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Veröffentlicht am 29.01.2022

Demi-Boy

Felix Ever After
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Felix ist siebzehn, trans, schwarz und queer. Er ist ein talentierter Künstler, der sich auf ein Stipendium für eines der besten Kunst-Colleges bewerben möchte, weil er sich sonst eine Uni nicht leisten ...

Felix ist siebzehn, trans, schwarz und queer. Er ist ein talentierter Künstler, der sich auf ein Stipendium für eines der besten Kunst-Colleges bewerben möchte, weil er sich sonst eine Uni nicht leisten kann. Seine Mutter hat ihn und seinen Vater vor Jahren verlassen und die beiden müssen zusehen, wie sie über die Runden kommen. Felix hat über 400 Emails an seine Mutter in seinem Postfach, die er nie abgeschickt hat. Er hat einen besten Freund - Ezra - und er agiert in einer meist offenen pro-LGBT-Community. Doch dann kommt er eines Tages zur Schule und jemand hat Fotos von ihm aufgehängt und seinen Deadname veröffentlicht. Es trifft ihn wie ein Schlag und er vermutet gleich einen aus seiner Stufe, mit dem er immer Beef hatte. Felix beschließt, sich zu rächen und schreibt anonym den vermutlichen Täter an - nur um feststellen zu müssen, dass er wahrscheinlich genauso viele Vorurteile mit sich herumschleppt wie andere.

Es ist ein komplexes Thema, das in diesem Buch aufgenommen wurde, und ich habe auch einiges lernen und mitnehmen können. Die Verwirrung des/der Jugendlichen, ihr Streben darum, sich selbst zu verstehen und sich und andere zu akzeptieren, wird richtig gut rübergebracht, und es gibt so einige emotionale Situationen, die ich gut nachvollziehen konnte, ohne trans zu sein, weil es einfach menschlich ist. Dann wiederum frage ich mich, wie es sein kann, dass in einer Schule fast durchweg LGBT-Personen herumlaufen: Nicht als Vorwurf, aber die Wahrscheinlichkeit ist so gering, dass es schon wieder einen Hauch ins Lächerliche bekam. Manche Sachen wurden recht holzhammerartig auf den Leser losgelassen und ich frage mich, ob das vielleicht in der heutigen Zeit einfach nur die richtige Art ist, jemandem etwas zu vermitteln? Wahrscheinlich schon. Wahrscheinlich kann man nur durch Übertreibung und Wiederholung die Leute dazu bringen, etwas als normal zu akzeptieren, das völlig normal ist.

Was mich tatsächlich immer wieder gestört hat, waren das permanente Saufen, Kiffen, Abhängen der Jugendlichen. Vielleicht habe ich mit 17 was verpasst, dass ich das nicht gemacht habe, aber es hat mich abgeschreckt. Und abgesehen von den Antagonisten des Buches waren alle immer furchtbar vernünftig, einsichtig, reflektiv - in einem Alter, in dem die meisten echt Probleme haben, auch nur bis drei zu zählen.

Trotzdem ist das wirklich eine Lektüre, über die ich noch so einige Zeit nachdenken werde. Nicht, weil mich die Charaktere so ernsthaft beeindruckt haben, sondern weil ich in eine Welt und Probleme eintauchen durfte, etwas darüber lernen durfte, das mir bisher nicht wirklich bewusst war.

Veröffentlicht am 26.01.2022

Durch die Jahrhunderte

Zum Paradies
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1893: Es ist anders, dieses Amerika, als jenes, welches wir kennen. In den Free States ist die gleichgeschlechtliche Liebe erlaubt, und sind nicht alle Menschen gleich und frei? Ein junger Mann, der sich ...

1893: Es ist anders, dieses Amerika, als jenes, welches wir kennen. In den Free States ist die gleichgeschlechtliche Liebe erlaubt, und sind nicht alle Menschen gleich und frei? Ein junger Mann, der sich nicht an den standesgemäßen Verehrer halten will, sondern einen jungen Lover wählt, erfährt es anders.

1993: Ein bisschen vergangene Gegenwart, ein junger Mann und ein alter Mann, und eine Kommunikation, die diesen Namen nicht verdient.

2093: Eine dystopische Zukunft, die ich jedoch noch am besten als "realistisch" erkennen konnte. Pandemien überziehen regelmäßig die Welt, Überwachungsstaat, Big Brother, Depressionen, 1984 all over again.

Um ehrlich zu sein fällt es mir schwer, hier eine Rezension zu schreiben. Ich weiß nicht, was die Autorin damit bezweckte: Diversität, das große Wort "Freiheit", Warnung vor der Zukunft? Wir bekommen hier drei Geschichten aus verschiedenen Jahrhunderten, ohne Anfang, ohne Ende, einfach mal so vorgeworfen wie ein zähes Stück Fleisch, da, nimm hin.

Es ist dasselbe Fleisch wie gestern, es wird auch morgen wieder dasselbe geben, kau darauf herum, bis deine Zähne abgescheuert sind.

Wir haben dieselben Orte, dieselben Namen, selbst die Geschichten sind dieselben, wenn man nur lange genug hinsieht, und dafür wurden 900 Seiten verbraucht? Die "bildgewaltige" Sprache wird gefeiert, die Innovation, die Originalität, aber wenn man mich fragt, ist ein Baum manchmal einfach nur ein Baum und ein Haus auch einfach nur ein Haus und des Kaisers neue Kleider sind immer noch nicht vorhanden, egal wie viele Leute seine Nacktheit als großartige Errungenschaft preisen.

Veröffentlicht am 23.01.2022

Einen Donnerstag später

Der Mann, der zweimal starb (Die Mordclub-Serie 2)
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Manchmal sollte man vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht. Während die knuffige alte Joyce sich ein bisschen mehr Action wünscht - hat sie doch scheinbar Blut geleckt bei dem ersten Fall, den der ...

Manchmal sollte man vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht. Während die knuffige alte Joyce sich ein bisschen mehr Action wünscht - hat sie doch scheinbar Blut geleckt bei dem ersten Fall, den der Donnerstagmordclub gelöst hat - wird zuerst ihr lieber Freund Ibrahim von Kleinkriminellen überfallen und schwer verletzt und dann taucht auch noch einer von Elizabeths alten Ex auf: in mehrfacher Hinsicht. Er ist ein alter Geheimdienstkollege und außerdem ein geschiedener Ehemann. Und er hat Probleme, die 20 Millionen Pfund wert sind. Der Donnerstagmordclub läuft zu Höchstform auf, ganz besonders, als rechts und links wieder Tote den Weg säumen. Gegen diese Truppe sehen sämtliche Kriminellen alt aus.

Mann, ich liebe diese alten Herrschaften! Die sind so wahnsinnig clever, rührend umeinander besorgt, richtig gute Freunde. Und sie haben mittlerweile auch richtig gute Freunde bei Polizei und gewissen Kreisen, von denen die Polizei nicht unbedingt etwas wissen möchte. Auf jeder Seite gibt es Tränen zu lachen und im nächsten Moment wieder erschütternde Ereignisse zu bedauern. Dabei sind die alten Leute natürlich keine Superhelden. Sie haben ihre Wehwehchen, machen das aber mit Cleverness und einer Kaltschnäuzigkeit wett, die einfach nur beeindruckend ist. Gut gefällt mir, dass hier nicht auf Zehenspitzen um den unvermeidlichen Tod oder Demenz oder andere altersbedingte Probleme getippelt wird; diese Themen nehmen die Ladies und Gentlemen genauso bei den Hörnern wie alles andere, das sie anpacken. Das Einzige, was man vielleicht ein bisschen kritisieren könnte, wäre ihre Wunderwaffe Bogdan, aber da auch dieser so sympathisch ist, lasse ich das durchgehen und wünsche mir einfach nur endlich eine Verfilmung bei Netflix. 4,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 21.01.2022

Piraten! Piraten!

1000 Gefahren junior - Das Geheimnis der Pirateninsel (Erstlesebuch mit "Entscheide selbst"-Prinzip für Kinder ab 7 Jahren)
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In diesem Buch erlebst du die Abenteuer! Du arbeitest in einer Kneipe auf einem winzigen Eiland irgendwo im Meer. Hier treiben sich zwielichtige Seeleute, ja sogar Piraten herum! Und es gibt unzählige ...

In diesem Buch erlebst du die Abenteuer! Du arbeitest in einer Kneipe auf einem winzigen Eiland irgendwo im Meer. Hier treiben sich zwielichtige Seeleute, ja sogar Piraten herum! Und es gibt unzählige Möglichkeiten, wie man sich von denen zu etwas überreden lassen kann. Willst du einem Mann folgen, von dem alle behaupten, er sei der Piratencaptain Perkin? Oder hörst du lieber einem alten Seebären zu, der von fantastischen Dingen erzählt und dann in der Nacht plötzlich ausgeraubt wird? Wie entscheidest du dich? Greifst du ein? Falls ja, wie? Und wie geht es weiter? Schätze, Meere, Ureinwohner - die Welt steht die offen!

Ich habe dieses Buch zusammen mit meinem fast siebenjährigen Vorlesekind gelesen. Und wie auch schon 1000 Gefahren mit den Dinosauriern hat uns dieses Abenteuer auch schnell wieder mit hineingezogen in die Geschichte. Man kann Rätsel knacken (wobei die mit der Fußspur eher Unsinn ist), man kann sich wieder und wieder neu entscheiden und damit der Geschichte eine andere Wendung geben. Und das ist wirklich wunderbar, so kann man dieses Buch nicht nur ein- oder zweimal, sondern bestimmt ein halbes Dutzend Mal oder öfter lesen. Allerdings fand mein Vorlesekind - und damit auch ich - dass manche Enden unnötig grausam waren, ohne Hoffnung auf etwas Besseres. Und das fand sie traurig. Ich auch. Es geht doch gerade darum, zumindest in dem Alter immer aufzuzeigen, dass es immer Hoffnung und etwas Schönes am Ende gibt. Von daher bleiben die Saurier wohl doch ihre (und natürlich auch meine) Favoriten.

Veröffentlicht am 20.01.2022

Römische Verhältnisse

Die Flügel des Poseidon
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Endlich sind Falco und Helena nach ihrer Zeit in Germanien wieder zu Hause, in Rom, angekommen. Doch so richtig schön ist ihr Empfang nicht: Das Wetter ist furchtbar, Falcos Wohnung verwüstet und bei seiner ...

Endlich sind Falco und Helena nach ihrer Zeit in Germanien wieder zu Hause, in Rom, angekommen. Doch so richtig schön ist ihr Empfang nicht: Das Wetter ist furchtbar, Falcos Wohnung verwüstet und bei seiner Mutter hat sich ein Legionär eingenistet, der behauptet, ein Freund von Festus, Falcos gestorbenen, älteren Bruder zu sein. Doch schnell zeigt er sein wahres Gesicht. Er will Geld eintreiben und zwar jede Menge, die Festus ihm und seinen Kameraden angeblich schuldet. Da Festus immer in irgendwelche halbseidenen Geschäfte verwickelt war, ist das leider nicht mal auszuschließen. Bevor sich Falco darum kümmern kann, wird der Legionär ermordet und Falco des Mordes angeklagt. Dann kommt auch noch die Kleinigkeit dazu, dass Festus angeblich auch anderen noch Geld schuldete - eine halbe Million ... Um hier seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ist Falco auf die Hilfe seiner Familie angewiesen und das ist selbst unter den besten Umständen nicht die beste Idee.

Ich habe vor Jahren ein paar Bücher aus der Reihe gelesen und mich immer gut unterhalten gefühlt und genau dieses Feeling kommt auch sofort wieder auf. Man ist sofort in den römischen Verhältnissen wieder drin, ärgert sich über diverse Familienmitglieder, trottet mit Falco durch Straßen und Tavernen und ist begeistert, dass dieser eine so starke Frau an seiner Seite hat. (Wohlgemerkt sind die Bücher schon um die 30 Jahre alt, da könnten sich heutige AutorInnen mal eine Scheibe abschneiden.) Gut gefiel mir wieder, dass die Sprache modern - ja, das ganze Leben irgendwie modern beschrieben wird. Geldeintreiber, mafiaähnliche Strukturen, Kleinkriminelle, große Paten, es ist alles vorhanden. Zwischendrin war es mal ein bisschen langatmig, aber wie immer bei Falco und Co ist der Gesamteindruck äußerst positiv.