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Veröffentlicht am 09.08.2017

Arachnophobie

Die Brut - Sie sind da
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Aus allen Teilen der Welt gibt es beunruhigende Nachrichten, aus Peru, China, Indien, selbst vom Ozean. Zuerst glauben alle, es handelt sich um Terroristen, zumal ein Flugzeug mit einem milliardenschweren ...

Aus allen Teilen der Welt gibt es beunruhigende Nachrichten, aus Peru, China, Indien, selbst vom Ozean. Zuerst glauben alle, es handelt sich um Terroristen, zumal ein Flugzeug mit einem milliardenschweren Fettsack abstürzt, doch dann stellt sich heraus, dass es sich um etwas Schlimmeres als Terroristen handelt: Spinnen. Wie eine Flut fallen sie über Dörfer und Städte her und fressen Menschen, wobei sie ekelhafte Kaugeräusche machen (als wäre es nicht genug, dass Spinnen, zumal in solchen Massen, ekelhaft sind). Eine Spinnenforscherin, ein FBI-Agent und die Präsidentin der Vereinigten Staaten tragen die Hauptlast der Entscheidungen ...

Ein Buch, das mit den schlimmsten Urängsten der Menschheit spielt. Die Angst und der Ekel vor Spinnen sitzt aus welchen Gründen auch immer sehr tief in Menschen, obwohl die wenigten der 35.000 bekannten Spinnenarten dem Menschen überhaupt Schaden zufügen könnten, wenn sie denn wollten (in der Regel wollen sie nicht, warum auch?). Und so gibt es hier auch entsprechende Szenen, die das bereits vorhandene Kopfkino ordentlich ankurbeln: intelligente Spinnen, die sich in Jagdgruppen vereinigen, Spinnen, die Leute oder Beute ablenken, um selbst etwas "Fieses" zu unternehmen, Spinnen, die sich unter die Haut bohren, um dort Eier oder gar ganze Kokons abzulegen ... Für Leser mit Arachnophobie ist es eher nicht zu empfehlen. Ich leide nicht darunter, eher darunter, wenn ein Buch in superkurze Kapitel aufgeteilt ist und immer wieder andere Baustellen eröffnet, die eigentlich nicht viel die Handlung vorantreiben, sondern rein dazu geschaffen werden, um Hektik zu verursachen. Die ganze Story hätte locker in die Hälfte des Buches gepasst, aber dann wäre vielleicht rausgekommen, auf welch tönernen Boden das Ganze steht.

Veröffentlicht am 07.08.2017

Zodiac - Sex and Crime

Murder Park
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Paul ist vierundzwanzig, Polizeireporter und zu einer Presseveranstaltung eingeladen, bei welcher auf einer Insel der Murder Park eröffnet werden soll. Außerdem hat er eine Geschichte mit dieser Insel, ...

Paul ist vierundzwanzig, Polizeireporter und zu einer Presseveranstaltung eingeladen, bei welcher auf einer Insel der Murder Park eröffnet werden soll. Außerdem hat er eine Geschichte mit dieser Insel, denn ausgerechnet dort ist seine Mutter ermordet worden, von dem berühmten Serienkiller Jeff Bohner. Drei Frauen sind damals von Bohner getötet worden, und die ersten beiden Morde wurden vertuscht, um den Betrieb des damaligen Vergnügungsparks Zodiac aufrechtzuerhalten. Als Paul und die anderen elf auf der Insel ankommen, rühren sich daher nicht nur verschütt geglaubte Erinnerungen in ihm - jemand scheint Bohners Morde im Zeichen der Tierkreise vollenden zu wollen, und die Fähre mit Hilfe und aufs Festland zurück kommt erst in drei Tagen, während gleichzeitig aller Handyempfang ausgefallen ist.

Nichts Neues mit der abgeschiedenen Insel, dem umhergehenden Mörder und der Killerversion von zehn kleinen Negerlein. (Ob ich politisch korrekt lieber geschrieben hätte: zehn kleine, dunkelhäutige Leute?) Trotzdem eine spannende Voraussetzung für ein Buch, wenn es richtig angestellt wird, und auf gewisse Weise gelingt es Winner, zumindest manchmal. Dass mich das Ganze nicht immer fesseln konnte, liegt an seiner Wischi-Waschi-Beschreibung, wenn es wieder zu einem Mord kam. Zufälligerweise ist genau zu diesem Moment Paul scheinbar unfähig zu beschreiben, was er sieht, und mehr als einmal glaubt man, ein Junkie erzähle von seinem letzten Trip. Dazu die ewig nervenden Sexfantasien, die in genau diesem Junkiestil beschrieben werden, außerdem völlig unnötig waren und in keiner Sache weiterhalfen, schon gar nicht was Sympathien anging. Der Twist wiederum gegen Ende des Buches wusste zu gefallen, nur um durch den völlig unsinnigen Schluss (ich sag nur Riesenrad!) wieder zerstört zu werden. Ich konstatiere also mal, dass es zwar keine unspannende Lektüre war, jedoch auch nicht wirklich überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 05.08.2017

Wie man sich einen reichen Junggesellen angelt

Stolz und Vorurteil
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Die Familie Bennett gehört zum (relativ) armen Landadel mit (relativ) wenig Einfluss. Leider existieren nur fünf Töchter - leider deshalb, weil zum Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts jeder Besitz ...

Die Familie Bennett gehört zum (relativ) armen Landadel mit (relativ) wenig Einfluss. Leider existieren nur fünf Töchter - leider deshalb, weil zum Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts jeder Besitz an einen männlichen Erben fällt. Da können Töchter noch so schön, gebildet und wohlerzogen sein, sie können sich nur auf einen Bruchteil des Erbes verlassen. Deshalb ist es für Mrs Bennett des Wichtigste auf der Welt, dass sie ihre Töchter so "gewinnbringend" wie möglich an reiche, wenn möglich adlige Junggesellen verheiratet. Schwierig, da das alle Mütter versuchen und vor allem, weil die Standesunterschiede jede Rolle spielen, es sei denn, man stünde bereits so hoch, dass man das ignorieren kann. Als ein junger, reicher Herr namens Bingley in der Nachbarschaft einzieht, der gleich ein Auge auf Jane, die älteste Tochter, wirft, scheint Anlass zur Hoffnung zu bestehen. Doch sein noch reicherer Freund Darcy tut scheinbar alles, um diese Verbindung zu verhindern, und sein Standesdünkel verdirbt noch einiges andere. Elizabeth, zweitälteste Tochter der Bennetts, und Darcy müssen sich oft aneinander reiben, um zu erkennen, was wirklich wichtig ist.

Dieses Buch von Jane Austen hat mir besser gefallen als Verstand und Gefühl - vielleicht, weil Letzteres dieses Mal nicht so übertrieben war. Austen hat wohl eine Vorliebe dafür, zwei Schwestern des Landadels zu beleuchten, hier hat für mich einfach der Charakter der beiden besser gepasst. Wo Marianne einfach nur ein nerviges Gör war, war Elizabeth mutig, schlagfertig und gewitzt - dass diese Frau einen Mann erobert, kann ich mir weitaus besser vorstellen. Jane hatte mir ein wenig zu viel Ähnlichkeit zu Elinor, wobei die ja nicht unsympathisch ist. Vielleicht sollte man die Bücher nicht zu sehr vergleichen, aber es drängt sich auf, wenn man sie hintereinander ließt. Interessant sind auch die immerwährenden Verwicklungen und Intrigen, die geschmiedet werden, aber auch da lassen sich große Ähnlichkeiten und Parallelen ziehen. Für mich ist Stolz und Vorurteil daher einfach nur eine bessere Version von Verstand und Gefühl, nur mit größerem Lesegenuss und witzigeren/sympathischeren ProtagonistInnen.

Veröffentlicht am 03.08.2017

By A Lady

Verstand und Gefühl
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Ein 200 Jahre alter Klassiker - was kann daran verkehrt sein? Na ja, eigentlich nichts. Andererseits kommt einem manches schon sehr komisch vor.

Als ihr Vater stirbt, stehen Elinor, ihre Schwestern Marianne ...

Ein 200 Jahre alter Klassiker - was kann daran verkehrt sein? Na ja, eigentlich nichts. Andererseits kommt einem manches schon sehr komisch vor.

Als ihr Vater stirbt, stehen Elinor, ihre Schwestern Marianne und Margret und ihre Mutter fast mittellos da, denn das Anwesen geht natürlich (!) an den Sohn des Vaters aus erster Ehe. Und der ist nur wenig geneigt, seine Schwestern und Stiefmutter zu unterstützen. Um so glücklicher fügt es sich, dass ein entfernter Verwandter ihnen ein Cottage anbietet, noch glücklicher anscheinend, dass Elinor sich in den Bruder ihrer Schwägerin verliebt. In ihrer neuen Heimat wirft auch gleich ein Gentleman, Oberst Brandon, sein Auge auf Marianne, und alle könnten happy enden, wenn es nicht ein paar Intrigen und Verwicklungen gäbe. Den beiden älteren Schwestern Elinor und Marianne wird einmal kräftig das Herz gebrochen und überhaupt ist das Leben als verarmter Landadel nicht so einfach, wie es scheint.

Ich bin mit der festen Absicht ans Lesen gegangen, das Buch zu mögen. Man muss es mögen, erstens ist es ein Klassiker, zweitens ist doch Jane Austen der Begriff für starke Frauen in frühester Unterhaltungsliteratur. Und irgendwie mochte ich das Buch auch meistens, andererseits gingen mir viele Sachen einfach auf den Senkel; wahrscheinlich, weil sich manches auch ständig wiederholt und obwohl heute nicht undenkbar, so doch nervig sind. Elinor fand ich noch ganz annehmbar, eine ziemlich clevere Frau, die sich nicht so schnell aus der Fassung bringen ließ. Aber Marianne? Der verzogenen Göre konnte ich bis zum Schluss nichts abgewinnen. Ihre ständigen Gefühlsausbrüche und Rumheulerei haben mich abgestoßen, und was Brandon, dieser gefühlsduselige Narr, an ihr fand, außer dass er einem gewissen Hang zu Pädophilie besaß, war mir ein Rätsel. Ich glaube schon, dass manche Mädchen mit sechszehn reif genug für eine Beziehung mit einem knapp 20 Jahre älteren Mann sind, aber Marianne gehörte meiner Einschätzung nach eben nicht dazu, so kindisch, wie sie sich ständig benahm. Trotzdem ist das Buch dafür, dass es das Debüt einer zu dem Zeitpunkt Zwanzigjährigen war, ein stilistisches Meisterwerk, von dem viele ältere Autoren auch heute noch lernen können.

Veröffentlicht am 02.08.2017

Kleiner Raumfahrer

Spaceman of Bohemia
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Als sich eine Wolke unbekannten Staubs im heimischen Sonnensystem einnistet, ist sich keine Raumfahrernation ganz einig, wer sich darum kümmern soll. Die große Stunde des kleinen Tschechien schlägt, denn ...

Als sich eine Wolke unbekannten Staubs im heimischen Sonnensystem einnistet, ist sich keine Raumfahrernation ganz einig, wer sich darum kümmern soll. Die große Stunde des kleinen Tschechien schlägt, denn sie schicken Jakub Prochazka in den Weltraum, alles für Ruhm und Ehre und Aufmerksamkeit in der Welt. Doch das All ist langweilig, die Tage in der Raumkapsel eintönig, und die Welt für Jakub weit weg. Was macht so ein Mann also den ganzen Tag? Jakub dreht am Rad, als seine Frau die Schnauze von ihm voll hat, unterhält sich mit einem Außerirdischen, der vielleicht da ist oder auch nicht und erzählt seine Lebensgeschichte, die als Sohn eines linientreuen Parteigenossen, der nach der Wende nicht mehr als linientreu, sondern als Kollaborateur bezeichnet wurde, begann.

Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung, was mir das Buch sagen wollte, worauf es hinauswollte. Ab einem gewissen Punkt war es mir aber auch fast egal, weil ich sowieso niemanden leiden konnte, und ob da einer lebt oder tot umfällt, kam mir unwichtiger vor als wenn in Prag ein Fahrrad umfällt. Ganz bestimmt sollte es eine Art Satire darstellen, das kleine Tschechien, das sich mit den Großen messen wollte? Oder Aufarbeitung der tschechischen Geschichte zur Zeit, als Bespitzelung in war? Meine persönliche Meinung ist ja, dass Kalfar mit irgendwem gewettet hat, im Drogenrausch ein Buch zu schreiben, und das kam dabei raus. Hauptsache provokant, Alter!, hat er zu seinem Wettpartner gesagt. Ich werde ganz oft irgendwelchen blöden Hasen die Kehle aufschlitzen, dass das Blut spritzt, oder auch mal einem Schwein, und auf alle Fälle werde ich alle paar Seiten was übers Fressen, Saufen, Scheißen und Ficken erzählen. Das ist modern, das wird gelesen, das wird geliebt, das wird ein Bestseller, Alter! Nun denn. Es sei ihm vergönnt. Aber nicht aufgrund meiner Rezension.