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Veröffentlicht am 25.11.2021

Goldene Zwanziger?

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein großer Rausch
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Frauen hatten es selten einfach in der Geschichte der Menschheit, das ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts und auch in den so genannten Goldenen Zwanzigern nicht anders. Magda Fuchs arbeitet noch immer als ...

Frauen hatten es selten einfach in der Geschichte der Menschheit, das ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts und auch in den so genannten Goldenen Zwanzigern nicht anders. Magda Fuchs arbeitet noch immer als Polizeiärztin, aber leben kann sie davon nicht, weshalb sie eine eigene Praxis eröffnet. Durch ihre Arbeit als Polizeiärztin wird sie in einen Fall gezogen, bei der ein Schlitzer eine Rolle spielt. Er greift Frauen auf die grausamste Weise an - indem er ihnen die Bäuche aufschlitzt. Zur selben Zeit wird Magda auch mit dem Leid von Frauen konfrontiert, die von ihr verlangen, dass sie abtreibt - etwas, das gesetzlich verboten ist. Auch mit Celia und Doris geht es weiter und alle drei Frauen müssen um ihren Platz im Leben kämpfen.

Dieser Band schließt sich nahtlos an Band 1 an. Soeben wurde noch Silvester gefeiert, plötzlich hat jemand Doris niedergestochen - und er hört bei ihr nicht auf. Tatsächlich jedoch spielt der Fall des Schlitzers eine weniger dominante Rolle, als mir lieb gewesen wäre. Es gab ganze Abschnitte in diesem über 400-Seiten-Buch, die sich nur mit den Beziehungen der Frauen zu diversen Männern beschäftigten. Das ist zwar für die damalige Zeit fast unabdingbar für eine Frau gewesen zu heiraten, aber richtig spannend war das nicht. Immerhin gab es interessante und manchmal auch erschütternde Einblicke in die Goldenen Zwanziger, die so golden dann doch nicht gewesen waren. Inflation, Judenhass, die Stellung der Frauen, all das wurde in dem Buch behandelt. Manchmal wurde es mir ein bisschen zu langatmig, aber alles in allem war es eine Geschichte, deren letzten Band ich jetzt auch noch lesen möchte. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 22.11.2021

Alles, was da krabbelt und fliegt

Mein Insektenhotel - Biene, Schmetterling und Käfer
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Mit dem vorliegenden Buch haben sowohl Autorin als auch Verlag ein echtes Kleinod für Kinder vorgelegt. Es ist ein stabiles Pappbuch, das auch den Kleinsten mit ihren Knubbelfingern erlaubt, es anzutatschen ...

Mit dem vorliegenden Buch haben sowohl Autorin als auch Verlag ein echtes Kleinod für Kinder vorgelegt. Es ist ein stabiles Pappbuch, das auch den Kleinsten mit ihren Knubbelfingern erlaubt, es anzutatschen und auch mal fallen zu lassen. In ihm wird beschrieben, welche herkömmlichen Insekten in unserem Garten kreuchen und fleuchen.

Dabei gibt es viele Klappen zum Öffnen und Erleben, zum Anschauen und schlussendlich auch zum Lernen. Die Texte dazu sind kurz, verständlich und kindgerecht gehalten.

Richtig gut gefallen haben mir auch die Zeichnungen. Die waren einerseits schön und für Kinder ansprechend gestaltet, aber trotzdem nicht kitschig, sondern eher authentisch. Da hat eine Spinne nun mal keinen süßen Knuddelkörper mit Walt-Disney-Kulleraugen, sondern wird so dargestellt, wie sie ist. Gleiches gilt auch für die Bienen, Wespen, Ameisen, Schmetterlinge und was sonst noch vorgestellt wird.

Auch die Aufmachung wie ein Haus/Hotel ist passend zum Thema gewählt und ich finde, in der heutigen Zeit kann man gar nicht früh genug damit anfangen, die Kinder für die Nützlichkeit der Insekten zu sensibilisieren. Schönes Buch, schön aufbereitet.

Veröffentlicht am 22.11.2021

Die Samin und der Gand

RAVNA – Tod in der Arktis
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Norwegen, Polarkreis: Wenige Tage, bevor die unendlich erscheinende Polarnacht beginnt, wird in Vardø eine Leiche gefunden. Ausgerechnet am ersten Tag von Ravnas Praktikum bei der Polizei. Die junge, achtzehnjährige ...

Norwegen, Polarkreis: Wenige Tage, bevor die unendlich erscheinende Polarnacht beginnt, wird in Vardø eine Leiche gefunden. Ausgerechnet am ersten Tag von Ravnas Praktikum bei der Polizei. Die junge, achtzehnjährige Samin ohne Berufserfahrung erkennt das Mordopfer. Es handelt sich um Olle Trygg, den reichsten Samen der Gegend. Er war ein widerlicher, verabscheuungswürdiger Mann ohne Freunde, aber mit vielen Feinden. Doch Ravna erkennt noch am Tatort, dass der Mörder Same sein muss oder jemand mit viel Wissen über die samische Lebensweise. Mit ihrem Hintergrund und ihrem jugendlichen Elan wird sie bald unersetzbar für Rune Thor, den brillanten, aber kaputten Ermittler aus Kirkenes ...

Ich gebe zu, ich habe noch nie ein Buch der Autorin gelesen, das mir jemals gefallen hätte, aber hier hatte sie mich quasi von Seite 1. Sie schafft eine ruhige, unaufgeregte Atmosphäre der Polarnacht und bringt viel Wissen über die Samen und deren Lebensweise mit ein. Ravna ist eine junge Frau, die mir mit ihrer Sturheit, ihrer Überzeugung und ihrem Engagement gut gefallen hat, selbiges gilt auch für Thor, auch wenn man es bei dem nicht ganz so dick hätte auftragen müssen. Die Auflösung des Falles fand ich ein bisschen schade, aber dennoch relativ überzeugend und das Ganze hat mir Spaß gemacht zu lesen, sodass ich wirklich hoffe, die Reihe wird fortgesetzt.

Veröffentlicht am 19.11.2021

Ein dunkler Fleck

Das Geheimnis
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1975. In einer Kommune am Chiemsee lebt Helga, eine Künstlerin Anfang der 50. Sie hat vor Jahren ihre neunjährige Tochter Ulla verlassen und zeichnet seitdem düstere Bilder. Eines Tages ist sie tot - erschossen. ...

1975. In einer Kommune am Chiemsee lebt Helga, eine Künstlerin Anfang der 50. Sie hat vor Jahren ihre neunjährige Tochter Ulla verlassen und zeichnet seitdem düstere Bilder. Eines Tages ist sie tot - erschossen. Doch warum hat sie Selbstmord begangen?

2020. Ulla ist eine ältere Frau, die sich vor wenigen Jahren von ihrem Mann getrennt hat. Ihrer Mutter Helga konnte sie nie vergeben, sie im Stich gelassen zu haben. Doch dann führt sie das Schicksal in die ehemalige Kommune und plötzlich erfährt sie Dinge über ihre Mutter, die sie nie gewusst hatte. Dinge, die bis in die Kriegszeit zurückreichen und ein ganzes Leben überschatteten.

Ich kannte von Ella Sandberg noch keine Bücher, allerdings die Krimis derselben Autorin unter ihrem Klarnamen. Ich war also gespannt, wie sie diese Familiengeschichte vor uns ausbreiten würde. Leider muss ich anmerken, dass gerade die Abschnitte, die in der Jetztzeit spielen, eher zäh und langatmig daherkamen und mich auch Ullas Probleme nur wenig zu fesseln vermochten. Hauptsächlich deshalb, weil ich diese Dinge weder als Probleme empfinde unter den Umständen, in denen sie lebte. Bei den Rückblicken zu Helga hingegen war ich wirklich mittendrin. Besonders gut empfand ich dabei den Kunstkniff, eben nicht chronologisch vorzugehen, sodass man in der Hinsicht immer unter Spannung gehalten wurde. Fast schon genervt war ich dann jedes Mal, wenn ich zu Ulla und ihrem Erzählstrang zurückkehren musste.

Im Großen und Ganzen empfand ich zwar die Prämisse des Romans als interessant, die Umsetzung jedoch nur bedingt gelungen. Vielleicht bleibe ich besser bei den Krimis der Autorin.

Veröffentlicht am 11.11.2021

Die Poesie des Todes

Stadt der Mörder
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Paris, 1924: Während die einen in ihren Köpfen noch immer die Schrecken des Krieges durchleben, versuchen die anderen, das Leben als ständige Feier zu betrachten. In diese brodelnde Metropole verschlägt ...

Paris, 1924: Während die einen in ihren Köpfen noch immer die Schrecken des Krieges durchleben, versuchen die anderen, das Leben als ständige Feier zu betrachten. In diese brodelnde Metropole verschlägt es Lysanne, eine junge Frau vom Land, die auf der Suche nach ihrer Schwester ist. Zur selben Zeit muss Lieutenant Vioric den grausamen Mord an einem adligen Jugendlichen aufklären. Beide führt ihr Weg zu den Surrealisten, eine Gruppe junger, rebellischer Dichter und Denker, die sich den althergebrachten Konventionen verweigern und dafür als Aufrührer angesehen werden. Doch ausgerechnet aus dieser Gruppe erhält Vioric den ersten vernünftigen Anhaltspunkt seiner Ermittlungen und auch Lysanne muss ihre Naivität verlieren, um nicht nur die Nächte, sondern auch das ganze mörderische Paris zu überleben ...

Von der ersten Seite an versteht es die Autorin, mit geradezu poetischer Schönheit die Hässlichkeit und Zerstörung, die ein Krieg gebiert, vorzuführen. Paris, die schöne, dreckige Stadt der Nacht, erwacht vor unseren Augen und deutet auf all die intriganten und versteckten boshaften Dinge, die so menschlich sind wie der Krieg. Ganz nebenbei erhält man einen Einblick in die Goldenen Zwanziger, die Surrealisten, die Art, wie bei der Polizei gearbeitet wird. Und man trifft auf zerstörte Seelen, die einfach nicht mehr zu retten sind, genauso wie Seelen, die hätten gerettet werden können, aber sehendes Auges dem Untergang preisgegeben wurden.

Ich habe jedenfalls das Eintauchen in diese Zeit und diese Umgebung sehr genossen und würde es gern sehen, dass diese Reihe fortgesetzt wird.