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Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Affäre und zwei Morde

Gloria und eine ägyptische Affäre
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Lady Gloria ist mit ihrer reiselustigen und ein wenig manipulativen Tante nach Ägypten gereist, Alexandria. Eigentlich hatte sie keine Lust dazu, doch Tante Jo überredete sie und Lord Lyndon, den im Jahr ...

Lady Gloria ist mit ihrer reiselustigen und ein wenig manipulativen Tante nach Ägypten gereist, Alexandria. Eigentlich hatte sie keine Lust dazu, doch Tante Jo überredete sie und Lord Lyndon, den im Jahr zuvor in Italien kennengelernt hatte, dazu. (Könnte ja meine letzte Reise sein, so ihre Worte, womit sie im 19. Jahrhundert nicht ganz unrecht hatte, immerhin ist sie schon 68.) Lyndon ist in unklaren Geschäften dort, um einem Freund, Casterton, zur Seite zu stehen, der nicht nur erpresst wird, sondern auch eine Affäre mit einer ägyptischen Magnatin hat. Noch bevor sie richtig angekommen sind, wird der Sekretär Castertons ermordet, nur wenige Tage später Casterton selbst - und niemand anders als Lyndon gerät in Verdacht, zumal er dann wie vom Erdboden verschluckt scheint.

Ich hatte vor kurzem aus dem Regal meiner Mutter die Bücher von Elizabeth Peters und deren Ägyptenkrimis herausgekramt und gelesen und die hatten mir gefallen, so dass ich dieses Buch unbedingt lesen musste. Allerdings finde ich, dass Gloria und eine Ägyptische Affäre nicht annähernd diese Spannung und das Flair entfalten konnte. Zuviel belangloses Geschwätz langweilte über zu weite Strecken, zumal gerade dann, wenn die Gespräche mal interessant zu werden drohten, abgebrochen und mit einem neuen Kapitel begonnen wurde, als wüsste die Autorin nicht, wie sie diese Gespräche interessant beenden sollte. Der Schluss war eine Aneinanderreihung von Glück und Zufall (toll, dass der Diener einer Bekannten so gute Beziehungen hatte, dass er alles Notwendige innerhalb einer Stunde (!) herausfinden konnte) und konnte mich trotz aufgebauschter Dramatik (Krokodile?!) nicht wirklich fesseln. Alles zusammengenommen bin ich ein wenig enttäuscht und vergebe 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Altrevoluzzer und Zyniker

Wilder Winter
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Hap Collins ist jemand aus der weißen Unterschicht, lebt in Texas, arbeitet ab und zu auf den Rosenfeldern und hat einen besten schwarzen, schwulen Freund, Leonard Pine. Beide sind um die 40, zynisch und ...

Hap Collins ist jemand aus der weißen Unterschicht, lebt in Texas, arbeitet ab und zu auf den Rosenfeldern und hat einen besten schwarzen, schwulen Freund, Leonard Pine. Beide sind um die 40, zynisch und desillusioniert. Als eines Tages Trudy auftaucht, die Ex-Frau von Hap, weiß Leonard sofort, dass Hap sein Gehirn abschalten wird und nur noch mit seinem ... ihr wisst schon denkt. Er behält recht. Trudy hat einen Plan - zusammen mit ein paar Altrevoluzzern, die aus den 60igern übrig geblieben sind, will sie ein Auto bergen, in dem sich die Beute aus einem Banküberfall befindet. Dafür braucht sie Hap, der in der Gegend, wo das Auto in einen Fluss gefallen sein soll, aufgewachsen ist. Der Plan ist an und für sich nicht schlecht, dumm nur, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht, das Hap und Leonard dann auslöffeln müssen. Es ist kalt in Texas im Winter, kalt und tödlich und am Ende wird jede Menge Blut fließen. Aber Leonard hatte das eigentlich schon vorher gewusst ...

Das ist mal eine richtig geile Geschichte. Gerade in Texas, wo auch Ende der 80iger die Leute noch heimliche Ku-Kluxer sind oder zumindest nichts gegen Rassentrennung hätten, sind da zwei Freunde wie Hap und Leonard, die so dermaßen eng sind, dass sie füreinander sogar in tödliche Gefahren gehen. Das Grundgerüst der Geschichte ist nicht unbedingt der Reißer, aber wie das aufgebaut ist, ist außergewöhnlich. Die Sprüche von Hap und Leonard sind rotzfrech, zynisch und saucool, selbst wenn sie in Gefahr schweben oder halbtot sind. Den einen Punkt Abzug gibt's eigentlich nur, weil teilweise zu sehr mit extremen Charakterklischees der anderen Personen gespielt wurde, ansonsten ein Hurra auf Lansdale, der eine kurzweilige und vor allem nicht künstlich langgezogene Geschichte erzählt hat, die einfach nur Spaß macht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Deutschland, blutig Vaterland

Bühlerhöhe
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Rosa Silbermann ist Jüdin, geboren in Deutschland, in den Dreißigern zusammen mit ihrer Schwester nach Palästina emigriert. Sie war damals gerade 14, ihre Schwester Rachel zwei Jahre älter. Die Nazis haben ...

Rosa Silbermann ist Jüdin, geboren in Deutschland, in den Dreißigern zusammen mit ihrer Schwester nach Palästina emigriert. Sie war damals gerade 14, ihre Schwester Rachel zwei Jahre älter. Die Nazis haben alle anderen Mitglieder ihrer Familie ermordet. Niemals wollte sie nach Deutschland zurück, zu sehr quälen sie die Erinnerungen, und doch kehrt sie zurück auf Forderung des israelischen Geheimdienstes. Es ist 1952, nur wenige Jahre nach dem Krieg, und Adenauer will Wiedergutmachung in Form von Geld für Israel leisten. Das geht nicht nur den alten Naziseilschaften gegen den Strich, sondern auch Radikalen Juden, die keinen einzigen "blutigen" Pfennig des Landes annehmen wollen, das für den Mord an ihrem Volk verantwortlich zeichnet. Ein Attentat auf Adenauer ist geplant, während seines Aufenthalts auf der Bühlerhöhe, einem Luxushotel im Schwarzwald. Rosa, die dort aufgewachsen ist, soll dem Agenten Ari als kenntnisreiche Begleitung dienen, doch schon bei ihrer Ankunft geht alles schief.

Manchmal kommen einem Romane unter, denen man nicht annähernd zutraut, was sie zu bieten haben. Bühlerhöhe ist einer davon. Er ist kein actionreicher Thriller, kein Agentenroman á la James Bond, trotz oder gerade deshalb ist er viel mehr. Anhand von drei Frauenschicksalen (klingt jetzt kitschig nach Frauenroman, ist es aber nicht!), gelingt es Glaser, in einer ruhigen und intensiven Erzählweise das Nachkriegsdeutschland sowie die jüdische Lebensweise in einem Kibbuzim auferstehen zu lassen, mit einer Eindringlichkeit, die geradezu filmreif ist. Nicht einmal habe ich an den Ereignissen oder Erlebnissen gezweifelt oder irgendwas hinterfragt, ganz im Gegenteil. Für mich hätte alles so stattfinden können, jede einzelne Minute, jede einzelne Person war authentisch und menschlich, ganz egal, ob ich diese Person mochte oder nicht. Es gab extrem kluge Gedanken, die hier und da eingestreut wurden, wie zum Beispiel Rachel, die mit einem jüngeren Araber zusammenlebt - etwas, das tabu, verpönt war, doch sie sagt selbst: Haben die Nazis nicht schon genug Rassentrennung geschaffen? Oder zum Schluss, als ein Katholike, ein Protestant und ein Jude gemeinsam (und als Freunde) vor dem Kanzler musizieren; geradezu die Ringparabel in Reinform. Der Schluss mehr bitter als süß und perfekt auf die Grundstimmung des Buches abgestimmt, einfach nur genial. Absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Geh deinen Weg, singe dein Lied, tanz deinen Tanz - LAUF!

Evolution
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Es hätte so cool sein sollen: Jem, Lucie, Marek, Zoey, Arthur, Paul, Olivia und Katta fliegen für ein Schüleraustauschjahr in die USA. Doch auf dem Flug dorthin kommt es zu extremen Turbulenzen, so schlimm ...

Es hätte so cool sein sollen: Jem, Lucie, Marek, Zoey, Arthur, Paul, Olivia und Katta fliegen für ein Schüleraustauschjahr in die USA. Doch auf dem Flug dorthin kommt es zu extremen Turbulenzen, so schlimm und schwer, dass sie auf dem Flughafen Denver notlanden müssen. Doch ist es wirklich Denver? Es gibt keine Leute, der Flughafen sieht aus, als wäre er seit Jahrhunderten verlassen, überall gibt es seltsame Flora und Fauna. Schon nach kurzer Zeit ist klar, dass sie sich a) irgendwie in der Zukunft befinden und b) eine gewaltige Katastrophe für die jetzigen Umstände verantwortlich sind. Fakt ist auch, dass der Mensch nicht mehr die Nummer Eins der Nahrungskette ist, schlimmer noch, dass sich die Natur gegen ihn verschworen hat und ihn jagt ... Jem und seine Freunde haben keine Chance, aber sie tun alles, um zu überleben.

Das Rad erfindet Thiemeyer mit dem Buch sicherlich nicht, aber was er so erfindet, ist unterhaltsam und wenn es stimmt, was er so an wissenschaftlichen Thesen auspackt, auch äußerst interessant. Allerdings hoffe ich, dass er da nicht nur Wikipedia befragt hat, wie er es anscheinend getan hat, als es ums Bogenschießen ging, denn dass er davon null Ahnung hat, ist schnell klar geworden. Was soll's, das macht ja nur einen Bruchteil der Geschichte aus. Mir hat die Grundidee und die Mehrheit der Umsetzung gefallen, auch wenn ich einige Entscheidungen nicht so nachvollziehen konnte. Wer schießt denn bitte schön erst mal blind in der Gegend herum auf etwas, wovon man vermutet, dass es ein beobachtendes Lebewesen ist? Mal auf Verdacht töten halte ich für eine überdenkenswerte Aussage der Szene - anstelle der neuen Nummer Eins der Nahrungskette wäre ich in dem Fall auch sauer. Auch dass die Jugendlichen (alle so zwischen 15 und 16) mal eben einen tonnenschweren Schulbus (mit modernerer Technik, als sie es kennen) erst reparieren, dann easy-peasy damit durch die Gegend kutschen, ist eine fragliche Angelegenheit. Mir gefällt auch nicht, wie abrupt die Geschichte plötzlich endet - wäre es echt so schwer gewesen, an einer Stelle aufzuhören, bei der man sich nicht fragt, ob der Autor nicht plötzlich einfach die Lust verloren hat? Trotzdem, es war sehr unterhaltsam und der Sprecher hat seine Sache mehr als gut gemacht, so dass ich von 3,5 auf 4 Sterne aufwerte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Besser als erwartet

Emba - Bittersüße Lüge
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Beinahe hätte ich mich durch das dümmliche Cover und den abgehackten Klappentext abschrecken lassen. Ich möchte nicht behaupten, dass ich dann einen Meilenstein der Literatur verpasst hätte, aber mir wäre ...

Beinahe hätte ich mich durch das dümmliche Cover und den abgehackten Klappentext abschrecken lassen. Ich möchte nicht behaupten, dass ich dann einen Meilenstein der Literatur verpasst hätte, aber mir wäre doch glatt gute Fantasy einer jungen Autorin entgangen, die sich einige originelle Sachen hat einfallen lassen.

Wie man sich unschwer denken kann, heißt die Hauptperson des Buches Emba. Sie ist eine verwöhnte Achtzehnjährige, die Tochter des reichsten und gleichzeitig mächtigsten Mannes ihrer Welt. Ihr Vater ist der Boss des Energiekonzerns, der dafür sorgt, dass das moderne und zivilisierte Leben funktioniert. Ihre Energie erhalten die Menschen aus sogenannten Runaren - Wesen, die aus reiner Energie bestehen. Emba, die Prinzessin, die alles hätte werden können, wollte immer nur eines: an der Jägerschule aufgenommen werden. Die Jäger sind es, welche die Runare fangen, ein gefährlicher Job, der Gesundheit und Leben kosten kann. Sie schafft es auch tatsächlich, die Aufnahmeprüfung an der Jägerschule zu bestehen, doch immer wieder kommt es zu Vorfällen, welche beweisen, dass irgendwer das System der Schule manipuliert und Emba in Gefahr bringt. Doch viel wichtiger ist, dass sie einer Sache auf die Spur kommt, welche ihr gesamtes Weltbild zum Einstürzen bringt.

Zacharias hat eine Welt erschaffen, in die ich gern ein wenig tiefer eingetaucht wäre. Es gibt interessante technische Errungenschaften, die auf ein Sci-Fi-Szenario deuten, doch der Verlauf der Handlung richtet sich eindeutig an den Fantasysektor. Mir persönlich hat das eher gut gefallen, andere wird es am Ende wahrscheinlich ein wenig vor den Kopf stoßen, wenn sich herausstellt, was die Energie der Runare wirklich ist. Manche Erklärungen sind auch ein bisschen schwammig und nicht wirklich ausgearbeitet und es gibt eine typische Teenagerromanze inklusive Zickenkrieg, aber beruhigenderweise scheint das anders zu gehen als in den meisten Jugendromanen, das wird der zweite Teil erweisen. Bei den Protagonisten wird viel mit Klischees gearbeitet, und manche Sachen waren arg vorhersehbar, doch im Großen und Ganzen haben der gute Schreibstil und interessante Ideen Spaß gemacht zu lesen. 3,5/5 Punkten.