Boden. Als bei der überirdisch schönen Avery eine Party stattfindet, passiert ein Unglück: ein Mädchen stürzt vom Dach. Ein Unfall? Mord? Danach wird nichts mehr sein, wie es war - doch wie kam es überhaupt dazu? Alle haben ein Geheimnis, alle nehmen Drogen, alle versuchen, immer mehr und mehr zu erleben und kaum einer interessiert sich dafür, wie es den Leuten da unten, in den unteren Stockwerken geht und die sich durchschlagen.

An und für sich ist die Idee wirklich gut. Und eine Zeitlang ist es auch spannend, aus den immer wieder wechselnden Perspektiven die neuen Errungenschaften des nächsten Jahrhunderts zu erleben, aber dann ... nach einer recht kurzen Weile ... wird es doch langatmig. Man hat das Gefühl, einer Soap Opera beizuwohnen, bei der alle schön sind, selbst die Armen, alle cool sind, selbst die Reichen, und dazwischen gibt's eigentlich auch nichts. Sympathie konnte ich für überhaupt niemanden aufbringen - höchstens für die Schwester von Riley, und die spielte eigentlich gar keine Rolle. Das Buch hätte um hundert Seiten oder mehr gekürzt gehört, dann hätte man nicht das Gefühl der ewigen Wiederholungen gehabt und die Spannung hätte gehalten werden können. Es war nett, aber ob ich mir wirklich den zweiten Teil antun werde, weiß ich noch nicht. Jedenfalls kein Must-Have.