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Veröffentlicht am 15.09.2016

Du bist wie ich

Broken Dolls – Er tötet ihre Seelen
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Jefferson Winter ist der Protagonist dieses Thrillers, und er ist so "außergewöhnlich", weil sein Vater ein Serienkiller ist. Als er gefasst wurde, hatte er schon Jahrzehnte gemordet und er war seinen ...

Jefferson Winter ist der Protagonist dieses Thrillers, und er ist so "außergewöhnlich", weil sein Vater ein Serienkiller ist. Als er gefasst wurde, hatte er schon Jahrzehnte gemordet und er war seinen Verfolgern immer voraus, weil er unter anderem so intelligent war - natürlich ein Wesenszug, den Jefferson von ihm geerbt hat. Als ihm die Todesspritze verpasst wurde, formte er mit seinen Lippen noch "Du bist wie ich" und erschreckte seinen Sohn damit zu Tode. Er wurde also Profiler, und er ist der Beste aller Besten.

Warum ich so ausführlich auf das eingehe, was den Prolog ausmacht? Weil es das Beste am Buch ist. Er konnte noch reinziehen und neugierig machen, ab da ging es dann abwärts. Der Beste aller besten Profiler wird zu einem Fall gerufen, bei dem der Täter seine Opfer nicht tötet, sondern wieder laufen lässt. Das große ABER dabei ist, dass den Opfern das nichts bringt, denn wie schon Jeffrey Dahmer hat der Täter sie einer Lobotomie unterzogen. Sie sind kaum mehr als leere Hüllen. Die Polizei tappt im Dunkeln, bis Winter auftaucht. Der Thriller fällt in ein Gähnende-Langeweile-Loch, weil Winter einfach so ekelhaft genial ist. Er ist so genial, dass er sogar Morde, die ihm per email beschrieben werden, eben auch per email löst. Seine Art ist von durchgehender Arroganz geprägt: ich hatte den Eindruck, der Autor wollte ihn ein wenig auf eine Stufe mit Sherlock Holmes stellen aufgrund seiner rasanten und logischen Schlussfolgerungen, doch er hat übersehen, dass Holmes bei aller Analytik auch menschlich und warmherzig sein kann. Winter ist nichts davon, und sämtliche Sympathien, die man ihm vielleicht aufgrund seiner Herkunft vergeben könnte, entziehen sich, sobald er den Mund öffnet.

Die Lösung des Falles erwies sich dann auch als genauso spannend wie der Rest des hochgelobten Thrillers, nämlich gar nicht. Winter ließ mich frösteln, und er wird seine "Coolness" zukünftig ohne mich verbreiten müssen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein typischer Zwischenband

Das unendliche Meer
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Cassie, ihrem kleinem Bruder und wenigen anderen ist die Flucht aus dem Ausbildungslager der Anderen gelungen. Frei sind sie deshalb noch lange nicht, denn den perfiden Aufspürmethoden der Außerirdischen ...

Cassie, ihrem kleinem Bruder und wenigen anderen ist die Flucht aus dem Ausbildungslager der Anderen gelungen. Frei sind sie deshalb noch lange nicht, denn den perfiden Aufspürmethoden der Außerirdischen sind sie kaum gewachsen. Zumal sich diese wirklich an keine Genfer Konventionen halten. Da werden aus Kindern Zeitbomben gebastelt, Menschen, die anderen Menschen helfen wollen, sterben eben obgleich ihrer Menschlichkeit. Cassie und die anderen verschanzen sich in einem alten Hotel, und während sie noch immer hofft, dass "ihr" Außerirdischer überlebt hat und zu ihr zurückkehrt, kämpfen Ben, Ringer und die anderen nicht nur mit den Traumata, die sie versuchen müssen zu verarbeiten, sondern auch ums blanke Überleben. Und Cassies kleiner Bruder macht sie für den Tod ihres Vaters verantwortlich.

Das wird, wie man es von Yancey gewohnt ist, auch sehr eindringlich und emotional beschrieben, und doch fehlt was, finde ich. So erschütternd das alles war, es gab kein Vorankommen der Geschichte. Die Ereignisse wurden immer nur aus neuen Blickwinkeln beschrieben, und auch wenn ich sowohl Ben als auch Ringer und die anderen Kids mag und sympathisch finde, auch mitlitt, wenn einem von ihnen was passierte, so entfernte man sich doch von der eigentlichen Geschichte und der großen Frage: Wie geht es weiter? Wie soll - wie kann man überhaupt - die Anderen bekämpfen? So endete das Ganze für mich eher deprimierend/resignierend und ich frage mich wirklich, wie Yancey das in einem letzten Band auflösen will. Selbstverständlich werde ich diesen trotzdem lesen und hoffe, dass er zur alten Brillanz zurückkehrt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenn Träumer töten können

The Bone Season - Die Träumerin
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Paige lebt in einem England, das noch immer gewissermaßen als das England zu erkennen ist, welches jetzt existiert. Doch es gibt auch große Unterschiede. Es leben dort Menschen, die unterschiedlich magisch ...

Paige lebt in einem England, das noch immer gewissermaßen als das England zu erkennen ist, welches jetzt existiert. Doch es gibt auch große Unterschiede. Es leben dort Menschen, die unterschiedlich magisch begabt sind - und genau diese werden gnadenlos verfolgt und bei Festnahme getötet. Die wenigen freien magischen Leute leben unter dem Schutz von "Denkerfürsten", man könnte sie auch Mafiabosse nennen. Paige ist eine Träumerin, eine der seltensten magisch Begabten, die überhaupt existieren. Sie kann nicht nur in Träume und Unterbewusstsein von Menschen eindringen, sie bekommt irgendwann mit, dass sie mit ihrem "Talent" auch Menschen töten kann. Als sie eines Tages von den Behörden erwischt wird, erwartet sie nichts weniger als den Tod - doch dann wird sie den Rephaims ausgeliefert, Wesen aus einer anderen Welt, die sich in fast allem von Menschen unterscheiden.

Diese Rephaims nutzen die Magie der Menschen, um sich selbst zu nähren. Sie sind grausam, ungerecht, die Gefangenen sind ihnen kaum etwas wert. Paige wird dem "Wächter" überstellt; er ist gleichzeitig einer der höchsten und verachtetsten der Rephaims, und sie wird nicht schlau aus ihm. Warum behandelt er sie nahezu menschlich? Warum trainiert er sie, welche Ziele verfolgt er? Dann erfährt sie, dass es bereits einmal einen Aufstand gegen die Königin der Rephaims gegeben hat, und ihr Entschluss steht fest: Sie wird rebellieren, und sie wird fliehen oder sterben.

Shannon entwirft hier ein wirklich komplexes System, nicht nur im ersten Teil bei den Menschen mit ihren Hierarchien und unterschiedlichen magischen Fähigkeiten, sondern auch und gerade bei den Rephaims, die selbst eine faszinierende neue Rasse im Fantasybereich darstellen. Für eine so junge Autorin hat sie eine bemerkenswert geschliffene Sprache. Die Handlungen ihrer Protagonisten, die meistens gut ausgearbeitet sind, sind nachvollziehbar und man kann sehr gut seine Sympathien verteilen. Ob die angedeutete Liebesbeziehung tatsächlich notwendig oder überhaupt machbar ist, bleibt dahingestellt, aber es gibt ja noch genügend Sequels, die das zu klären vermögen.

Ich hatte jedenfalls Spaß an der Sache, kann dieses Buch jedoch nicht jedermann empfehlen. Zu komplex ist diese Welt, zu fremdartig viele Namen, Gerätschaften, Erfindungen. Das ist Fantasy zum Aufpassen, nicht nur zum Abschalten. Wahrscheinlich eher nichts für Twilight-Fans.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Die Magie der Namen
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Meine Überschrift kann sich auf mehrere Dinge beziehen: Darauf, dass Tirasan anfangs nichts mit seinen Begleitern anfangen kann oder auch auf die Tatsache, dass ich persönlich mit ihm - der Hauptperson ...

Meine Überschrift kann sich auf mehrere Dinge beziehen: Darauf, dass Tirasan anfangs nichts mit seinen Begleitern anfangen kann oder auch auf die Tatsache, dass ich persönlich mit ihm - der Hauptperson - nicht warm werden konnte.

Wir lernen Tirasan zuerst als Nummer kennen. In diesem Weltenentwurf wachsen alle Kinder in staatlichen Einrichtungen auf und werden vor ihrem 16. Geburtstag nur mit Nummern benannt. Erst bei der Namenszeremonie (eine Art magische Firmung) werden ihnen von besonders Begabten ihre Namen genannt und ab diesem Moment verwandeln sich die Kids in ... ja, so eine Art Wiedergeburt von jemandem, der bereits existiert hat. Es kann also passieren, dass von einem Moment zum nächsten aus einem Teenager ein gewaltiger Krieger von Anfang 20 wird.

Tirasan bekommt also seinen Namen - und keiner weiß, wer sein Namensgeber überhaupt war. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise kennt man alle Clans und Dynastien. Doch er muss ohnehin nach Himmelstor, der Hauptstadt, reisen, um sich registrieren zu lassen, dort im Archiv hofft er alles über sich zu erfahren. Auf der Reise dorthin kommt er unverhofft zu Gefährten, die er sich nicht ausgesucht hat und er stolpert über eine Verschwörung, die direkt ihn zu betreffen scheint.

Mir gefällt die Idee sehr gut, obwohl ich mir manchmal eine genauere Erklärung gewünscht hätte. Wenn aus Kindern plötzlich "mittelalterliche" Erwachsene werden, wurden ihnen dann auch Jahrzehnte Lebenszeit weggenommen? Solche Sachen etwa. Auch der Schreibstil ist angenehm zu lesen, allgemein macht es Spaß, in diese Welt einzutauchen. Nur konnte ich so gar nichts mit Tirasan selbst anfangen. Ich finde es ja gut, wenn ein Protagonist nicht von heute auf morgen alles kann und vermag, aber noch weniger mag ich Protagonisten, die gar nichts können, nur in Selbstmitleid baden, andere, die ihnen helfen wollen, ständig vor den Kopf stoßen und sich allgemein aufführen, als wäre die ganze Welt gegen sie. Es gab Momente, da habe ich Tirasan nur verabscheut, zumal er sich bis zum Schluss nicht sonderlich weiterentwickelt hat, trotz mehrmals einsetzender Magie.

Dann der wohl von allen kritisierte Schluss. Das war einfach dieses Buchs nicht würdig. Als hätte die Autorin plötzlich nicht mehr gewusst, wie sie sich aus der von ihr erstellten Falle lösen sollte. Schade auch, dass einer der Protagonisten, der homosexuell war, plötzlich umgedreht wurde. Was sollte das denn? Endlich mal ein Buch, das es wagt, einen homosexuellen Helden aufzufahren, nur um dann zum Schluss einen Rückzieher und alles "straight" zu machen? Nein, das fand ich billig.

Es hätte ein wirklich außergewöhnliches Buch werden können, wenn einige Sachen besser durchdacht und konsequent Mut bewiesen wäre.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Welt am Ende

Sturmland - Die Kämpferin
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Auch Teil 2 von Sturmland konnte nicht mit mehr Sympathien punkten. Mittlerweile ist die knapp siebzehnjährige Elin Mutter einer Tochter geworden, als eines Nachts überraschend ihre Tante Karin auf ihrem ...

Auch Teil 2 von Sturmland konnte nicht mit mehr Sympathien punkten. Mittlerweile ist die knapp siebzehnjährige Elin Mutter einer Tochter geworden, als eines Nachts überraschend ihre Tante Karin auf ihrem Gehöft auftaucht. Karin ist eine von der autoritären Regierung gesuchte Flüchtige, eine Rebellin, der Auftauchen Elins ganze Familie in Gefahr bringt. Und richtig, nur kurze Zeit später erscheinen Leute von der Regierung, die Elin samt Tochter verschleppen und verhören. Elin tut alles, um zu fliehen und ihre Tochter zu retten, doch der Weg nach Hause ist weit, und die Rebellen kämpfen mittlerweile erbittert mit den Regierungstreuen um die Vorherrschaft.

Wieder hätte es eine spannende Geschichte werden können, doch Wahl schafft es einfach nicht, Fingerknabber-Momente zu ersinnen. Oh, ich bin gefangen, oh, ich kann fliehen, oh, da hilft mir jemand, oh, huch, da stirbt schon wieder jemand. Die Kämpfe zwischen den verfeindeten Parteien wurden so simpel abgehandelt, dass man sich fragen musste, wie es die Regierung jemals schaffen konnte, überhaupt an die Macht zu kommen. Die waren allgemein so unfähig und von Verrat durchdrungen, dass zu keiner Zeit wirklich Angst aufkommen konnte, dass noch mehr den Bach runtergeht, als es ohnehin schon der Fall war. Wieder werden Tode so en passant abgehandelt, dass weder Schock noch Bedauern aufkommen kann und lediglich der Schluss mit dem cleveren Bruder von Elin und seinen Erkenntnissen rettet das Buch auf gewisse Weise vor völliger Belanglosigkeit.

Ich weiß nicht, ob es der Abschluss einer Dilogie war oder ob es noch weitere Bände geben wird, nur, dass ich wohl kaum den Atem anhalten werde, um mehr oder andere Bücher von Mats Wahl zu lesen.