Purgatorium
WestwindKurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman ...
Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman wurde leblos im reißenden Fluss treibend gesichtet, und da er sich in der Blüte seiner Jahre befand, stellt sich die Frage, wie er zu Tode kam. Ein Unfall? Nicht ausgeschlossen, das Wetter ist schlecht Mitte Februar, man hätte leicht ausrutschen können. Oder Selbstmord? Vielleicht gar Mord? Der nächsthöhere Kirchendiener, der Dekan, verlangt Aufklärung. Und so sieht sich John Reve, der ansässige Priester, gezwungen, aufmerksamer den Beichten seiner Schäfchen zu lauschen, um das Puzzle zusammenzusetzen.
Bei diesem Buch handelt es sich weder um einen klassischen Thriller noch einen Krimi. Stattdessen könnte man es eher als eine Milieustudie des ausgehenden 15. Jahrhunderts betrachten, und so findet sich der Leser zusammen mit dem Priester in einem deprimierend armen Dörfchen wieder, in dem die Bewohner kaum mehr besitzen als das, was sie am Leib tragen. Dazu kommt die Februarkälte, der Wind, der anstehende Hunger der Fastenzeit. Es ist ein entschleunigendes, fast schon gemächliches Buch, das sich Zeit dafür nimmt, die einzelnen Charaktere zu beleuchten, und es wird auf eine außergewöhnliche Art erzählt, nämlich rückwärts. Wir lernen John Reve am Tag 4 nach dem Tode Newmans kennen und begleiten ihn dann rückwärts bis zu dem Tag, an dem Newman umkam, wobei nur so nach und nach die Details des Geschehens aufgeklärt werden. Für reine Krimileser mag das vielleicht zu lange dauern, zu wenige echte Krimielemente enthalten, aber wer sich für das Entwickeln und langsame Aufklären einer Handlung sowie historische Hintergründe interessiert, ist mit diesem Buch gut bedient.