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Veröffentlicht am 23.07.2017

Die magischen Zwanziger

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind: Das Originaldrehbuch
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Wir schreiben das Jahr 1926, und ein linkischer, junger Mann steigt in New York von Bord eines Überseedampfers. Er trägt einen abgewetzten Koffer mit sich, ansonsten nur ein scheues Lächeln und einen blau-gelben ...

Wir schreiben das Jahr 1926, und ein linkischer, junger Mann steigt in New York von Bord eines Überseedampfers. Er trägt einen abgewetzten Koffer mit sich, ansonsten nur ein scheues Lächeln und einen blau-gelben Schal, den Kenner sofort als hufflepuffisch identifizieren. Solche Kenner gibt es unter den No-Maj vom Zoll nicht, deshalb darf er problemlos die Stadt betreten. Doch so problemlos geht es dann nicht weiter. Aus dem Koffer des Mannes namens Newt Scamander entkommen magische Tiere - und ausgerechnet Tina Goldstein vom Macusa erwischt ihn dabei: Ein Verbrechen, denn das Einführen magischer Tiere ist in den USA verboten. Doch es gibt Schlimmeres als Newts entkommene Tierwesen, und die beiden müssen sich zusammenraufen, um einer drohenden Gefahr ähnlich Voldemorts zu begegnen.

Wo fange ich dieses Mal an? Vielleicht mit einem ungewöhnlichen Tipp: Es ist bestimmt besser, wenn man ausnahmsweise zuerst den Film gesehen hat. Bei mir war das der Fall, deshalb hatte ich großes Kopfkino beim Lesen. Ob das für Nichtkenner des Films zutrifft, kann ich echt nicht beurteilen. Gerade bei den genialen Tierwesen, die sich J. K. ausgedacht hat, kann man sich noch einmal die Filmszenen vergegenwärtigen. Sonst würde ich sagen, muss man sich rein darauf konzentrieren, sich von der super Besetzung des Buches mitnehmen zu lassen. Fast noch mehr als bei den Harry-Potter-Büchern, vielleicht, weil es doch schon sehr erwachsen ist, gibt es hier tolle Protagonisten, die einfach nur in seine "Sammlung der beliebtesten Protagonisten und wo sie zu finden sind" aufnehmen möchte. Zwischen Newt, Jacob, Queenie und Tina besteht eine so krass gute Chemie, dass man sie nur ungern wieder ziehen lässt. Um ehrlich zu sein, hegte ich auch gewisse Sympathien für Grindelwald, weil ich seiner Meinung eigentlich zustimmen muss, mir gefällt nur einfach seine Art der Umsetzung nicht. Trotz all dieser tollen Features muss ich im Endeffekt einen Punkt abziehen - schon aus Prinzip. Warum muss man uns das Drehbuch vor die Nase halten und nicht ein richtig cooles echtes Buch, das man viel, viel lieber wieder- und wieder- und wiederlesen möchte?

Veröffentlicht am 19.07.2017

Die Diebin und der Pinkerton

Frost & Payne - Die mechanischen Kinder 1: Die Jagd beginnt
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Lydia Frost hat fast ihr gesamtes Leben in der Organisation der Madame Yueh verbracht, doch jetzt ist sie selbständig und hat eine Detektei eröffnet. Dummerweise ist es ausgerechnet Madame Yueh, die ihr ...

Lydia Frost hat fast ihr gesamtes Leben in der Organisation der Madame Yueh verbracht, doch jetzt ist sie selbständig und hat eine Detektei eröffnet. Dummerweise ist es ausgerechnet Madame Yueh, die ihr einen ersten lukrativen Auftrag verschafft: das Wiederholen eines alten chinesischen Buches. Als wäre es damit nicht getan, soll sie sich auf die Suche nach einem verschollenem Mann namens Payne machen, der ausgerechnet Amerikaner und ein Ex-Pinkerton ist. Dazu kommen Auftragsmörder, ermordete Kinder mit mechanischen Gliedmaßen, Bombenleger, Scharfschützen, und jede Menge Verwicklungen.

Das ist der erste Sammelband von Frost & Payne, in welchem die ersten drei Episoden zusammengefasst wurden. Mir gefällt die erschaffene viktorianische Vision, auch wenn ich finde, dass ein bisschen mehr Steampunk hätte vorkommen können. Ein paar Luftschiffe und mechanische Gliedmaßen sind dann doch ein bisschen schmalbrünstig für Steampunk. Trotzdem wissen die einzelnen Episoden zu fesseln, denn die Ideen und der Schreibstil der Autorin sind sehr gut, auch wurden die meisten Personen recht interessant beschrieben; hier hat jeder sein Päckchen zu tragen und irgendwann wird die Vergangenheit sowohl Payne als auch Frost in die Nase beißen. Was meiner Meinung nach hätte besser gemacht werden können: Die einzelnen Episoden hätten in sich abgeschlossen sein müssen, die Rahmenhandlung hätte als Anreiz auch so funktioniert, weiterlesen zu wollen. Nichts gegen Cliffhanger, aber so was stört mich ein wenig. Alles in allem war es ein guter Einstieg in die Frost-and-Payne-Story, die Lust auf Weiterlesen macht.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Sturm und Drang und Crime

Durch Nacht und Wind (Goethe und Schiller ermitteln)
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Der Großherzog von N. residiert mit seiner Familie im Lustschloss Belvedere bei Weimar. Er ist furchtbar abergläubisch, und als er den Brief eines bekannten Professors erhält, der ihn vor einem Fluch warnt, ...

Der Großherzog von N. residiert mit seiner Familie im Lustschloss Belvedere bei Weimar. Er ist furchtbar abergläubisch, und als er den Brief eines bekannten Professors erhält, der ihn vor einem Fluch warnt, welcher auf einem Ring in seinem Besitz liegen soll, ist er zutiefst beunruhigt. Goethe und Schiller werden zu ihm gesandt, um ihn in dieser Hinsicht diskret zu beruhigen, doch nur eine Nacht später stirbt der Großherzog unter mysteriösen Umständen. Um einen Skandal zu vermeiden müssen sich wiederum Goethe und Schiller um die Aufklärung seines Todes kümmern, und dabei werden ihre aufklärerischen Vorstellungen auf eine harte Probe gestellt und sie geraten mehrmals in Lebensgefahr.

Kalkofe hatte sichtlich Spaß beim Lesen des altertümlichen Deutsch', das so typisch ist für die Werke der beiden Hauptdarsteller. An dieser Stelle ziehe ich meinen Robin-Hood-Hut vor dem Autor, dem es sehr gut gelungen ist, sich darauf einzulassen, ohne dass es extrem übertrieben wirkte, eine richtig gute Leistung. Auch die meisten der Ideen und Wendungen der Geschichte fand ich super, obwohl ich zugeben muss, dass mir vieles schneller klar war als den beiden Hobbydetektiven. (Schön, ich habe wahrscheinlich auch mehr Krimis gelesen als Schiller und Goethe.) Auch war für mich die Dynamik zwischen beiden manchmal ein bisschen zu sehr auf Holmes und Watson projiziert, und dass sich Wat... Schiller nach kurzer Zeit als exzellenter Techniker herausstellt, dem es gelingt, einen Ballon zu fliegen und zu navigieren, war mir ein wenig zu viel des Guten. Aber trotzdem hat das Hören dieses Buches großen Spaß gemacht und einige Fahrten über Land kurzweiliger werden lassen.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Burke rocks

Spectrum
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August Burke ist anders als andere Menschen, denn er ist Asperger. Einerseits machen ihm Menschen Angst, andererseits ist er ein Genie, ein junges Genie, das Muster und Verbindungen erkennt wie kein anderer. ...

August Burke ist anders als andere Menschen, denn er ist Asperger. Einerseits machen ihm Menschen Angst, andererseits ist er ein Genie, ein junges Genie, das Muster und Verbindungen erkennt wie kein anderer. Das weiß auch Agent Carter, der ihn als Berater des FBI angeheuert hat. Eine gute Entscheidung, als in einer hochmodernen Firma für Safes und Tresore mehrere Geiseln genommen werden. Die Geiselnehmer gehen mit äußerster Brutalität vor und riskieren das Leben aller Geiseln. Am anderen Ende der Welt ist eine Frau auf einem Rachefeldzug, fest entschlossen, sich an einem der Geiselnehmern für den Tod ihres Adoptivsohnes zu rächen ... Burke muss bald aus seiner schützenden Umgebung heraus, wenn er Menschenleben retten will.

Nachdem ich von Cross' "Ich bin die Angst" weniger begeistert war, war ich ziemlich gespannt, wie er dieses interessante Thema mit einem Asperger im Dienst von Recht und Gesetz umsetzt - und da ich vorher "Lost in Fuseta" von Ribeiro gelesen hatte, lag die Messlatte natürlich hoch. Es ist natürlich nicht wirklich vergleichbar, aber auf jeden Fall hatte Cross mich schnell am Haken. Das liegt nicht nur an Burke und seiner etwas speziellen Art (zumal ich irgendwie auch nicht glaube, dass selbst ein genialer Asperger zu all diesen Sachen fähig wäre), sondern eher an den insgesamt auftretenden Personen. Die waren alle sehr speziell und es hat somit Spaß gemacht, von ihnen zu lesen. Jeder Einzelne hatte eine Vergangenheit, über die es sich auch zu berichten lohnte; meistens finde ich es ja überflüssig und langweilig, ausführlich auf die Vergangenheit von allen Tätern und Opfern einzugehen, aber so unglaubwürdig ich manches auch fand (Beispiel Nic, der SWAT-Teamleiter), so fesselnd war es auch. Auch der Schluss war natürlich ziemlich unglaubwürdig, aber eigentlich macht's mir ausnahmsweise nicht viel aus, denn ja, ich würde schon ganz gern weiter von der Spectrum-Truppe lesen. Also: Nachfolger her!

Veröffentlicht am 03.07.2017

Left For Dead

Wer schön sein will, muss sterben
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Da ist ein Foto: ein wunderschönes Mädchen, gebrochen und blutig inmitten eines Rosenbusches. Dieses Mädchen ist die 16jährige Jane, die gerade im Krankenhaus erwacht ist und sich nicht mehr erinnern ...

Da ist ein Foto: ein wunderschönes Mädchen, gebrochen und blutig inmitten eines Rosenbusches. Dieses Mädchen ist die 16jährige Jane, die gerade im Krankenhaus erwacht ist und sich nicht mehr erinnern kann, was passiert ist. Jane fotografiert in ihrer Freizeit leidenschaftlich, doch dieses Foto von ihr stammt von einem Polizeifotograf und ist nicht arrangiert. Jemand hat sie mit dem Auto angefahren, für tot gehalten und zurückgelassen. Als wäre das nicht schlimm genug, erhält sie Anrufe, in der ihr jemand droht, sie endgültig umzubringen, doch stimmt das wirklich? Ihr Psychiater und selbst ihre Freunde und Verwandten vermuten, sie hat Halluzinationen aufgrund der starken Drogen, die die Ärzte ihr verpasst haben. Jane muss sich erinnern, was nach der Party passiert ist, denn dann weiß sie, ob sie verrückt wird oder wirklich ein Mörder hinter ihr her ist.

Für einen Jugendthriller fand ich das Ganze schon spannend. Sicher, manche Gedankengänge konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen, zum Beispiel die Bereitschaft von Jane, sich für Beliebtheit total zu verbiegen und sich von ihrem Freund übelst manipulieren zu lassen. Auch kann ich aus eigener Erfahrung (ja, doch, ich war auch schon 16!) sagen, dass nicht alle Leute auf der Welt heiß, cool und reich sind - diesen Eindruck konnte man beim Lesen hier durchaus bekommen. Doch die psychischen Spielchen hier haben mich überzeugt und ich habe bis zum Schluss zwischen zwei Personen geschwankt, die dahinter stecken mochten, was bedeutet, dass es nicht mega auffällig inszeniert war, im Gegenteil. Zum Mitraten gab es genügend, da sich dem Leser ja wie Jane vieles erst so nach und nach mit ihren Erinnerungsfetzen erschloss. Als Gesamtpaket also ein spannender Jugendthriller mit einer nicht immer sympathischen, aber wahrscheinlich relativ authentischen Protagonistin.