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Veröffentlicht am 27.07.2022

Senioren-Alcatraz

Die Langeweile stirbt zuletzt
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Helmut Katuschek ist Kriminalhauptkommissar a.D. Aber noch lange nicht adé, und das muss und wird er beweisen, als es in seinem Seniorenheim zu einem Todesfall kommt. Nun ist so ein Todesfall in einer ...

Helmut Katuschek ist Kriminalhauptkommissar a.D. Aber noch lange nicht adé, und das muss und wird er beweisen, als es in seinem Seniorenheim zu einem Todesfall kommt. Nun ist so ein Todesfall in einer Altersresidenz nicht unbedingt ungewöhnlich, aber dass es die junge Küchenhilfe Selma trifft, mit der Helmut befreundet ist, das tut fast genauso weh wie die ganzen Zipperlein von Gerhard, dem 80+-Hypochonder vom Essenstisch. Dass Selma tot ist, war ganz glasklar ein Mord - und der Mörder kann nur unter ihnen weilen. Helmut macht sich zusammen mit Jutta, der voluminösen Esoteriktante, und Frau Doktor Böttcher, der kleinen, Telefonbuch liebenden Ex-Gerichtsmedizinerin auf die Suche nach dem Täter, immer auf der Hut vor zu raschen Bewegungen, seiner keifenden Ehefrau Margot und diversen liebesbedürftigen Seniorinnen.

Gleich vorneweg: Als Krimi ist dieses Buch eine Katastrophe, denn da ist nichts durchdacht oder gar vernünftig aufgelöst. Das war aber wahrscheinlich auch nicht die Absicht der Autorin, denn die Handlung lebt - und stirbt - eben nicht gerade durch die Handlung an sich. Hier geht es um den Wortwitz und all die teilweise schon fast ins Lächerliche gezogenen und überspitzten Dinge, die das Alter darstellen. Muss man nicht alles gut finden, aber für den einen oder anderen Lacher ist es gut genug. Als Buch hätte mich das vielleicht auf Dauer auch schnell gelangweilt. Was diese Lektüre wirklich nach oben erhoben hat, war der Sprecher. Er hatte ganz offensichtlich einen Heidenspaß an dem Ganzen und dieser Spaß überträgt sich ganz unwillkürlich auf den/die Hörenden. Damit erreichen die armen Knastis im Senioren-Alcatraz immerhin 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 25.07.2022

Viel Feind, viel Ehr

Das letzte Grab
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Carla Winter geht es richtig gut. Sie ist Anfang vierzig, hat eine gut gehende Anwaltspraxis in Frankfurt und lebt ihr Leben, wie es ihr in den Sinn kommt. Umso größer ist der Schock, als ihr plötzlich ...

Carla Winter geht es richtig gut. Sie ist Anfang vierzig, hat eine gut gehende Anwaltspraxis in Frankfurt und lebt ihr Leben, wie es ihr in den Sinn kommt. Umso größer ist der Schock, als ihr plötzlich mitgeteilt wird, dass ihr Ex-Mann in der Türkei getötet wurde. Ein Autounfall oder etwas anderes? Die Polizei tappt im Dunkeln. Und Carla tappt zuhause über die Leiche ihres One--Night-Stands, den jemand umgebracht hat. Und ihr droht dasselbe, sollte sie nicht ein wertvolles Kunstobjekt aufspüren, bei dem ihr Ex die Finger mit im Spiel hatte. Eine rasante Jagd entwickelt sich, bei der ihr ein Killer stets auf den Fersen ist ...

Hier geht es wirklich Schlag auf Schlag. Kaum lernt man Carla kennen, wird sie nicht nur über den Tod ihres Ex-Mannes unterrichtet, sondern stolpert auf der Stelle in gefährliche Machenschaften, in die er verstrickt war. Was mir gut gefällt ist, dass es sich hier wirklich mal um einen Thriller handelt, der mit schnellen, rasanten Kapiteln nicht nur die Protagonistin, sondern auch die LeserInnen in Atem hält. Mag sein, dass das ein wenig zu Lasten der Charakterisierung geht und einige Szenen waren arg glücklich, aus denen sie entkommen konnte, aber wer zu diesem Buch greift, erwartet ja auch keine tiefschürfende Philosophie, sondern Action, Intrigen und hier und da ein paar Morde. Nicht mehr und nicht weniger erhält man dann auch.

Veröffentlicht am 25.07.2022

Ein einziger Moment

Lost-Moments-Reihe, Band 1 - The Moment I Lost You
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Auf einer Party wie jeder anderen: Mia amüsiert sich - zumindest solange, bis etwas Schreckliches passiert. Ihr Freund Brant liegt auf dem Küchenboden, ein junger Mann namens Nathan steht mit einem blutigen ...

Auf einer Party wie jeder anderen: Mia amüsiert sich - zumindest solange, bis etwas Schreckliches passiert. Ihr Freund Brant liegt auf dem Küchenboden, ein junger Mann namens Nathan steht mit einem blutigen Messer daneben. Und dann passiert das Undenkbare. Brant stirbt.

Vier Jahre später ist Mia noch immer traurig, noch immer erschüttert, sie geht regelmäßig zu Treffen mit anderen Trauernden und hat eine Psychologin, mit der sie sich ebenfalls regelmäßig trifft. Erneut wird ihre Welt erschüttert, als sie Nathan wiedersieht, den Mann, den sie für den Mörder von Brant hält. Er ist auf Bewährung draußen und immer wieder laufen sie sich über den Weg. Je mehr sie sich kennenlernen, desto mehr erkennt Mia, dass sie alle einem Irrtum unterlagen - und dass Nathan so viel mehr ist als ein einziger furchtbarer Moment ...

Ich bin ja zugegebenermaßen kein großer Freund von NA. Normalerweise hasse ich einfach die als romantisch propagierten toxischen Beziehungen, in denen die Typen ihre Freundinnen wie den letzten Dreck behandeln. Das war hier überhaupt nicht der Fall, im Gegenteil. Zwischen den beiden Hauptcharakteren bestand zu jeder Zeit eine respektvolle Beziehung, selbst ganz zu Anfang. Für ihre Jugend war Mia eine reflektierte Frau, die immer wieder ihre Infos neu bewertete und sich auch von engen Freunden nicht (lange) aus der Bahn werfen ließ. Das mochte ich sehr. Ja, das Ende war vielleicht ein bisschen zu sehr Friede, Freude, alle haben sich lieb, und manche Entscheidungen hätte ich nicht oder anders getroffen. Alles in allem für dieses Genre etwas sehr Lesenswertes mit einem ernsten Thema im Hintergrund.

Veröffentlicht am 22.07.2022

East Side Story

Welch grausame Gnade
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Juliette Cai und Roma Montagov sind die Erben zweier bis aufs Blut verfeindeter Gangs in Shanghai. Vor vier Jahren wagten sie eine heimliche Beziehung, aber ein blutiger Angriff der einen auf die andere ...

Juliette Cai und Roma Montagov sind die Erben zweier bis aufs Blut verfeindeter Gangs in Shanghai. Vor vier Jahren wagten sie eine heimliche Beziehung, aber ein blutiger Angriff der einen auf die andere Gang hat ihre Liebe nicht nur beendet, sondern dafür gesorgt, dass Juliette die letzten Jahre im Ausland verbracht hat. Jetzt ist sie zurück: älter, härter, kälter. Um nichts in der Welt möchte sie etwas mit Roma zu tun haben, doch plötzlich geht ein Monster um in den Straßen von Shanghai, und es tötet mit heftiger Blutgier nicht nur die Scarlets, sondern auch die Whiteflowers. Ob sie wollen oder nicht, müssen sie zusammenarbeiten, um das Monster und das Sterben in den Straßen zu beenden.

Mit dieser Geschichte taucht man tief in die Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Shanghai ein. Fremde Mächte führen sich wie Kolonialherren auf, die einfachen Leute sind entweder arm oder Mitglieder der Gangs, eine andere Wahl hat man meistens nicht. Mir gefiel gut, dass Juliette keine verheulte Capulet ist, die ständig von ihrem heldenhaften Montague gerettet werden muss. Es fiel mir trotzdem schwer, wirklich Sympathien für die Hauptpersonen aufzubringen, weil ich einfach Leute, die kaltblütig andere umbringen, nicht wirklich für meine Buddys halte. Auch gab es ein paar Nebencharaktere, die ihnen öfter mal die Show gestohlen haben. In der Mitte des Buches gab es mal ein eher zähes Vorankommen, das wurde aber gut mit dem rasanten Ende und dem Twist aufgeholt. Was mich wirklich gestört hat, waren die vielen Schreibfehler, die nicht für die Qualität des Korrektorats sprechen.

Veröffentlicht am 16.07.2022

Unter Haien

Killing November 1
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Von einem Moment zum anderen erwacht November abrupt in einer ihr unbekannten Umgebung. Eben noch saß sie im Flugzeug und sollte zu einem Internat fliegen, zu dem ihr Vater sie geschickt hat, im nächsten ...

Von einem Moment zum anderen erwacht November abrupt in einer ihr unbekannten Umgebung. Eben noch saß sie im Flugzeug und sollte zu einem Internat fliegen, zu dem ihr Vater sie geschickt hat, im nächsten Augenblick findet sie sich in einem abgeschotteten Schloss wieder, mit Regeln, die ihr fremd sind und mit Klassenkameraden und Lehrpersonal, das sie scheinbar lieber tot sehen als möchte, als dass sie sich in irgendeiner Form zurechtfindet. Sehr schnell gerät sie in Lebensgefahr und hat nur wenige Leute, die willig sind, ihr zu helfen. Selbst denen zu trauen, könnte fatal enden. Und dann gibt es einen Toten, und dann noch einen und noch einen. Um zu überleben, muss November nicht nur herausfinden, wer sie wirklich ist, sondern auch, wer es auf sie abgesehen hat.

Dieses Buch hat mich einige Male hin- und hergerissen. Einerseits ist November eine toughe, junge Frau, die sehr schnell Sympathien erringt, andererseits gingen mir so viele Dinge in diesem Buch wirklich auf den Sack. Nicht nur, dass sie mal wieder eine typische Auserwählte war, die natürlich nicht wusste, dass sie auserwählt ist und natürlich überhaupt nicht vorbereitet wurde auf das, was sie erwartete. Dazu kommt, dass sie auf gewisse Weise eben doch vorbereitet wurde, aber eben auf spielerische Art und das hier einfach immer funktionierte. Vieles ergibt einfach auch keinen Sinn und über das Schulsystem wollen wir gleich gar nicht reden. Ich habe auch bei Hogwarts hingenommen, dass der Lehrplan für ein relativ normales Leben Murks war. Tatsächlich hätte ich mich eigentlich über alles Mögliche aufregen müssen.

Tatsächlich jedoch hatte ich an dem Buch einen Heidenspaß. Das lag zum einen an der genialen Sprecherin, die es wirklich drauf hatte, November eine Stimme zu verleihen, andererseits an der Handlung, die wirklich nur wenig Zeit zum Durchatmen ließ. Selbst für die typische Romanze war wenig Zeit, weil immer was dazwischenkam, und genau so mag ich es. Jetzt bin ich gespannt, wie sich der zweite Teil entwickelt.