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Veröffentlicht am 13.12.2019

Katzen und Mäuse

Der Hof der Wunder
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Vor vielen Jahren ist die Revolution in Frankreich gescheitert. Anstatt die Köpfe der Adligen auf der Guillotine rollen zu lassen, starben viele, viele Aufständische und deren Anführer. Seitdem wird Paris ...

Vor vielen Jahren ist die Revolution in Frankreich gescheitert. Anstatt die Köpfe der Adligen auf der Guillotine rollen zu lassen, starben viele, viele Aufständische und deren Anführer. Seitdem wird Paris von den in Saus und Braus lebenden Adligen auf der einen Seite und den Verbrechergilden auf der anderen Seite beherrscht. Nina Thenardier ist die Schwarze Katze, eine der besten Diebinnen der Stadt. Um ihre Ziehschwester Ettie vor dem Tiger, dem Anführer der Fleischgilde, zu schützen, ist sie bereit, alles zu tun - selbst wenn es bedeutet, eine Revolution anzustiften und sich selbst in Lebensgefahr zu begeben.

So hat man Les Miserablés noch nie gelesen. Nach kurzen, anfänglichen Einstiegsschwierigkeiten hatte ich begriffen, woher mir die Namen so bekannt vorkamen und je mehr sich diese Welt für mich erschloss, desto faszinierter wurde ich. Sie sind alle da: Gavroche, die Thenardiers, Javer, die aufrührerischen Studenten. Sie werden in eine komplexe Geschichte gepackt, die jedoch auch nicht ohne Wiedererkennungswert ist, dabei entsteht trotzdem eine völlig eigene Erzählung, die ich so noch nicht gelesen habe. Falls es überhaupt einen Kritikpunkt gibt, dann höchstens den, dass am Ende doch verdammt viele Männer um die Gunst von Nina buhlen, aber das ist so dermaßen dezent im Hintergrund, dass ich gut damit leben konnte. Ein Buch, das man vielleicht wirklich am meisten genießen kann, wenn man sowohl Hugos Die Elenden als auch Kiplings Dschungelbuch kennt, doch auch für diejenigen, auf die das nicht zutrifft, dürfte es interessant werden, wenn sie nach einer Lektüre abseits des Mainstreams suchen.

Veröffentlicht am 11.12.2019

Die noch auserwähltere Auserwählte

Cassardim 1: Jenseits der Goldenen Brücke
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Maia und ihre fünf Geschwister wissen, dass sie anders sind als andere. Das fängt schon mal damit an, dass sie alle uralt sind, aber trotzdem noch wie Kinder oder Jugendliche aussehen und auch deren Benehmen ...

Maia und ihre fünf Geschwister wissen, dass sie anders sind als andere. Das fängt schon mal damit an, dass sie alle uralt sind, aber trotzdem noch wie Kinder oder Jugendliche aussehen und auch deren Benehmen haben. Ihre Eltern versuchen unter allen Umständen, ihre Geheimnisse zu wahren und ziehen ständig um, außerdem sind sie in der Lage, mit Gedankenkontrolle die Kinder zu allem zu bringen, was sie wollen, einschließlich Vergessen, was sie gesehen haben. Nur Maia ist in der Lage, dieser Gedankenkontrolle zu widerstehen. Eines Tages bringen sie einen Gefangenen nach Hause und ab da ändert sich Maias Leben radikal. Sie gelangt in eine andere Welt, ihre eigentliche Heimat, und von jetzt an wird es richtig gefährlich.

Ich werde es nie verstehen, warum sich begeisterte Stimmen von Bloggern und Rezensenten überschlagen, wenn jedes Klischee aufgefahren wird, das irgendwo existiert. Mega gutaussehender Held, der kämpfen kann wie hundert andere, arrogant ist und Heldin wie Dreck behandelt? Kriegt ihr, hier, nehmt! Heldin, die noch auserwählter als auserwählt ist, noch königlicher als königlich? Hier, nehmt! Selbstverständlich verliert die Heldin beim Anblick der Heldenbrust des Helden sofort alle ihre Gehirnzellen und wird zu einem Pudding aus Begehren, sobald er ihr einen Blick aus seinen Sternenaugen zuwirft. (Keine Ahnung, was das bedeutet, vielleicht hat er eine Flutlichtanlage dahinter eingebaut?) Der Held findet es übrigens sehr cool, die Heldin in jeder erdenklichen Form öffentlich zu demütigen. Ein paar Sachen könnte man noch den Umständen zuschreiben, was aber gar nicht geht, ist Willenskontrolle und sexuelle Nötigung. Öffentliche sexuelle Nötigung in dem Wissen, dass er das darf, weil es die Gesetze so zulassen. Das ist aber in Ordnung, weil er so gutaussehend und heiß ist.

An dieser Stelle frage ich mich immer wieder, ob ein buckliger, pickliger Typ mit Schmerbauch dasselbe Entzücken bei Heldin und Leserschaft auslösen würde. Nein? Warum denn nicht? An einer Stelle bringt der Held drei Unschuldige um, weil sie ihn erkannt haben. Wohlgemerkt derselbe Held, der ihnen einfach hätte befehlen können, ihn zu vergessen, weil er nicht nur so gutaussehend und heiß ist, sondern auch den stärksten Willen von allen hat. Na, macht ja nichts. Hauptsache, Maia schmilzt bei seinem Anblick dahin. So ein paar Morde kommen schließlich in den besten Familien vor. Übrigens bedroht der beste Freund des Helden die Heldin ebenfalls mit Mord. Reiner Freundschaftsdienst, weil er so ein guter Freund ist. Soll zeigen, wie loyal und treu er ist, und wie sehr den Helden alle mögen, die ihn wirklich kennen. Was bleibt? Die Frage, welchen Sinn es hat, dass die alle so uralt sind. Maia ist über 100, benimmt sich aber wie eine 16jährige. Es ist nicht so, als hätte irgendeiner dieser uralten Leute irgendeine Art von Lebenserfahrung aufzuweisen. Muss ich noch erwähnen, dass der Antagonist böse um des Böse-sein-Willens ist? Am Ende bleibt nur die Enttäuschung, dass jemand, der eigentlich gut und flüssig schreiben könnte, sich und sein Können für so was verschwendet.

Veröffentlicht am 07.12.2019

Mammontanz

Knochendiebin (Die zwölf Kasten von Sabor 1)
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In Sabor gibt es zwölf Kasten, von denen elf eine Art magisches Geburtsrecht besitzen. Nur die zwölfte, die der Krähen, hat nichts. Sie sind die Ausgestoßenen der Gesellschaft, aber auch die Einzigen, ...

In Sabor gibt es zwölf Kasten, von denen elf eine Art magisches Geburtsrecht besitzen. Nur die zwölfte, die der Krähen, hat nichts. Sie sind die Ausgestoßenen der Gesellschaft, aber auch die Einzigen, die immun gegen die Sündenseuche, eine tödliche Krankheit, sind. Dazu kommt, dass sie regelmäßig gejagt und sogar abgeschlachtet werden, ohne dass irgendwer etwas dagegen unternimmt. Als der Flügelherr von Stur den künftigen König und dessen Leibwächter rettet, gerät sie in eine unhaltbare Situation: Sie muss seinen Eid erfüllen und die beiden sicher zu ihren Verbündeten bringen; gleichzeitig werden jedoch ihre Gefährten als Geiseln genommen und das oberste Gebot der Krähen lautet: Schütze die Deinen.

Vorneweg: Die Idee ist echt cool. Die Autorin entwirft hier eine originelle Welt mit seltsamen Sitten und Gebräuchen. Allerdings ist das Ganze nicht wirklich zu Ende gedacht worden nach meinem Empfinden. Wenn jeder weiß, dass er ohne die Krähen und ihren Job schneller stirbt, als er Sünde sagen kann, ergibt es keinen Sinn, dass sie sogar von den Dorfbewohnern nur mit Hass und Abscheu empfangen werden. Und dass gar Ritter auf sie Jagd machen und sie töten dürfen, noch viel weniger. Auch die Geiselnahme der Krähen ist völlig sinnlos: Warum so viele Leute mit sich schleppen, wenn man auf der Jagd ist? Zumal man sonst rechts und links nur Leichen hinterlässt. Und dann die obligatorische Lovestory. Anfangs ist Stur sehr taff und behauptet sich gegenüber ihrem Loveinterest, später ist sie ohne ihn geradezu verloren. Muss das sein? Hier passen einige Sachen nicht, ansonsten hätte aus diesem Buch ein ganz großer Wurf werden können. So bleibt eine originelle Idee, die sich in ewigen Wiederholungen, einer Art Fantasyroadmovie und der vorhersehbaren Liebesgeschichte verliert.

Veröffentlicht am 05.12.2019

Ohne uns

Die Welt ohne uns
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Was wäre, wenn die Menschen von der Erde plötzlich verschwinden? Nicht durch einen Atomkrieg, sondern irgendetwas, das nur die Menschheit ausrottet, alles andere aber unberührt lässt. Der Journalist Alan ...

Was wäre, wenn die Menschen von der Erde plötzlich verschwinden? Nicht durch einen Atomkrieg, sondern irgendetwas, das nur die Menschheit ausrottet, alles andere aber unberührt lässt. Der Journalist Alan Weisman nimmt uns mit zu einem Gedankenexperiment, das weniger aufzeigt, wie sich die Natur wieder erholt, sondern eher, was die Menschen allein in den letzten hundert Jahren kaputtgemacht haben. Und dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass er dieses Buch schon vor zwölf Jahren schrieb, 2007. Wir können also davon ausgehen, dass die Situation, gerade, was die Klimapolitik oder besser Klimakrise angeht, um einiges schlimmer geworden ist.

Weisman beleuchtet bei seinem Gedankenexperiment verschiedene Szenarien und Situationen. Die logischen kann sich jeder selbst denken: Der Strom fällt aus, sobald die Notstromaggregate erschöpft sind. Aber was alles an Strom hängt, ist schon fast unvorstellbar - Weisman zeigt ein erschreckendes Bild (könnte uns dann natürlich egal sein, wir sind ja nicht mehr da). Was passiert mit den über 400 Atommeilern auf der Welt? Den großen Schleusen und Kanälen? Den Brücken? Häuser werden einstürzen, klar, aber wird sich die Natur wirklich alles zurückholen? Kann sie das überhaupt? Wir haben mittlerweile so viele Giftstoffe in Boden, Meer und sogar Atmosphäre gepumpt, dass sich diese Frage wirklich stellt. Und das ist auch die große Stärke des Buches: Weniger aufzuzeigen, wie lange, falls überhaupt möglich, die Natur brauchen wird, um sich alles zurückzuholen, sondern eher, was wir schon alles teilweise unwiederbringlich zerstört haben. Erschreckend, aufwühlend, aufrüttelnd.

Veröffentlicht am 01.12.2019

Weil es so Tradition ist

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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Etwas über 2,5 Jahre sind die Ereignisse auf Pol her und Ophelia musste auf ihre eigene Arche Anima zurückkehren. Sie versinkt in Trübsinn und tut wenig außer zu Hause bleiben und Thorn vermissen. Wenn ...

Etwas über 2,5 Jahre sind die Ereignisse auf Pol her und Ophelia musste auf ihre eigene Arche Anima zurückkehren. Sie versinkt in Trübsinn und tut wenig außer zu Hause bleiben und Thorn vermissen. Wenn sie wirklich mal draußen ist, wird sie gnadenlos von der Kundschafterin der Doyennen bespitzelt. Doch endlich wendet sich das Blatt, denn zuerst bekommt sie von ihrem Großonkel einen Hinweis, wo sie ihre Suche nach Gott (und damit quasi nach Thorn) fortsetzen kann und dann taucht überraschend Archibald auf, der ihr die Flucht von ihrer Arche ermöglicht. Sie begibt sich daraufhin nach Babel, der Arche mit dem Archiv. Doch das ist nicht das Einzige, was Babel ausmacht: Konformität und Disziplin werden großgeschrieben, und wenn sie ihr Ziel erreichen will, muss sie eine Ausbildung zur Informationssammlerin antreten und sich wieder einmal Gefahren stellen.

Ich bin hin- und hergerissen. Nachdem mich Band 1 mit einem angenehmen Schreibstil, aber einer etwas schwer in die Gänge kommenden Story und Logiklöchern neugierig machte, konnte mich Teil 2 schon mehr abholen und ich erwartete mit Spannung diesen Band. Doch hier zieht sich das erste Drittel schon mal ganz schön hin und einige Sachen passieren zu leicht und zu zufällig. Dann packt die Story wieder und nimmt schön bis zum Ende mit, nur um mit Lösungen aufzuwarten, die man im Allgemeinen als Isso bezeichnen könnte. Wenig Logik, friss oder stirb, ach frag nicht, so ist es halt. So was stört mich, das geht mir dann immer wieder im Kopf rum und macht mich irre. Von daher gibt's dieses Mal "nur" 3,5/5 Punkten und die Hoffnung, dass der Finalband mit besseren Lösungen und komplexeren Zusammenhängen nochmal alles erklären und überzeugen kann.